5. April 2021

Studentische Beiträge,

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Digitalisierung: Kein Game Changer im Immobilien-Assetmanagement

Digitalisierung: Kein Game Changer im Immobilien-Assetmanagement

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

Für den Assetmanager entstehen durch die Digitalisierung Herausforderungen, aber auch Risiken. Eine grosse Menge an relevanten Daten ist vorhanden, doch nicht für alle prozessbeteiligten Personen abrufbar. Eine All-in-one-IT-Lösung könnte im Zuge der Digitalisierung die Zusammenarbeit zwischen den Immobilienakteuren enorm verbessern. Die Schwerpunkte des Assetmanagements werden sich in Zukunft wohl nicht grundsätzlich verändern, aber leicht verschieben.

Von Nadja Kistler und Simone Zurbuchen

Seit ein paar Jahren ist der digitale Wandel auch in der Immobilienbranche angekommen und man kommt nahezu auf keiner Immobilienmesse an diesem Trend vorbei. Doch was sind die Treiber dieser digitalen Transformation?

Aus Sicht des Unternehmens lassen sich externe und interne Treiber unterscheiden: Interne entstehen im Unternehmen, während externe vom Umfeld herangetragen werden. Einer der wesentlichen externen Treiber der Transformation ist der Kunde. Sein durch die Digitalisierung verändertes Verhalten erhöht auch die Anforderungen an die Immobilienbranche (Staub/Stucki, 2013). Als weitere externe Treiber werden von Prof. Günther Vornholz neue Technologien, ein zunehmender Wettbewerb und die gesetzlichen Eingriffe aufgezählt.

Bei der Digitalisierung steht die Immobilienbranche am Anfang. Dies hat damit zu tun, dass die Boomphase, welche seit über 10 Jahre anhält, immer genügend Rendite abgeworfen hat und dies auch noch immer tut (Next Generation Real Estate, 2018).

Die abgebildete Grafik (Abbildung 1) aus der Umfrage von pom+ (Schweizer Beratungsunternehmen für Immobilien, Infrastruktur, Unternehmen und Organisation), zeigt den DRE-Index 2020 (Digital Real Estate Index 2020). Für die Umfrage wurden rund 245 Führungs- und Fachkräfte der Immobilienwirtschaft in der Schweiz (83%) und Deutschland (17%) befragt, wie digital sie sich sehen. Die Skala geht von 0 bis 10 und je höher der Wert, desto digitaler wird das entsprechende Segment eingeschätzt. Die Digitalisierung bei den Eigentümern und Investoren wird mit einem Wert von 3.43 als am wenigsten fortgeschritten eingeschätzt. Damit hinken sie im Marktvergleich zu anderen Rollen im Immobilienbereich hinterher, wie zum Beispiel derjenigen von Planern und Bauunternehmern mit 4.89.

Abbildung 1: DRE-Index nach Rolle des Unternehmens (Digital Real Estate Umfrage 2020 Schweiz und Deutschland, Pom+, 2020)

Das Assetmanagement, welches im Segment Eigentümer und Investoren angesiedelt ist, liegt im Vergleich zur Bewirtschaftung (Propertymanagement) sogar um 0.22 dahinter (Digital Real Estate Index, 2020).

Herausforderung für den Assetmanager

Der Assetmanager ist für den Eigentümer/Investor in der Funktion des Eigentümervertreters eine wichtige Vertrauensperson. Er entwickelt die Assets (direkte Immobilienanlagen) gemäss der festgelegten Strategie (Schätti, 2019). Seine hauptsächlichen Aufgaben sind unter anderem die strategische Objektentwicklung, die Steuerung des Propertymanagements, das Objekt-controlling sowie das Reporting an den Eigentümer/Investor. Eine der zentralsten Schnittstellen stellt diejenige zwischen dem Assetmanagement und dem Propertymanagement dar.

Eine vom RICS (Royal Institution of Chartered Surveyors, britischer Berufsverband von Immobilienfachleuten und Immobiliensachverständigen) durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass die Digitalisierung und die damit verbundene Prozesseffizienz, die IT-System-Kompatibilität und Automatisierung die grösste Herausforderung für den Assetmanager darstellt.

