Jan-Erik Baars teilt im Interview mit Sabine Haidan die Meinung, dass ein optimales Design Management die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen stärkt. Wir haben in Erfahrung gebracht, was das Wissen über Design Prozesse bringt und welche Erlebnisse für Kunden geschaffen werden können.
Jan-Erik: Unternehmen und Organisationen merken zusehends, dass es nicht mehr genügt nur das beste Angebot für Konsumenten zu entwickeln. Um in der digitalen Erlebniswirtschaft auf Dauer überleben zu können, kommt es darauf an, sich gegenüber den Mitbewerbern zu differenzieren und alle Massnahmen möglichst konsistent und kohärent zu gestalten. Unternehmen wie Apple und Patagonia zeigen wie das geht, obwohl sie unterschiedliche Motivation mitbringen. Beide Unternehmen identifizieren sich über das Design, über die Gestaltung der Unternehmensstrategie und deren entsprechenden konsequenten Umsetzung. Das hat zur Folge, dass das Design in den Verantwortungsbereich des Managements gehoben wird und dass Manager heute Design verstehen, planen und bereitstellen können müssen. Bei den Kenntnissen über Prozesse, Mittel und Strategien des Designs gibt es grossen Nachholbedarf. Diese entsprechenden Kenntnisse wollen wir mit dem CAS Design Management vermitteln.
Mehr erfahren: Was ist Design-Management?
Jan-Erik: Um die genannten Kenntnisse zu vermitteln, benötigt es Spezialisten und Spezialistinnen aus der Praxis, sowie aus der Theorie. Wir haben unter andrem Frans Joziasse aus den Niederlanden gewinnen können, der mit seiner Agentur namhafte Unternehmen in Sachen Designstrategie unterstützt hat. Ausserdem bringt der in der Schweiz agierende Andreas Erbe seine Expertise im Bereich Service Design ein. Des Weiteren freuen wir uns, dass wir mit Joachim Kobuss (Autor: Erfolgreich als Designer, Designleistungen bewerten und kalkulieren) und Sabine Junginger zwei führende Köpfe aus der Theorie gewinnen konnten, die auf die kommenden Trends hinweisen aber auch die Brücke zu den Einflussfaktoren aus Gesellschaft und Kultur schlagen können. Damit bringen wir einen Mix aus Dozierenden ein, die das Feld des Designs im Management gut umfassen und die jeweiligen Aspekte eindringlich vermitteln können. «Last but not least» zähle ich mich selbst auch dazu: Nach über 20 Jahren als Designmanager im «Bauch» von Grosskonzernen (Chief Design Officer bei Philips, Leiter Design Management bei der Deutschen Telekom) habe ich viel Know-how und Erfahrungen gesammelt. Diese teile ich unter anderem in den Kerninhalten des CAS Design Management und in meinem Buch «Leading Design».
Jan-Erik: Der CAS Design Management richtet sich an all jene, die in Organisationen und Unternehmen in Berührung mit Gestaltungsfragen kommen. Das sind nicht Wenige! Viele arbeiten in Schnittstellen zu Grafik und Design, einige im Innovationsmanagement, in der Entwicklung oder im Marketing. Der CAS spricht aber auch Designer selbst an. Sie wollen sicherstellen, dass ihre Arbeit sich nach den Zielsetzungen der Organisationen richtet oder dass die Rahmenbedingung für effektives Design überhaupt erst entstehen können.
Die Teilnehmenden erfahren, dass Design mehr ist als nur «etwas hübsch machen». Sie erfahren, dass Design eine strategisch relevante Massnahme ist, um ein Unternehmen effektiv für die Zukunft aufzustellen. Gutes Design ohne gutes Management ist wie «Perlen vor die Säue werfen»!
Jan-Erik: Unternehmen stehen zusehends in einem Identitätswettbewerb. Es gewinnt derjenige, der sich die Loyalität des Kunden sichert. Es kommt immer weniger darauf an, was man tut, sondern vor allem wie man es tut. Da Technologien bereits zusehends in den Hintergrund rücken und immer weniger den Unterschied machen, wird wiederum die Markenstrategie gefordert. Jedoch nicht nur als eine «Marketingmassnahme» um den Absender bekannt zu machen, sondern als eine Designstrategie, um die Angebotsentwicklung im Sinne der Markenstrategie zu lenken. So stehen «Wie» und «Was» immer im Einklang. Gelingt das, werden Kunden dies mit Motivation quittieren, sich loyal aufstellen und sogar zum «Fan» werden. Das stärkt letztendlich die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens langfristig!
