Täglich werden wir von einer Flut an Text überrollt. Unser Hirn entscheidet innert kürzester Zeit, was wir lesen und was uns nicht interessiert. Maximilian Benz, Oberassistent des deutschen Seminars der Universität Zürich sagt dazu: «Wir lesen heute selektiver, vielleicht auch oberflächlicher, aber das ist kein Verlust.» Denn – wer hätte es gedacht: Trotz Digitalisierung, lesen wir Schweizer so viel wie noch nie!
Wenn wir also schreiben, müssen wir dies so tun, dass wir a) überhaupt gefunden werden b) den ersten Selektions-Durchlauf überstehen und c) das Hirn des Lesers sich für uns entscheidet. Ansonsten werden wir weggescrollt oder weggeklickt.
Bevor ich jedoch in die Tiefe gehe, hier noch ein Einstimmungs-Video welches zeigt, was richtig gewählte Worte bewirken können.
Miriam Löffler widmet in ihrem Buch «Think Content!» 153 Seiten dem Webtexten. Dabei behandelt sie in 11 Kapiteln die wichtigsten Punkte, die es zu beachten gibt. Als Einführung ins Webtexten habe ich hier die wichtiges Punkte im ABC zusammengefasst:
Anfang:
Bevor auch nur ein einziger Buchstage geschrieben wird, benötigt es zu erst eine Auseinandersetzung mit der Zielgruppe und dem Ziel. Was wird vom Text erwartet? Was soll er liefern? Muss ich sachlich oder persönlich schreiben? Und finden sich im sofort sichtbaren Text (insbesondere in der Headline) die Keywords, wonach der Leser vermutlich gesucht hat? (S. 443-445)
Black Book of Words:
Viele Journalisten, Webtexter und Blogger haben es; das kleine schwarze Buch. Darin werden aber nicht etwa Nummern von verflossenen Liebschaften notiert, sondern Wörter die ihnen selber beim Lesen ins Auge stechen, Ausdrücke die selten genutzt werden und deshalb den Leser anziehen… Dieses Buch hilft gerade bei Schreibblockaden und um lebendige Texte zu formulieren. (S. 592)
Content-Aufbau:
Die umgekehrte Text-Pyramide von Miriam Löffler aus ihrem Buch «Think Content» bringt es auf den Punkt: Das wichtigste zuerst! (S. 473)
Die umgekehrte Text Pyramide von Miriam Löffler «Think Content».
Design:
Nicht nur auf den Inhalt kommt es an, denn «Dicht gedränkte Textblöcke sind ein Hauptgrund für das Verlassen einer Website.» von Jakob Nielsen/Hoa Laoranger, Web Usability. München: Addison-Wesley 2006, Seite 79. (S. 474)
Empathie:
Ich mag den Satz von Miriam Löffler aus «Think Content» auf Seite 456:
«So hart das klingen mag: Die unwichtigste Person beim Texten sind Sie!» Wir erinnern uns also – der Köder sollte dem Fisch schmecken und nicht dem Fischer. Tipp: Bilder von der Zielgruppe an die Wand pinnen und so immer wieder die Zielgruppe vor Augen haben beim Texten. (S. 456)
Freude am Texten:
Ein bisschen Spass muss sein – auch beim Texten. Denn Texter sind Verkäufter in der Online-Welt: Und wer will schon etwas von einem grimmigen Verkäufer kaufen? Der Leser merkt auch ohne Gesicht hinter dem Text, wenn dieser eigentlich gar keine Lust hatte, den Artikel zu schreiben und springt ab. (S. 454 + 541)
Gliederung:
Wer nach einer Checkliste sucht, erwartet eine gut strukturierte Liste. Wer emotionale Inhalte lesen will, verträgt sicherlich auch ein passendes Stimmungsbild. Wer hingegen ausführliche Berichte lesen will, den stören längere Absätze auch nicht. (S. 461)
Hypertexte:
