20. Januar 2020

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Vielfältige Herausforderungen für das Corporate Treasury – wie sich die SIX für die Zukunft wappnet

Vielfältige Herausforderungen für das Corporate Treasury – wie sich die SIX für die Zukunft wappnet

von Prof. Dr. Thomas Kurt Birrer, Dozent und Projektleiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ und Stefan Grob

Heutige Treasury Abteilungen sehen sich mit diversen Herausforderungen konfrontiert. Die SIX ist keine Ausnahme. Die SIX Gruppe deckt als Finanzdienstleisterin vom Listing über das Clearing, Settlement und Custody bis hin zum Payments-Bereich eine breite Palette an Dienstleistungen ab und stellt damit einen funktionierenden Finanzplatz sicher. Am Swiss Treasury Summit in Rotkreuz zeigte Caroline Dehm, Group Treasurer der SIX, welche Projekte die SIX zur Weiterentwicklung des Group Treasurys verfolgt und mit welchen Lösungen die SIX den neuen Herausforderungen entgegnet. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Punkte vorgestellt.

Unvergessen sind die Bilder des Schweizer Ringhandels, welcher im Zeitraum zwischen den 30er bis hin in die 90er Jahren praktiziert wurde. Lärmende Händler im Ring, die lauthals und wild gestikulierend Transaktionen «manuell» abschlossen, gehören der Vergangenheit an. Das heutige seit 1996 elektronische Orderbuch kommt da wesentlich unspektakulärer daher und Algorithmen steuern das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage.

Doch die SIX ist mehr als lediglich die Schweizer Börse. Heute beschäftigt die SIX rund 2’500 Mitarbeitende an 27 Standorten. Die SIX gehört 125 Aktionären, wobei die Eigentümer allesamt Banken sind, welche die Dienstleistungen der SIX in Anspruch nehmen. Die SIX entwickelt und betreibt eine vielseitige Infrastruktur für den Schweizer Finanzplatz und ist in vier Geschäftsbereiche (Securities & Exchanges, Financial Information, Banking Services und Innovation & Digital) gegliedert. So berechnet die SIX beispielsweise den SMI, wickelt IPO’s ab, betreibt unter Aufsicht der SNB das Interbanken Clearing System (SIC), liefert Marktinformationen und stellt die Infrastruktur für den Zahlungsverkehr mit innovativen Lösungen wie TWINT oder eBill sicher.

Facts and Figures

Was von aussen wahrgenommen werden kann, stellt jedoch lediglich die Spitze des Eisberges dar. Folgende Zahlen und Fakten illustrieren was es braucht, um das Funktionieren des Finanzplatzes sicherzustellen:

  • 30’000 sogenannte Security attempts (Hack-Angriffe) werden pro Sekunde beobachtet
  • 135’000 Preisaktualisierungen werden pro Sekunde in alle Welt versandt
  • 3’315’000’000 Franken werden an Wertschriften durch die SIX verwaltet
  • 5’500’000’000 Franken beträgt das tägliche Handelsvolumen an der Schweizer Börse im Schnitt
  • 184’000’000’000 Franken an Interbank-Zahlungen werden täglich durch SIX Interbanken Clearing (SIC) abgewickelt

Diese eindrücklichen Zahlen verdeutlichen, dass es bei Einschränkungen in der Funktionalität der Dienste der SIX zu gravierenden Problemen für die Marktteilnehmenden kommen würde.

Umfeld im Bereich Treasury bei der SIX

Zurzeit wirken diverse externe Entwicklungen auf das Corporate Treasury der SIX ein. So ist auch die Herausforderung ausgehend von Cybercrime ein ständiger Weggefährte von Verantwortlichen in Corporate Treasurys. Das momentane Umfeld im Zeitalter ultraniedriger respektive negativer Zinsen, die anhaltende Schuldenkrise in Europa, Handelskriege und die Brexit Diskussionen halten Treasurer stets auf Trab. Das Negativzinsumfeld ist für die SIX ebenfalls als «ungemütlich» zu bezeichnen, zumal die SIX schuldenfrei ist und sie mit ihrer Liquidität zwangsläufig aufgrund der Marktgegebenheiten Verluste realisiert.

Die SIX agiert mit zwei Treasury-Einheiten. Einerseits mit einem eigentlichen Group Treasury, welches sich um die klassischen Corporate Treasury Aufgaben (Cash Management, Risk Management, Reporting, External Rating etc.) kümmert. Dies mit dem Ziel, die Zahlungsfähigkeit der 50 Konzerngesellschaften sicherzustellen. Andererseits verfügt die SIX über ein «Securities & Exchanges Treasury», welches eher als Bank Treasury funktioniert. Diese Einheit ist unter anderem für das Liquiditäts- und Collateral Management für das Clearing und Verwahrgeschäft zuständig.