Jan-Erik: Neben dem «Wie» und «Was» aus der Sicht des Kunden steht in einer Organisation vor allem das «Warum» im Zentrum. Dies wird oft auch als Sinnstiftung gesehen. Ohne einen klaren Sinn lassen sich keine Mitarbeitende motivieren, sich selbstbestimmt für ein Unternehmen einzusetzen. Die Frage nach dem Sinn stellen vor allem viele Mitarbeitende der Generationen X und Y. Wenn sie diesen nicht finden, kündigen sie. Genauso verhält es sich mit den Kunden, nur ist für sie der Sinn eher auf eine Zweckebene projiziert.
Sinn ist etwas, das man nicht in einer Exceltabelle erarbeiten kann, man muss es herleiten und ausgestallten. Mit der Qualität dieser Führungsarbeit, den Sinn zu gestalten und zu vermitteln, steht und fällt ein Unternehmen. Design ist dabei die genaue Bestimmung des Sinns einer Organisation. Ohne Design kann kein Unternehmen einen Sinn herleiten und vermitteln und somit ist Design auch eine Führungsaufgabe. Nur leider wissen viele Führungskräfte das nicht und glauben, mit einer Exceltabelle ginge es auch … weit gefehlt!
Mehr erfahren: Design als Führungsaufgabe
Jan-Erik: Gerade Marketer sind immer mehr in einer Zwickmühle: Sollen sie weiterhin den Absatz ankurbeln, indem sie ein Produkt oder eine Dienstleistung mit Werbemassnahmen «aufpimpen»? Oder sollen sie sich aktiv an der Entwicklung beteiligen, dem Kunden ein Gesamterlebnis zu offerieren? Hier sehe ich eine klare Rückbesinnung auf die Kernaufgabe des Marketers, der etwas in Vergessenheit geraten ist: Marketer sind in ihrer Rolle jene die den «fit», also die Passung von dem was ein Unternehmen entwickelt, mit dem Markt und den Kunden bestimmt und betreut. Der Prozess den sie nutzen um diese Passung herzustellen ist ein Designprozess. Eigentlich sind Marketer auch Designer, nur dass sie ihre Arbeit nicht «sichtbar» gestalten können.
Hinweis: Auch bei der Persona Erstellung kommt vermehrt der Design Prozess zur Anwendung. Zum Blogpost Design-Persona
Jan-Erik: Nein, müssen sie nicht. Sie werden Strategien, Prozesse und Abläufe gestalten. Dabei kommt es nicht auf die grafische Qualität an. Wobei grafisch ansprechende Strategien sicherlich ein Plus haben!
Jan-Erik: Wir waren sehr überrascht, dass so viele dieses neue Angebot angenommen haben, wofür wir den Pionieren sehr dankbar sind. Das Feedback der Studierenden war durchwegs positiv, obwohl die Teilnehmenden aus den unterschiedlichsten Fachbereichen und Industrien kamen. Es schien, als ob jeder Teilnehmende sich mit dem Thema identifizieren konnte und für sich relevante Kenntnisse herausziehen konnte. Diese Erfahrung bestätigte uns, dass Design alle etwas angeht und nicht nur Aufgabe der Designer ist.
Jan-Erik: An der Hochschule Luzern lehren und forschen wir zu diesem Themenfeld nun schon seit über 10 Jahren, dies vorranging am Department Design. Da aber das Design Management eine Quer-Kompetenz in Organisationen erfüllt, wird es sich mehr und mehr in den anderen Fachbereichen ausbreiten.
Im Januar 2019 startet der zweite Durchlauf des CAS Design Management am Institut für Kommunikation und Marketing der Hochschule Luzern. Die ersten 12 Absolventen schlossen im Mai 2018 das Semester ab. Ein Grund für uns, in einem Interview mit Jan-Erik Baars über erste Erfahrungen und Erkenntnisse zu sprechen.
Jan-Erik Baars ist seit 2011 an der Hochschule Luzern – Design & Kunst als Berater im Bereich Design-Strategie und Unternehmensentwicklung tätig. Er entwickelte in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern – Wirtschaft den Design Maturity Score und rief in diesem Jahr zusammen mit Douglas MacKevett den CAS Design Management ins Leben.
Kommentare
2 Kommentare
Dr. oec. Leonhard Fopp
22. November 2018
Richtig. Design ist wichtig im Corporate Bereich: Corporate Identity, Corporate Architecture, Markenbildung, etc. Jedoch Achtung, Top-Management ist nicht für alles zuständig. Wichtig die Abgrenzung zum CMO.
Jan-Erik Baars
22. November 2018
Wenn gut gemacht, ist Marketing auch Design. Viel stärker noch, Design fällt voll in die Zuständigkeit der Geschäftsführung! Design ist das effektivste Mittel, das Unternehmen haben, sich im Wettbewerb zu differenzieren: Es artikuliert die Identität und schafft so die Grundlage für eine loyale Beziehung zwischen Kunden und Unternehmen. Eigentlich genau, was ein CMO möchte, oder?
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.