Generell sollte man darauf achten, dass im Fliesstext nicht zu viele Links eingebaut werden. So springt der Leser immer wieder ab oder wird verwirrt. Hyperlinks jedoch geben dem Leser eine Orientierungshilfe. Grösste Fehler: «Hier donwloaden» oder «Jetzt bestellen». Mit solchen Hyperlinks kann Google nichts anfangen. Besser: E-Book bestellen. oder AHV-Checkliste downloaden. (S. 463)
Inhalt des Briefings:
Je genauer und deutlicher das Briefing an den Webtexter, desto zufriedenstellender ist das Ergebnis. Denn – wie soll denn der Texter wissen, was wir wollen und was den Leser interessiert? Recherche, Facts und eine persönliche Besprechung des Briefings ersparen viele Feedbackrunden. (S. 465-468)
Ja, ich will!-Fragen:
Klare Antworten, verlangen klare Fragen. Der Leser muss klare Nutzen aus dem Text erkennen. Beispiel: So sichern Sie sich…, Das hilft Ihnen bei…, So sparen Sie…. . (S.486 + 494)
Kreativität:
Ein gutes Beispiel für kreativität im Texten bietet uns Miriam Löffler, in ihrem Buch «Think Content» zum Beispiel von LAAX Tourismus. (S. 447 – 448)
Beispiel «Laax» von Miriam Löffler aus dem Buch «Think Content», Kapitel 23.2. «Wenn die richtigen Worte fehlen»» width=»702″ height=»496″> Beispiel «Laax» von Miriam Löffler aus dem Buch «Think Content», Kapitel 23.2. «Wenn die richtigen Worte fehlen».
Leseverhalten:
Online-Texte werden nicht wie im Buch von links nach rechts gelesen. Online-Texte werden von oben nach unten gescannt. Deshalb muss der Leser gleich mehrmals beim Scannen «gefangen» werden. Hilfen dabei sind Headlines, Intros und Absätze. (S. 470-473)
Mitbewerber:
Nicht kopieren, sondern inspirieren. Die Texte von Mitbewerbern können bei Schreibblockaden helfen und dienen als gute Inspirationsquelle. Tipp; Nicht nur Schweizer-Mitbewerber beobachten! (Nicht aus dem Buch, eigene Anwendung)
Newsletter Betreff:
Eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt: In einem Betreff zu erzählen, worum es geht, sich dabei kurz halten und dann noch darauf achten, nicht in den Spam Ordner zu landen. Tipp hierzu: Nicht länger als 50 Zeichen, was verpasst der User wenn er die Mail nicht öffnet, sollte hervorstechen und die wichtigsten Keywörter sollten möglichst am Anfang platziert werden. (S. 502)
Ortographie:
Ortographie, eigene Darstellung, Quelle unbekannt.
Passive Sätze:
Was wir in der Schule gelernt haben, vergessen wir oftmals. Eine gute Übung bietet dieses E-Learning. Einfach mal ausprobieren und sehen, wie angenehmer sich die Sätze lesen. (S.485)
Quelle:
Bei Textbausteinen, Bildern, Zitaten und allem fremden Content, welcher im eigenen Webtext verwendet wird; Immer die Quellen angeben! (Aus dem Unterricht des CASOMM)
Relevanz der Textelemente:
Was liest Google von unserer Seite? Dies können wir mit einem einfachen Trick sehen: In der Browser-Einstellung die Anzeige von Grafiken und Java Script deaktivieren. Beim erneuten Laden der Seite ist das ersichtlich, was Google sieht. Ein guter Test, wenn man eine Seite neu Texten will. (S. 523)
SEO:
Gerade Webtexter (im Vergleich zu Print-Texter) sollten beim verfassen von Texten immer SEO Keywoards im Hinterkopf behalten. Die grösste Relevanz von SEO Keywords hat der Titel und sollte daher nicht mehr als 60 Zeichen beinhalten (inkl. Leerzeichen). (S. 509-539)
Titelwahl:
