Persönliche Finanzen besser im Griff und gleichzeitig nachhaltig leben: KI und Communities auf neuen Wegen

Persönliche Finanzen besser im Griff und gleichzeitig nachhaltig leben: KI und Communities auf neuen Wegen

Autor: Prof. Dr. Ingo Gächter

Forscher für Data Science, Digitales Marketing und KI

«Es gibt den Witz, dass Ökonomen neun von sechs Rezessionen vorhergesagt haben…” hat Andrew McAfee, Technologie- und Wirtschaftsforscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) am WEF 2022 in Davos gesagt1. Pessimismus am Kragen gepackt, hier mit «Happy End”: Ein Team am Institut für Marketing und Kommunikation IKM an der Hochschule Luzern forscht gemeinsam mit Innovatoren wie Yapeal und seinen Partnern, Abacus Research und Vontobel Bank an der Frage: Wie können Menschen ökologischer konsumieren und gleichzeitig ihre Geldausgaben besser in den Griff bekommen?

Für einmal dürfen wir als Forscher optimistischer sein als Experten, die Rezessionen und Klimakatastrophen vorhersagen. Wir dürfen daran glauben, dass wir auch die nächste Rezession überleben. Wir dürfen glauben, dass wir die Klimakrise überwinden. Vor allem dürfen wir daran glauben, dass ganze Communities nachhaltiger leben lernen können, wenn man Konsument:innen glaubwürdige soziale, ökologische und finanzielle Anreize gibt. Wir schaffen das. Aber wie?

Wer steht im Alltag nicht vor vollen Regalen im Supermarkt und muss sich entscheiden zwischen unzähligen Bio-Marken (oft irreführend) und regionalen oder internationalen Produkten, deren ökologischen Fussabdruck wir allesamt nicht kennen? Und lohnt es sich, mehr für dieses Bio-Label zu zahlen, oder ist da wieder alles nur ein “Fake”? Dazu kommt das Problem der Informations-Asymmetrie: Kund:innen wissen viel weniger über den faktischen Fussabdruck und den wahren Wert von Konsumartikeln als Unternehmen, die ihre Produkte verkaufen wollen. Leider siegt in diesem Dschungel an Desinformation oft eine gute Werbung für Produkte mit schlechten ökologischen und finanziellen Fakten. Darüber hinaus haben Kund:innen oft das Gefühl, nachhaltig sei zwingend teurer. Auch dieser Mythos ist falsch und hält sich dennoch hartnäckig. Regionale Lebensmittel sind nicht zwingend teurer, haben aber meistens einen besseren ökologischen Fussabdruck und sind oft auch gesünder, weil lange Transportwege wegfallen. Und eine Velo- oder Zugfahrt ist meistens günstiger und zugleich ökologischer als die gleiche Kilometerzahl mit dem Auto.

Was wird benötigt, damit nachhaltige Ziele erreicht werden können?

Damit Unternehmen und ihre User in einer derart komplexen Welt nachhaltige Ziele im Bereich persönliche Finanzen und Konsum erreichen können, brauchen sie ein Anreizsystem und mehr Transparenz in Form einer sauberen Zahlungs- oder Spesenübersicht, die automatisiert wird. Gleichzeitig brauchen Konsument:innen einen besseren Überblick, der die Nachhaltigkeit (z.B. CO2 Fussabdruck) ihres Konsums aufzeigt. Neben KI- und Community-basierten Empfehlungen brauchen Menschen finanzielle und soziale Anreize, die sie auf einen nachhaltigen Weg führen. Schon jetzt sind 33% der Schweizer Bevölkerung bereit, zu einer nachhaltigeren Bank zu wechseln und einen Zuschlag für nachhaltige Produkte zu zahlen2. Ein grosser Teil der Menschen hasst ihre bestehende Bank regelrecht. Europaweit sind 83% bereit, “persönliche Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen”3.

Wie können Menschen ökologischer konsumieren und gleichzeitig ihre Geldausgaben besser in den Griff bekommen?

An dieser Frage forscht ein Team am Institut für Marketing und Kommunikation IKM an der Hochschule Luzern HSLU gemeinsam mit innovativen Unternehmen wie Yapeal und Partnern, Abacus Research und Vontobel Bank, unter anderen. Ziel des Forschungsprojekts ist die Entwicklung eines Anreiz-Systems, das Usern ein nachhaltigeres Verhalten für ökologischen Konsum (Lebensmittel, Mobilität) und persönliche Finanzen (Schulden, Vorsorge) ermöglicht. Dieses selbstlernende Anreiz-System funktioniert im Zusammenspiel von Mensch (Communities) und Maschinen (KI), die sich gegenseitig unterstützen. Es trägt den stolzen Namen “Sustainable Consumer Advisor” (SCA).

Wer träumt nicht von einer Buchhaltung oder von Spesenabrechnungen, die sich mit Hilfe von KI quasi von selbst erledigen?

Die Forschungshypothese lautet: Damit Konsument:innen nachhaltige Ziele im Bereich Konsum und persönliche Finanzen erreichen können, brauchen sie ein Anreizsystem, das ein nachhaltiges Leben ermöglicht. Es braucht ein besseres Bewusstsein mit konkreten Handlungsempfehlungen, wie einzelne Konsum-Entscheidungen zu einem besseren Ergebnis führen. Dazu brauchen Menschen finanzielle und soziale Anreize, die sie auf einen nachhaltigen Weg führen.

