CAS Brand Management feiert Jubiläum – Interview mit Dr. André Briw

CAS Brand Management feiert Jubiläum – Interview mit Dr. André Briw
Aktuelle Dozierende des CAS Brand Management (v.l.n.r.): Dr. phil. Arnd Zschiesche, Dr. André Briw, Dr. phil. Oliver Errichiello, Ueli Grüter, Dr. Judith Meyer, Dr. phil. Markus Renner, Dirk Heinzl, Colin Fernando, lic. oec. Peter Masciadri, Dr. rer. pol. Christine Wichert, Joachim Kernstock, Prof. Dr. Carsten Baumgarth, Dr. rer. pol Florian Siems

Es ist eine ganz besondere Erfolgsgeschichte. Ende 2021 fand die 30. Durchführung des CAS Brand Management an der Hochschule Luzern statt. Praktisch von Anfang an mit dabei ist André Briw, Leiter des CAS. Wir haben ihn zu den Anfängen des CAS, speziellen Ereignissen und zur Entwicklung des Thema Brand Management befragt.

Wie fühlst du dich nach über 30 Durchführungen?

Um einiges älter, aber nicht wegen dem CAS Brand Management. Aber vor allem fühle ich mich erfüllter, kompetenter, reifer und noch markenaffiner, wegen dem CAS Brand Management.
Die zahlreichen Kontakte mit den Teilnehmenden – insgesamt über 800 seit 2005 – und mit den sehr treuen und kompetenten Dozierenden waren und sind sehr spannend und bereichernd.

André Briw

Er leitet den CAS Brand Management und den MAS Brand and Marketing Management des Instituts für Kommunikation und Marketing IKM.

André Briw wohnt mit seiner Familie plus Médoc, ein Entlebucher Sennenhund, in der Stadt Luzern.
Neben dem Unterrichten an der Hochschule Luzern widmet er sich gerne seiner Faszination «Oldtimer», führt nebst dem Auto auch oft den Hund aus oder geht Wandern.
Ein weiteres Jubiläum, welches er dieses Jahr feiern kann, ist sein eigenes – er wird 60 Jahre alt.

Welche Momente sind dir ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Ganz viele ausserordentliche, positive Momente und Ereignisse. Hier nur eine ganz kleine spontane Auswahl: Prof. Dr. Alexander Deichsel, der Begründer der Markensoziologie als wissenschaftlicher Grundlage der Markentechnik, hielt im 2018 im CAS Nr. 23 ein Gast-Referat. Die Markensoziologie ist ein zentraler Pfeiler des CAS, der diesen auch von anderen Weiterbildungsangeboten im Bereich der Markenführung klar differenziert. In seinem an Spannung kaum zu überbietenden, hoch interessanten Referat erklärte uns der emeritierte Professor – damals 83-jährig! – wie im «Energie-System Marke» mit der Zeit die Markenkraft entsteht, wie sich zwischen der Marke und den Menschen bzw. der Kundschaft auf der Grundlage des Vertrauens eine soziale Bindung entwickelt und daraus im Idealfall eine Marken-Gemeinschaft wächst. Die Darstellung des Marken-Systems auf der Wandtafel war grandios, wie ein Kunstwerk. Die Teilnehmenden waren begeistert. Dieses wissenschaftlich fundierte und in der Praxis sehr bewährte Wissen über die Entstehung und die Steuerung bzw. Führung der Marke wurde im CAS lange Jahre von Dr. Thomas Otte und seit 10 Jahren von Prof. Dr. Oliver Errichiello und Prof. Dr. Arnd Zschiesche auf ebenso überzeugende und begeisternde Art vermittelt. Alle drei waren Schüler von Prof. Dr. Alexander Deichsel und haben bei ihm an der Universität Hamburg promoviert.

v.l.n.r. Prof. Dr. Oliver Errichiello, Prof. Dr. Arnd Zschiesche, Prof. Dr. Alexander Deichsel und Dr. André Briw

Oder dann die tolle Geschichte einer langjährigen Dozentin, die im Bahnhof auf dem Weg zum CAS-Kurs nach Luzern in den falschen Zug eingestiegen ist und dies erst bemerkte, als er bereits losgefahren war. Sie sprang auf zog die Notbremse! Das kam bei den anderen Passagieren und dem Zugbegleiter nicht gut an. Sie entschuldigte sich in aller Form und erklärte, sie müsse unbedingt pünktlich an der Hochschule Luzern sein für ihren Unterricht. Was man für den CAS Brand Management so alles macht! Glücklicherweise erhielt sie für diesen kühnen Akt der Pflichterfüllung keine Busse von der SBB – eine positive Markenerfahrung.

