In einer digitalen Welt, in der Smartphones und andere elektronische Geräte unser tägliches Leben dominieren, wird die Aufmerksamkeit der Konsument:innen immer fragmentierter. Werbetreibende müssen ihre Botschaften diesem veränderten Medienumfeld anpassen, in dem Werbung zudem oft gemieden wird. Wie die begrenzte Aufmerksamkeit der Konsument:innen noch erreicht werden kann, verrät dieser Artikel.
Um das Medienkonsumverhalten in realen Umgebungen besser zu verstehen, sind Observationsstudien im Feld von unschätzbarem Wert. Sie erlauben es, das Verhalten von Konsument:innen direkt zu beobachten, ohne die künstlichen Einschränkungen eines Labors oder Experiments. Mobiles Eye-Tracking ist dabei eine besonders geeignete Methode, da es die Möglichkeit bietet, die visuelle Aufmerksamkeitsverteilung aus der Ego-Perspektive der Teilnehmenden aufzuzeichnen. Diese Technologie ermöglicht es, tiefere Einblicke in die Art und Weise zu gewinnen, wie Konsumentinnen tatsächlich Medien nutzen und auf Werbeinhalte reagieren, während sie ihren alltäglichen Routinen nachgehen.
In der „Wuppertaler Wohnzimmerstudie“ wurde die Mediennutzung in über 100 Wuppertaler Haushalten mittels mobilem Eye-Tracking analysiert. Die Ergebnisse dieser einzigartigen Studie zeigen, dass das Smartphone im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und sich zu einem ständigen Begleiter entwickelt hat – vom Abendessen bis zum Schlafengehen. Die Teilnehmer:innen verbrachten bis zu 87 Prozent ihrer Medienzeit mit digitalen Endgeräten, davon allein 44 Prozent mit dem Smartphone. Fernsehgeräte, die oft im Hintergrund liefen, erhielten nur wenig aktive Aufmerksamkeit. Besonders bemerkenswert ist, dass im Extremfall nur 2 Prozent der Aufmerksamkeit auf den Partner bzw. die Partnerin oder das Haustier entfielen. Werbung wurde durchschnittlich lediglich 2 Sekunden lang betrachtet, was Werbetreibende vor neue Herausforderungen stellt.
Um die Aufmerksamkeit der Konsument:innen überhaupt noch erlangen zu können, müssen Werbetreibende physisch intensive Reize einsetzen, die idealerweise zusätzlich Emotionen auslösen oder uns zum Nachdenken anregen. Grosse, laute oder bunte Gestaltungen, Gesichter und Augen sowie schnelle Schnitte im Bewegtbild sind entscheidend. Emotionale Reize wie Erotik, Kinder, Tiere, Freude und Spass sowie überraschende Elemente durch Humor oder Spannung helfen ausserdem, die Aufmerksamkeit zu halten und zu intensivieren.
Die Studie zeigt auch, dass Konsument:innen oft im «Autopilot-Modus» ihr Smartphone nutzen, häufig als Reaktion auf Langeweile oder zur Ablenkung. Ein bewussterer Umgang mit der eigenen Smartphone-Nutzung kann helfen, diese zu kontrollieren. Massnahmen wie die Festlegung von Zeitbudgets, das Einrichten von smartphonefreien Zonen und das Erschweren des Zugriffs auf häufig genutzte Apps. Durch das Verschieben dieser Apps auf die hinteren Bildschirmseiten kann das unbewusste Öffnen abgeschwächt werden, da eine Suche nach der App auf dem Bildschirm kognitives Denken erfordert und das Bewusstsein anschaltet.
Die Autoren
Die „Wuppertaler Wohnzimmerstudie“ von Julian Felix Kopka, Lennart Borgmann und Professor Tobias Langner wurde am Lehrstuhl für Marketing der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt. Die Studie ist bisher einzigartig und eine der grössten Studien mit mobilem Eye-Tracking im Feld. Alle drei Autoren sind Dozenten im CAS Customer Psychology an der HSLU Hochschule Luzern.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand, Lehrstuhl für Marketing, Bergische Universität Wuppertal und Dozent an der HSLU
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand, Lehrstuhl für Marketing, Bergische Universität Wuppertal und Dozent an der HSLU
Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing an der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal und Dozent an der HSLU
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