Anstatt: «Welchen Titel wähle ich für meinen Text», sollte die Frage lauten «Wonach sucht der User auf Google?». Dazu sollte der Titel verdeutlichen, was von diesem Text zu erwarten ist. Da Google davon ausgeht, dass die wichtigste Information am Anfang einer Seite steht, sollte das Haupt-Keyword des Titels also wenn immer möglich am Anfang stehen. (S. 494-498)
Ueberflüssigen Text löschen:
Wörter welche nichts aussagen und Texte künstlich verlängern gehören verbannt. Also, jeodoch, schon, recht etc. darf man beim Korrekturlesen grosszügig löschen. In diese Kategorie gehören auch zu viele Adjektive, Pleonasmen und Tautologien (weisser Schimmel). Gute Beispiele dafür kann man im tinkla E-Book nachlesen. (S.483)
Verboten:
Darf nie passieren: Den Call-to-Action weglassen! Denn wir wollen ja, dass der User auf unserer Seite etwas tut, kauft, klickt oder downloaded. (S.500)
Wording-Glossar:
Damit die Seite nicht einmal von Äpfeln, dann aber wieder von Birnen spricht, lohnt es sich, einen Glossar aufzusetzen. So ist man sicher, dass man kontinuierlich vom gleichen Produkt spricht und auch der Web-Designer selbständig kurze Text-Elemente einbauen kann, ohne immer eine Absegnung haben zu müssen. (S.466)
X-Varianten:
Wenn 10 Personen zum gleichen Thema einen Text verfassen müssen, gefallen einem vielleicht 3 davon. Schluss und endlich kann man auch bei bester Vorbereitung nicht immer den Geschmack von jedem in der Zielgruppe treffen. Auch das darf sein. (Nicht aus dem Buch, eigene Anwendung)
Yes I can!-Tipp:
Ich kann das nicht, geht nicht beim Texten. Wer also nicht sicher ist, was gut tönt, was nicht, was funktionieren könnte oder nicht: Einfach mal schreiben. Nicht DIE Headline gefunden? Dann einfach mal 10 Varianten aufschreiben und dann aus den besten Ideen etwas zusammenbauen. Schliesslich kommt der Hunger bekanntlich ja auch erst beim Essen. (Nicht aus dem Buch, eigene Anwendung)
Zitate:
Zitate können im Text als visuelle Stopper und als Auflockerung eingesetzt werden. Dabei aber achten, dass es wörtlich genau ist. Änderungen kann man mit eckigen Klammern einbauen […]. (tinkla E-Book)
Und was wäre also passender, als am Schluss des ABC’s noch ein passendes Zitat einzufügen:
Der Texter sollte sich quälen, nicht der Leser! (frei nach Wolf Schneider)
Es ist zwar eine Qual für den Schreiber, Texter oder wie man ihn auch nennen will, jedoch lohnt sich die Mühe. Denn was, wenn mein Text gar nicht gelesen wird? Dann war die Mühe sogar umsonst!
Ist dieses ABC fürs Webtexten hilfreich? Habt Ihr zusätzliche Inputs?
Ich freue mich über Kommentare und euere Tipps zu diesem Thema!
Quellen:
Miriam Löffler, «Think Content», Rheinwerk Verlag GmbH, 1. Auflage 2014, 4. korrigierter Nachdruck 2016, € 29.9., 627 Seiten, ISBN 978-3-8362-2006-4
Sabine Gysi und Jan Rothenberger, E-booklet «Zehn Faustregeln fürs leserfreundliche Schreiben»,Februar 2016,tinkla GmbH, tinkla E-Booklet downloaden
Kommentare
2 Kommentare
Mary
19. Oktober 2016
Herzlichen Dank für diesen tollen Artikel! Ein kleiner Fehler hat sich eingeschlichen: Es heißt DER Call-to-Action. ;-)
Antonia Steigerwald
19. Oktober 2016
Hallo Mary Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich glaube die Autorin wollte auf den Plural ansprechen. Habs jetzt mal korrigiert :-) Viele Grüsse Antonia
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.