Einblick in ausgewählte Projekte

In jüngster Vergangenheit hat sich das Group Treasury von der SIX stark weiterentwickelt und ist nach wie vor in zahlreiche Projekte involviert. So verkaufte die SIX im Jahr 2018 beispielsweise das Kartengeschäft, womit das Treasury mit der Verwaltung des Cash-Bestandes bei ihren Banken an Grenzen stiess. So durfte die SIX kurzfristig und zwischenzeitlich Kapital direkt bei der SNB deponieren. Durch den Verkauf wurden jedoch Ressourcen frei, was dem Treasury im Bereich des Cash Managements zu einer besseren Planbarkeit verhalf. Weiter wurde beispielsweise ein Upgrade des Treasury Management Systems durchgeführt. Das vorher stationäre System läuft nun über ein webbasiertes System. Nichtsdestotrotz existiert zurzeit noch kein Treasury System, welches die gesamte Gruppe abdeckt. Dies bedeutet, dass die SIX zurzeit noch an der Lösung dieser Herausforderung arbeitet.

Im Bereich der Liquiditätsplanung ist ausserdem für das kommende Jahr ein neues Treasury Reporting geplant. Weiter sollen mit weiteren organisatorischen Veränderungen und Prozessoptimierungen im Zahlungsverkehr Kapazitäten geschaffen werden, sodass das Treasury sich mehr in Richtung Business Partner entwickelt und damit weg von einem Service Provider bewegt. So wird das Treasury verstärkt Mehrwert generieren können.

Das Group Treasury der SIX verwaltet zudem das strategische Investment Portfolio, wobei Kapital im Rahmen einer «Kriegskasse» für strategische Investitionen bereitgehalten wird. Zurzeit arbeitet die SIX in diesem Bereich an einer neuen Anlagestrategie, in welcher weitere Anlageklassen sowie Anlagekriterien geprüft werden, die beispielsweise ESG-Kriterien erfüllen.

Neue Herausforderungen

Die Finanzinstitute sehen sich mit neuen Trends und Herausforderungen konfrontiert, wobei die SIX sich hier mit diversen Hilfestellungen positionieren will. Die Herausforderungen sind nicht nur regulatorischer Art, denn auch Themen wie die Digitalisierung, Cyber-Risk oder neue Marktteilnehmer beschäftigt die Finanzindustrie. Das Treasury ist stets auch bei technischen Neuerungen in der Infrastruktur involviert, da die Änderungen letztliche Geld bringen oder Geld kosten.

Abbildung 1: Lösungen der SIX für Herausforderungen auf dem Finanzplatz

Abbildung 1 zeigt die Lösungen der SIX für die aufkommenden Trends und Herausforderungen auf dem Schweizer Finanzplatz. Die SIX entwickelte im sog. Regulatory Hub ein Tool, bei welchem regulatorische Daten leicht ausgetauscht werden können um z.B. den Anlegerschutz zu gewährleisten. Weiter wurde mit der «Compliance Utility» eine Plattform geschaffen, welche einen neuen Compliance-Standard in der Schweiz setzen soll, indem sie den Know Your Customer-Prozess (KYC) mittels eines semiautomatisierten Tools optimiert. Somit bietet sich für Banken die Möglichkeit, Teilprozesse auszulagern.

Weiter arbeitet die SIX an einer API-Schnittstelle, mit dem Ziel, die Banken und Drittanbieter näher zusammenzubringen. Damit soll ein regulierter, gesicherter und nationaler Standard geschaffen werden, so dass Drittanbieter künftig mit den Kundendaten der Banken arbeiten können. Daneben wurde mit einem neu geschaffenen «SIX Deal Pool» ein zentrales Support-Tool im Schweizer Primärmarkt für CHF-denominierte Anleihen eingeführt, in welchem Informationen auf dem Primärmarkt bei Neuemissionen besser ausgetauscht werden können.

Das Competence Center Robotics wurde geschaffen, um für die digitalisierte Zukunft sowie die zunehmenden Cyber-Risiken gewappnet zu sein. Ziele in diesem Bereich sind unter anderem die Evaluation automatisierbarer Prozesse und darauf basierend die effektive Prozessautomatisierung voranzutreiben. Im Bereich Cybercrime ging im vergangenen November FinSOC live. FinSOC ist eine hochentwickelte und hochgesicherte Serverinfrastruktur, welches insbesondere für kleinere Institute, für welche das Betreiben einer eigenen Infrastruktur zu kostspielig ist, Security Events erfasst und behandelt.

Darüber hinaus arbeitet die SIX mit Hochdruck an einer Börse für digitale Assets. Die SDX – die Swiss Digital Exchange – soll sich letztlich zwischen den traditionellen Börsen und den nicht regulierten Börsen bewegen. Die SIX-Lösung soll den Marktteilnehmern eine Sicherheit im Handel mit Kryptowährungen geben, welche beiden derzeitigen Crypto Exchanges fehlt. Für das Group Treasury bedeutet SDX viel Arbeit. Es befasst sich schwergewichtig mit der Eigenkapitalausstattung bei der Firmengründung und weiteren Fragen wie dem Ablauf von Initial Token Offerings im Umfeld von Negativzinsen.

Die SIX antwortet mit den vorangehend vorgestellten Initiativen auf die Herausforderungen und man darf gespannt sein auf die neuen Möglichkeiten und Lösungen. Caroline Dehm und dem gesamten Treasury Team der SIX steht demnach eine spannende Zeit bevor.

Weitere Informationen und Insights zur Modernisierung des Corporate Treasury erhalten Sie im Lehrgang zum Swiss Certified Treasurer (SCT®) sowie im Lehrgang MAS Corporate Finance .

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