14. April 2013
Anfang Jahr sorgte die neue Yahoo-Chefin Marissa Mayer weltweit für Aufsehen, indem sie die Mitarbeiter zurück ins Büro beorderte und die weit verbreitete Telearbeit von zu Hause abschaffte. Prompt hat sie damit nicht nur bei den eigenen Mitarbeitern, sondern auch in den globalen Medien einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
In einer Branche, die sich an Mobile-Working, Home-Office und flexible, selbstbestimmte Arbeitszeiten gewöhnt hat kommt dieser Schritt einem Sakrileg gleich. Was sind die Hintergründe? Läutet Marissa Meyer damit eine Trendwende ein, in einer Zeit, in der mehr und mehr Unternehmen in die andere Richtung gehen?
Heimarbeit scheint auf den ersten Blick eine klassische win-win-Situation zu kreieren: Mitarbeiter können wohnen wo sie wollen, ihre Arbeitszeiten mit dem Privatleben abstimmen, sich den Arbeitsweg sparen und ungestört von unnötigen Sitzungen und schwatzhaften Arbeitskollegen arbeiten. Mit der modernen Technologie sind die notwendigen Informationen jederzeit überall griffbereit. Arbeitgeber können auf ein viel grösseres Arbeitskräftereservoir zurückgreifen, sparen teure Arbeitsplätze und erhalten motiviertere und produktivere Mitarbeiter. Tele-Working hat in den USA zwischen 2005 und 2011 um rund 75% zugenommen. Auch in Europa und der Schweiz ist der Trend steigend.
Entgegen der Annahme, dass Mitarbeiter, die unbeaufsichtigt zu Hause arbeiten die Zeit vertrödeln und auf der faulen Haut liegen könnten, zeigen verschiedene Studien, dass sie im Gegenteil um 10-15% produktiver sind als Mitarbeiter im Büro. Auch die Arbeitszufriedenheit scheint tendenziell höher zu sein.
Wieso diese Kehrtwende bei Yahoo? Der einstige Suchmaschinen-Star kämpft seit längerem mit Problemen und verliert massiv Besucher und Werbeeinnahmen an Google und Facebook. Marissa Meyer wurde geholt, um das Steuer herumzureissen.
Die Harvard Business Review zeigt überzeugend auf, dass Unternehmen oder Projekte innovativer, schneller und erfolgreicher ablaufen, wenn die Mitarbeiter möglichst viel Zeit möglichst Nahe beieinander verbringen. Und das Firmen eine wesentlich stärkere Kultur und Verbundenheit entwickeln, wenn die Mitarbeiter zusammen sind. Die Verbundenheit der Mitarbeiter sowohl mit der Firma als auch den Arbeitskollegen ist schwer aufrechtzuerhalten ohne regelmässige persönliche Kontakte. Interessanterweise tun gerade die sehr erfolgreichen Firmen wie Facebook, Google und Apple alles, damit sich die Mitarbeiter am Arbeitsplatz wohl fühlen und möglichst viel Zeit dort verbringen. Google’s CFO Patrick Pichette antwortet auf die Frage, wie viele Google-Mitarbeiter von zu Hause arbeiten mit „So wenige wie möglich! Gemeinsame Mittagessen und Pausen, gemeinsames Probleme und Ideen wälzen, zusammen mögliche Lösungen diskutieren hat etwas magisches. Bei Google glauben wir, dass diese Momente wichtig sind für die Entwicklung unserer Firma und unserer Projekte, für das persönliche Weiterkommen der Mitarbeiter und für die Entwicklung einer starken Gemeinschaft.
Vor dem Hintergrund der Krisensituation, in der es darum geht, die Truppen hinter sich zu scharen und das Steuer eines sinkenden Schiffes herumzureissen, kann die Massnahme von Yahoo also durchaus Sinn machen.
Für Mitarbeiter sind die Firma und die Arbeitskollegen eine wichtige Gemeinschaft und ein wichtiger Hafen, in dem sie sich geborgen und wohl fühlen wollen. Die Territorialkämpfe, die sich bei der Einführung flexibler Bürokonzepte häufig ergeben, sind ein Ausdruck davon, wie stark der Arbeitsplatz auch ein Stück Heimat und Identität bedeutet. Nachdem die Microsoft Mitarbeiter während dem Umbau des Schweizerischen Headquarters drei Monate von zu Hause aus arbeiten mussten, sollen sich beim Bezug der neueröffneten Räume rührende Szenen abgespielt haben nachdem die Mitarbeiter ihre Gemeinschaft und ihre Arbeitsfamilie wieder hatten.
Arbeiten aus dem Home-Office stellt höhere Anforderungen an die Führungskultur. Auf der sachlichen Ebene setzt es voraus, dass mit klaren Zielvereinbarungen gearbeitet und die Leistung nicht einfach aufgrund von Präsenzzeiten beurteilt wird, was in vielen Unternehmen leider immer noch ungenügend umgesetzt ist. Auf der emotionalen Ebene bedingt es, dass eine starke, positive Kultur entwickelt wird, die die Mitarbeiter einbindet und Verbundenheit, klare Visionen und Vertrauen schafft. Gerade bei den stark intrinsisch motivierten Leistungsträgern wirkt zu viel Regulierung eher kontraproduktiv.
Wie in vielem ist es also nicht eine Frage des entweder-oder, sondern eine des Masses und der konkreten Anwendung. Soll Heimarbeit gelingen, ist das Management gefordert, eine klare, starke Kultur und Vision zu entwickeln.
(Dieser Artikel erschien am 14.4.2013 als Kolumne in der Zentralschweiz am Sonntag)
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Kommentare
2 Kommentare
Rafael - Finca Mallorca
20. Mai 2013
Arbeiten von zu Hause kann sehr bequem für die Arbeiter, aber sehr gefährlich für das Unternehmen. Überprüfen Sie die Arbeit getan und wenn Sie fertig sind ist sehr schwierig, wenn Sie nicht vorhaben, es zu kontrollieren. Aus persönlicher Erfahrung, ist Arbeitnehmer, die Zeit zu verbringen down home Leistung, Effizienz und in der Regel nicht erfüllen die gesetzten Fristen.
Zurück ins Büro! Das Ende des Home-Of...
15. April 2013
[...] Anfang Jahr sorgte die neue Yahoo-Chefin Marissa Mayer weltweit für Aufsehen, indem sie die Mitarbeiter zurück ins Büro beorderte und die weit verbreitete Telearbeit von zu Hause abschaffte. [...]
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