Abbildung 2: Welche aktuellen Herausforderungen bestimmen das Umfeld des Asset Managers (RICS, 2020)

Als weitere Herausforderungen wurden die Komplexität und Vernetzung der unterschiedlichen Fachbereiche genannt. Bei einer anderen Umfrage wurden die Teilnehmer gefragt, welchen Effekt die digitalen Technologien und deren Anwendung erzeugen. Die Resultate sind in der untenstehenden Abbildung zu sehen.

Abbildung 3: Digitale Technologien und Anwendungen führen zu einer… (E+Y, 2020)

Die Befragten waren sich einig: Digitalisierung führt zu einer Generierung von nützlichen Daten und Informationen (98%). Des Weiteren ist unumstritten, dass der digitale Wandel zu einer Optimierung und Automatisierung von Geschäftsprozessen führt (EY Studie, 5 Jahre Digitalisierung, 2020).

Ohne Daten, kein Assetmanagement

Die relevantesten Liegenschaftsdaten und Informationen für Eigentümer und Investoren werden vom Propertymanagement geliefert. Es existieren extrem viele Daten – beispielsweise zu Gebäuden und deren Unterhalt, zu Investitionen, zum ganzen Vermietungsmanagement etc. Das Problem dabei ist, dass diese Daten an verschiedenen Orten abgespeichert sind und in unterschiedlichen Formen geliefert werden. Früher, und teilweise auch noch heute, wurden die Reports in Excel-Listen geführt. Für das Assetmanagement und das Propertymanagement bestehen bereits viele unterschiedliche IT-Systeme und die Möglichkeiten im Zusammenhang mit einem effizienten Datenaustausch sind vielseitig. Aber in den häufigsten Fällen arbeiten beide Akteure auf verschiedenen Softwares. Der Propertymanager muss dem Assetmanager deshalb zur Abstimmung der Daten jeweils die Schnittstellen der einzelnen Systeme mitliefern. Dies führt zu einer gewissen Intransparenz der Daten und einer hohen Fehlerquote (Schätti, 2019).

Ein weiteres Beispiel bezüglich der nicht digitalisierten Datenverwaltung zeigen die Probleme, die den Assetmanager bei der Umsetzung von ESG-Strategien (Environmental, Social, Governance) schon bei der Initialisierung begleiten. Viele Assetmanager stehen nämlich heutzutage vor der Herausforderung, eine konsistente und vollumfängliche Datenerhebung auf Objektebene durchführen zu müssen, da sie die Grundvoraussetzung für eine ESG-konforme Steuerung des Portfolios ist (EY Asset-Management-Studie, 2020).

Die Datenverwaltung, Datenverfügbarkeit und die Verlässlichkeit der Daten sind zentrale Elemente der zukünftigen digitalen Weiterentwicklung. Mit der Anwendung neuer Technologien gibt es Möglichkeiten eines digitalen Datenhaushalts, womit kaufmännische, technische und verbraucherabhängige Daten aus unterschiedlichen Quellen verbunden werden können, was wiederum zu völlig neuen Lösungen an der Immobilie führen wird (RICS, 2020).