Ein weiteres Highlight gab es im soeben abgeschlossenen CAS Nr. 30. Als Einzelarbeit entwickelte und präsentierte eine Teilnehmerin ein Markenkonzept für die «Freiwillige Feuerwehr der Stadt Zug (FFZ)». Also «Brand Management» in reinster Form! ?

Ferner sind die halbstündigen Präsentationen der Gruppenarbeiten am vorletzten Kurs-Wochenende immer ein absolutes Highlight. Die Teilnehmenden beschreiben und/oder entwickeln für ausgewählte Marken aus allen möglichen Bereichen ein Markenkonzept, beurteilen die Führung dieser Marken und erarbeiten Optimierungs-Massnahmen. Die Arbeiten sind nicht nur inhaltlich sehr beeindruckend, auch die Live-Inszenierung der Markenwelten anlässlich der Präsentation ist jeweils grandios.

Abends bei einem Bier könnte ich aber noch zahlreiche weitere tolle Geschichten aus den 30 CAS-Kursen erzählen.

Wie ist der CAS entstanden, wie hat alles begonnen?

Ursprünglich hat Michael Boenigk erkannt, dass das Bedürfnis nach einer spezifischen Weiterbildung im sehr relevanten Bereich der Markenführung gross ist. Er hat den ersten Kurs inhaltlich konzipiert und Spezialistinnen aus der Wissenschaft und Praxis als Dozierende ins Boot geholt. Ich selber leite den CAS seit der 2. Durchführung im 2006. Da der Kurs aufgrund der positiven Resonanz und der Weiterempfehlungen der Teilnehmenden immer rasch ausgebucht war und die Wartelisten länger wurden, haben wir ihn im 2009 erstmals zwei Mal pro Jahr durchgeführt. Im Verlaufe der Jahre habe ich zusammen mit den Dozierenden – die meisten sind seit der ersten oder zweiten Durchführung dabei – und aufgrund von Teilnehmenden-Feedbacks die Inhalte laufend weiter entwickelt und neue Themen aufgenommen.

Wie hat sich die Thematik «Brand Management» in den letzten Jahren verändert? Haben sich auch die Teilnehmenden verändert?

Die wichtigsten Veränderungen im Brand Management haben – wie könnte es anders sein – auch in diesem Gebiet mit der Digitalisierung zu tun. Diese beeinflusst natürlich das Verhalten der Konsument*innen bzw. Kundinnen/Kunden und der Unternehmen oder anderen Institutionen in Bezug auf die Markenwahrnehmung, die Markenbindung, die Markenführung etc. Arnd Zschiesche bringt die Auswirkungen der Digitalisierung im MARKENRADAR, dem Meinungsforum für alle, die sich mit Marken und Markenführung beschäftigen, wie folgt auf den Punkt (https://www.markenradar.com/digitale-markenfuehrung/ ):

«Die Auswirkungen sind vielfältig, aber insgesamt überwiegen meines Erachtens die Chancen die Risiken eindeutig. Entscheidend für das Verständnis aus markenstrategischer Sicht ist, dass die Digitalisierung primär eine analoge Herausforderung darstellt. Denn es geht in erster Linie „nur“ darum – bewusst verkürzt dargestellt – dass ich als Unternehmen meine ureigenen Leistungen und Kompetenzen, mein Erfolgsprinzip aus der analogen Welt in möglichst typischer Art und Weise in mein digitales Angebot transferiere. Die Digitalisierung macht technisch vieles möglich, auch vieles Neues, aber sie erfindet weder den Menschen neu noch seine Bedürfnisse. Wenn ich einen Baumarkt meines Vertrauens habe, dann wird er dieses geworden sein, weil ich sein Angebot, seine Beratung, seine Lage, jedenfalls einige bestimmte und sehr konkrete Dinge an diesem Baumarkt schätze.»