Konkret entwickelt das Forschungsteam ein Anreizsystem aus Menschen (Communities) und Maschinen (Recommender System auf der Basis von Künstlicher Intelligenz). Dieses Anreizsystem soll Nutzern in der Zahlungs-App von YAPEAL befähigen, ihre Finanzen (Schulden, Sparen, Vorsorge) in den Griff zu bekommen und gleichzeitig nachhaltiger zu konsumieren. Das selbstlernende Recommender System gibt Usern Empfehlungen, die auf ihren persönlichen Zielen basieren, die sie selbst auswählen können.

Soziale Anreize in Communities im Fokus

Soziale Anreize in Interessengemeinschaften (Sustainable Communities wie zum Beispiel “Sustainable Switzerland”, eine Initiative der NZZ) stehen dabei im Fokus. Basierend auf Bedürfnissen und Motiven der Konsument:innen sollen sie konkrete Empfehlungen für nachhaltiges Verhalten in ihrem Alltag griffbereit auf dem Smartphone bekommen. Spätestens wenn User mit der Yapeal-App zahlen, sollen sie sehen, wie nachhaltig ihr Verhalten ist, und wie sie ihre persönlichen Finanzen noch nachhaltiger gestalten können. KI-Technologie soll dabei helfen, das Konsum- und Finanzverhalten der Kund:innen zu messen und gleichzeitig relevante Empfehlungen für konkrete Geld- und Konsumentscheidungen im Alltag zu geben. Das Anreizsystem lernt dabei jedesmal, wenn User die App verwenden. Neue “Machine Learning” Technologien ermöglichen diesem selbstlernenden System, laufend zielführendere Empfehlungen an User auszuspielen. Das Recommender System soll laufend analysieren, welche nachhaltigen Empfehlungen auch tatsächlich wirksam sind, und welche Empfehlungen nichts bringen.

Abenteuerliche Hürden

Auf dem ambitionierten Weg zum Innovations-Ziel in diesem Forschungsprojekt gibt es zahlreiche Risiken und abenteuerliche Hürden zu bewältigen.

  • Es gibt bisher keine Zahlungs-App, die konkrete Handlungsempfehlungen für persönliche Geldausgaben und gleichzeitig Empfehlungen zu nachhaltigem Konsum gibt. Gelingt es einem Forschungsteam in der Schweiz, was bisher niemand geschafft hat?
  • Eine weitere Herausforderung stellt die Kombination von Mensch und Maschine in einem gesamtheitlichen Anreizsystem für nachhaltiges Verhalten dar. Gelingt das Zusammenspiel von nachhaltigen Communities mit KI-Technologie?
  • Green FinTech Communities: Gelingt es einem mittelgrossen Schweizer Startup, sich in einem global hart umkämpften FinTech Markt international zu positionieren? Dafür braucht es jedenfalls die volle Unterstützung von etablierten Unternehmen wie Abacus Research und Bank Vontobel sowie der Anwendung von neuesten Forschungserkenntnissen.

Trotz dieser hoch gesetzten Ziele stehen die Zeichen gut. Abacus Research liefert als grösster Schweizer IT Provider innovativste Technologie für Autonomous Live Accounting in bestehenden Enterprise Ressource Planning (ERP) Gesamtlösungen, die tausende KMU auch heute schon anwenden. Wer möchte seine Spesenabrechnungen nicht so weit wie möglich automatisieren? Bank Vontobel bringt als Partner ebenfalls wertvolle Erfahrungen in diese Forschungen. Seit Jahren geht Vontobel der Frage nach: Wie bringt man 300 Expert:innen in 1 App? Die Antwort ist volt by Vontobel: Eine Schweizer Investment-App mit 300 Investmentexpert:innen und über 90 Jahren Anlageexpertise. Yapeal punktet mit innovativsten Technologien für mehr Sicherheit im cloud-basierten Banking-Umfeld: Das Geld der User:innen liegt bei der Schweizer Nationalbank (SNB) und wird nicht re-investiert, wie es bei anderen Banken üblich ist. Nicht zufällig hat Yapeal die erste FinTech Lizenz der Schweiz erworben.

Das erhoffte «Happy End»

Die Forschungsergebnisse sollen Yapeal und dessen Eco-System helfen, sich international in dieser Marktnische zu positionieren und Marktanteile im Kampf gegen ausländische Konkurrenten zu erobern. Der Schweizer Bundesrat bekräftigt das Ziel, digitale Technologien im wachsenden Sustainable Finance Markt zu nutzen, um globale Schweizer Leader zu positionieren (SIF 2021). Es gibt zwar erfolgreiche Fintechs, die das Daten-Potenzial für nachhaltige Investments nutzen, bisher jedoch nicht für nachhaltigen Konsum- und Finanzen für Communities sowie einzelne Konsument:innen, die mit dem Sustainable Consumer Advisor neue Dimensionen ihrer persönlichen finanziellen sowie ökologischen Lebensplanung erleben können.

1SRF 2022: https://www.srf.ch/news/wirtschaft/bilanz-vom-wef-2022-weltwirtschaft-was-kommt-auf-uns-zu?, abgerufen am 18.07.2022

2BearingPoint 2020: https://www.bearingpoint.com/de-ch/insights-events/insights/umfrage-zu-sustainable-finance/, abgerufen am 19.07.2022

3Mastercard 2021: https://www.mastercard.com/news/europe/de-de/newsroom/pressemitteilungen/de-de/2021/april/neue-studie-verdeutlicht-starkeres-umweltbewusstsein-seit-pandemie-mastercard-lanciert-co2-rechner/, abgerufen am 18.7.2021

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