5. September 2017
von Prof. Dr. Monika Roth, Dozentin und Studienleiterin im Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ
Zu den Sozialfiguren der Gegenwart gehört der flexible Mensch. Der Duden beschreibt Flexibilität als Biegsamkeit oder Fähigkeit des Menschen, sich im Verhalten und Erleben wechselnden Situationen rasch anzupassen. Damit aber sind nicht gemeint Opportunismus und «Wendehalsqualitäten». Vielmehr ist die ursprünglich vom US-Soziologen Richard Sennet gewählte Abbildung der Flexibilität in Form und im Wesen eines Baumes zugrunde gelegt worden: der Baum, der sich zwar im Wind biegen kann, danach zu seiner ursprünglichen Gestalt zurückkehrt. Diese Dehnfestigkeit soll es ermöglichen, sich wechselnden Umständen und besseren Einsichten anzupassen, ohne aber von ihnen gebrochen zu werden. Das heisst auch, dass die Treue zu sich selbst und den eigenen Werten immer wieder gesucht werden muss.
Bei der Schweiz und ihrem Finanzplatz ist diese Treue irgendwo an einer Garderobe abgegeben und dann vergessen worden. Das zeigt sich nicht nur am Faktum, wie Schweizer Banken mit Datenlieferungen an die USA umgegangen sind. Sie haben auch Mitarbeitende ausgeliefert und müssen sich nun vom Bundesgericht sagen lassen, wie es mit dem Datenschutz in den USA aussieht: Er ist ungenügend. Aktuell geht es um Kundeninformationen und den automatischen Informationsaustausch. Dieser soll auch mit Russland gepflegt werden. Herr Putin erhält als Staatspräsident ein Jahresgehalt von rund 127 000 Euro. Kenner schätzen sein Vermögen auf rund 200 Milliarden US-Dollar. Ein Kommentar zu den möglichen Quellen seines Reichtums erübrigt sich angesichts der vielen Berichte, die dazu bereits publiziert wurden. Der repressive Umgang mit der Opposition, die endemische Korruption und die erbärmliche Rechtsunsicherheit sollten der Schweiz eigentlich sagen, was zu unterlassen ist. Die SVP nimmt dies – nicht nur für Russland – auf, was wichtig ist. Sie wehrt sich gegen die Lieferung von Bankdaten an korrupte und autoritäre Staaten. Entgegnet wird diesem Widerstand mit Argumenten wie «Internationale Zusammenarbeit zahlt sich aus». Das ist – mit Verlaub – opportunistisch und dumm. Und wenig begeisternd ist, dass die NZZ diesbezüglich von «mutmasslichen Unrechtsstaaten» schreibt – wie wenn sie es nicht besser wüsste.
Und die Schweiz: Warum schaut man nicht konsequent genauer hin? Korruptionsbekämpfung muss ganzheitlich erfolgen. Wenn Geld stinkt, tut es das nicht selektiv.
Die ausführliche Kolumne von Prof. Dr. Monika Roth in der Luzerner Zeitung finden Sie hier.
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