D.h., die wichtigsten Grundgesetze bzw. Prinzipien der Markenführung sind trotz Digitalisierung dieselben geblieben. Davon bin ich selber auch voll überzeugt. Hier ein paar Stichworte bzw. Aussagen dazu, die im Kurs vermittelt und diskutiert werden:

  • Ausschlaggebend für die Anziehungskraft, die Stärke einer Marke, war, ist und bleibt immer das Vertrauen (Marke = Vertrauen, Markenführung = Vertrauens-Management).
  • Eine Marke braucht bei der Führung Kontinuität und Konstanz bzw. eine selbstähnliche ganzheitliche Entwicklung/Evolution (= sich selbst treu bleiben).
  • Die Schaffung, Pflege und Kommunikation von Besonderheiten/Einmaligkeit ist von zentraler Bedeutung; jede Marke hat einen eigenen, unverwechselbaren Genetischen Code mit konkreten Leistungsmerkmalen bzw. Erfolgsbausteinen (keine Marke ohne konkrete Leistung).
  • Die treue Stammkundschaft ist neben der konkreten Leistung einer der wichtigsten Energieträger und Multiplikatoren der Marke.
  • Erfolgreicher, nachhaltiger Markenaufbau braucht Zeit.

Weiter ins Detail gehe ich hier nicht; wer mehr dazu erfahren und lernen will, wie Marken systematisch entwickelt und langfristig erfolgreich geführt werden, muss halt den CAS Brand Management absolvieren. ? Noch kurz zur Frage, ob sich auch die Teilnehmenden in den vergangenen Jahren verändert haben: auch hier kann ich von einer Evolution sprechen, aber nicht von radikalen Veränderungen. Die jüngeren Generationen haben als Digital Natives natürlich mehr Erfahrungen und grössere Basis-Kompetenzen im digitalen Bereich, was für die Gestaltung digitaler Markenkontaktpunkte sicher hilfreich ist. Dann kann ich auch feststellen, dass die Erwartungshaltung der Teilnehmenden in Bezug auf die Qualität der Lerninhalte, der Unterrichts-Methoden sowie die Kurs-Organisation und die persönliche Betreuung von mir als Kursleiter und von meiner Kollegin als Programmorganisatorin gestiegen ist. Bei der Beurteilung des Kurses erhalten Fabienne Wyss (und ihre Vorgängerin Pia Bethge) und ich aber jeweils gute Noten, was uns ausserordentlich freut und motiviert.

«[…], die wichtigsten Grundgesetze bzw. Prinzipien der Markenführung sind trotz Digitalisierung dieselben geblieben. Davon bin ich selber auch voll überzeugt.»

Welche zukünftigen Entwicklungen und Themen zeichnen sich im Bereich der Markenführung ab?

Diverse Dozierende des CAS beschäftigen sich intensiv mit dieser Frage. Themen wie Co-Creation, Aktivismus, KI, Robotik etc. werden auch die Markenwelt verändern. Bei vielen Themen ist zwar noch nicht wirklich absehbar, wie sie sich entwickeln werden, aber es ist sinnvoll, sich darüber heute schon Gedanken zu machen. V.a. Prof. Dr. Carsten Baumgarth (HWR Berlin) sowie Colin Fernando und Dr. Judith Meyer (beide:https://www.brand-trust.de/de/ueber-uns) führen auch wissenschaftliche Studien und Experimente zu solchen Zukunftsthemen durch.

«Themen wie Co-Creation, Aktivismus, KI, Robotik etc. werden auch die Markenwelt verändern.»

Was sind für dich die Highlights dieser CAS Weiterbildung?

