Künstliche Intelligenz ist längst in der Kundeninteraktion angekommen. In Chatbots, Empfehlungsalgorithmen, Serviceautomatisierungen und Analysemodellen. Doch der technologische Vorsprung erzeugt neue Fragen, die Unternehmen nicht mehr ignorieren können: Was bedeutet Vertrauen in einer KI-gestützten Beziehung? Wie transparent müssen Systeme sein? Und welche praktischen Folgen hat der EU AI Act, der ab 2026 schrittweise rechtsverbindlich wird und ab 2027 vollständig gilt?
Drei Entwicklungen prägen den Diskurs im Jahr 2026 besonders stark und sie sind wesentlich provokanter, als viele Unternehmen heute annehmen:
Der EU AI Act setzt neue Standards für Verantwortung und Risikoklassifizierung. Unternehmen müssen KI-Systeme klar einordnen: geringes Risiko oder Hochrisiko? Gerade in Kundenbeziehungen, etwa bei automatisierten Entscheidungen, Scoring-Systemen oder dynamischen Pricing-Mechanismen, wird dies zur Pflicht.
Der AlgorithmWatch-Bericht „Automating Society“ dokumentiert bereits jetzt Fälle unfairer automatisierter Entscheidungen, etwa bei Jobmatching, Scoring und Bewerbungsverfahren.
Die gute Nachricht: Wer frühzeitig Transparenz, Governance und Dokumentation aufbaut, schafft nicht nur Compliance, sondern stärkt sichtbar das Vertrauen der Kund:innen.
Studien zeigen, dass Kund:innen KI-gestützte Angebote akzeptieren, sofern diese nachvollziehbar bleiben. Black-Box-Systeme oder intransparente Datenverwendung führen hingegen schnell zu Reputationsschäden.
Das MIT Technology Review beschreibt eindrücklich, wie mangelnde Nachvollziehbarkeit bei Gesichtserkennungssystemen zu Fehlentscheidungen führte.
Transparenz bedeutet dabei nicht, technische Details offen zu legen, sondern verständlich zu erklären: Warum wurde eine Empfehlung ausgesprochen? Welche Daten spielten eine Rolle? Wo greift der Mensch ein?
Unternehmen, die diese Fragen beantworten können, schaffen emotionale Sicherheit und damit langfristige Kundenloyalität.
Lange wurde Ethik als regulatorischer Ballast gesehen. Heute zeigt sich das Gegenteil: „Ethics by Design“ beschleunigt Innovationen, senkt Risiken und verbessert Produkte.
Das CLAIRE Responsible AI Toolkit zeigt konkret, wie ethische Leitplanken zu besseren Produkten führen.
Noch spannender wird es in der Praxis: Eine aktuelle Diskussion im kirchlichen Kontext zeigt, wie heikel KI wird, wenn Tonalität, Werte oder Zielgruppen nicht respektiert werden. Ein Beispiel ist der Beitrag des „Elektropastors“, der sich kritisch dazu äussert, wie automatisierte Inhalte theologisch oder kulturell missverständlich wirken können.
Solche Fälle verdeutlichen, wie eng Markenidentität, Ethik und kulturelle Wahrnehmung miteinander verknüpft sind und wie schnell KI unerwünschte Bedeutungen transportieren kann.
2026 wird ein entscheidendes Jahr für KI in Kundenbeziehungen. Der EU AI Act, gesellschaftliche Erwartungen und technologische Entwicklungen verlangen von Unternehmen eine klare Haltung: KI muss nachvollziehbar, fair und verantwortungsvoll eingesetzt werden. Wer dies beherzigt, schafft nicht nur Compliance, sondern echte, vertrauenswürdige Mehrwerte für Kund:innen.

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