Besondere Highlights sind, wenn mir Teilnehmende mit Begeisterung erzählen, wie sie Kurs-Inhalte im Unternehmen erfolgreich umgesetzt haben. Oder auch, wie sie es mit guten Argumenten geschafft haben, Vorgesetzte oder Arbeitskolleg*innen von der Relevanz der Marke und der Markenführung zu überzeugen. Und dann gibt es immer wieder Teilnehmende, die neben ihrem Haupt-Job ein Start-up aufbauen und bereits von Anfang an ein Marken-Fundament entwickeln (Soll-Markenidentität und -positionierung bzw. Soll-Erfolgsbausteine, Alleinstellungsmerkmale, Markenwerte, markengeleiteter Marketing-Mix etc.). Ferner gibt es immer wieder Inhaber*innen und Mitarbeitende von Werbe-Agenturen, die aufgrund des Kurses spezifische Beratungsangebote im Bereich der Markenentwicklung und -führung für ihre Kunden eingeführt haben und damit gutes Geld verdienen. Somit bieten sie ihren Kunden nicht nur Kreativ-Leistungen an (neue Kampagne, Logo, Slogan, CD etc.), sondern erarbeiten zuerst gemeinsam mit den Kunden ein solides Marken-Fundament.

Ermöglicht wird dies, weil die Teilnehmenden in fünf recht intensiven Monaten sich einen breit gefächerten “Werkzeugkasten” mit zahlreichen Techniken, Methoden, Tools zum Thema Markenführung zusammen stellen können. Mit diesem Rüstzeug sind sie umfassend für alle beruflichen Herausforderungen ausgestattet – in Praxis und Theorie.

Ganz besonders freut mich die Initiative dreier ehemaliger CAS-Absolventen, die im 2015 die «Tafelrunde der Marke» (https://tafelrunde-der-marke.ch/ ) gegründet haben. Ihre Mission: «Die Tafelrunde der Marke vereint Menschen, welche Besonderheit und Einzigartigkeit leben. Ihre Gemeinsamkeit besteht in der Faszination für Marken und Markenführung. In einem genussvollem Rahmen lassen sich die Teilnehmer der Tafelrunde der Marke aus markensoziologischer Perspektive inspirieren und setzen neu gewonnene Erkenntnisse in ihren Alltag um.» Die Tafelrunde führt jährlich zwei Veranstaltungen zu aktuellen Kernthemen zu «Marke und Markenführung» mit Impuls-Referaten von Fachspezialist*innen und Diskussionen. «Die Veranstaltung ist ein Genuss für Geist und Gaumen», das kann ich bestätigen.

Zum Schluss das Wunschkonzert:
Was wünschst du dir von den Teilnehmenden und Dozierenden für das CAS Brand Management?

Weihnachten ist zwar schon vorbei, aber ich habe doch noch ein paar Wünsche an die Adresse der Teilnehmenden und Dozierenden: Interesse, Begeisterung, ja sogar Feuer für das Thema Brand und Brand Management; Offenheit für Neues und für verschiedene Denkweisen und Theorien der Markenführung; Willen, das Gelernte im Unternehmen oder in einem Start-up dann auch konsequent anzuwenden; sich für das Thema im beruflichen Umfeld stark machen und sich für die Marke und Markenführung einsetzen, d.h. andere mit dem «Marken-Virus» anstecken.

Kommentare

2 Kommentare

Tom (Jahrgang 2009)

14. Januar 2022

Ich kann André's Ausführungen nur unterstreichen. Wenn du für Marke brennst, dann gelingt es dir auch in außergewöhnlichen Industriezweigen Marken zu kreieren und zu etablieren. Das Handwerk dazu lernte ich in Luzern. Angewendet habe ich es bei der BASF auf die Arbeitsgebiete Gaswäsche, 3D-Sensoren, automobile Flüssigkeiten, Chemikalienrecht und noch viele weitere außergewöhnliche Anwendungen. Marke funktioniert immer. Das hab ich in Luzern beigebracht bekommen. Und in der Tat, André und seine Dozenten hatten recht. Alle die aufgezählten Beispiele sind geschäftlich sehr erfolgreich und haben eine große Fangemeinde. Ein dickes Dankeschön für eine tolle Markenzeit im schönen Luzern. Herzliche Grüße, Tom

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Rainer Senn

14. Januar 2022

Lieber André Gratuliere Dir persönlich und der HS zu den 30 Lehrgängen. Das kann man getrost als Leistungsauweis ansehen. Ich bin glücklich, einen kleinen Teil als Student miterlebt zu haben. Bis heute mit Abstand die hochstehenste Weiterbildung in meinem Berufsleben. Vielen Dank für die 4 Semester, ich bin seit 10 Jahren gebrandet..., weiter so. Liebe Gruesse Rainer Senn

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