Einfluss auf die Geschäftsprozesse

Typische Geschäftsprozesse im Assetmanagement sind der Budget- sowie Bewertungsprozess, die Kontrolle der Marktmiete, Investitionsplanung oder die Businessplanerstellung. Dies sind Prozesse, welche für gewöhnlich wiederkehrend sind. «Digitalisierung heisst eigentlich nichts anderes als Unterstützung der Geschäftsprozesse mit Hilfe von digitalen Werkzeugen – Unterstützung der Geschäftsprozesse mit neuen Softwareplattformen» so die Aussage unseres Interviewpartners Thomas Höhener (CEO der Immopac AG). Bislang waren Prozesse teilweise arbeits- und zeitintensiv und wiesen zudem viele Fehler auf. Die grössten Chancen des digitalen Wandels sieht Herr Höhener bezüglich der Prozesse darin, dass es erstmalig möglich sein wird, Geschäftsprozesse durchgängig, also unternehmensübergreifend, zu unterstützen. Dabei sollte die Unternehmensgrenze zwar eine Rahmenbedingung sein, jedoch kein Hindernis darstellen. Zudem können auch Geschäftsprozesse automatisiert und somit gewisse Arbeitsprozesse beschleunigt werden. Die bestehenden Geschäftsprozesse werden durch die Digitalisierung nicht komplett revolutioniert oder vollständig ersetzt, sie werden weiterentwickelt. Eine Gefahr hierbei besteht vor allem für diejenigen Unternehmen, die bei dieser Dynamik nicht mithalten können (Vornholz, 2019).

Game Changer im Assetmanagement

Die neuartigen Technologien werden zu einer weiteren Professionalisierung beitragen. Wie jedoch festgestellt wurde, muss das Fundament für die Digitalisierung zunächst geschaffen werden. Dies umfasst eine integrierte System- und Datenbankplattform. So könnten beispielsweise die Assetmanager zukünftig auf einem Dashboard eine Übersicht über alle für sie relevanten Daten erhalten. Das Dashboard soll verknüpft sein mit dem Propertymanagement sowie anderen externen Dienstleistern, welche wichtige Daten für das Assetmanagement liefern respektive benötigen (EY Asset Management-Studie, 2020). Die Verfügbarkeit wesentlicher Daten, Statusmeldungen und bereits analysierten Informationen während 24 Stunden und 7 Tage die Woche reduzieren die Aufwendungen des Assetmanagers. Da der Austausch über eine Plattform geschieht, können Reibungsverluste durch Kommunikation und Schnittstellen minimiert werden (Next Generation Real Estate). Durch den digitalen Wandel wird das gesamte Prozessmanagement zielgerichtet weiterentwickelt. Standardprozesse werden automatisiert und für sämtliche Akteure transparenter. Damit kann die Effizienz durchgängig gesteigert werden, was zu einer Kostenoptimierung führt. Ein weiterer Nutzen liegt in neuen Geschäftsmodellen/-prozessen, die zu zusätzlichen Umsatzmöglichkeiten und Steigerung der Rendite führen (Schätti, 2019).

Mehr Zeit für Interaktion

Im Zuge des digitalen Wandels entstehen für den Assetmanager viele Herausforderungen, aber auch Chancen. Daher dürfte die Zukunft fürs Assetmanagement weiterhin spannend bleiben. Trotz aller digitalen Entwicklungen und strategischen Überlegungen in Zukunft bleibt eines sicher: Eine durchgängige Wertschöpfung ist nur durch ein aktives Assetmanagement und einer engen Bindung zwischen Assetmanager und Propertymanager möglich. Zudem werden weitere Themen im Bereich der Nachhaltigkeit (z.B. Implementierung der ESG-Strategie) und die operative Sicherung der Immobilien in Zeiten von COVID-19 gerade erst geschrieben (RICS, 2020).

Abschliessend die Beantwortung der wesentlichen Frage: Ist die Digitalisierung ein Game Changer im Immobilien Assetmanagement? Das zukünftige Jobprofil des Assetmanagers wird sich nicht grundsätzlich ändern. Es wird eine Verschiebung der Schwerpunkte erfolgen: Weniger analysieren aufgrund der Automatisierung, mehr interagieren mit den Stakeholdern, da dies eine Maschine nicht übernehmen kann.

Dieser Beitrag ist während eines Projektes der Studierenden des MAS Immobilienmanagement entstanden.

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Quellenverzeichnis:

Credit Suisse – Die digitale Zukunft hat begonnen; publiziert im Januar 2019; «Die digitale Zukunft hat begonnen.» – Credit Suisse (credit-suisse.com)

Deloitte – Daten sind das neue Gold Immobiliendienstleister 2030; publiziert im Februar 2018; https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/de/Documents/real-estate/Deloitte_Daten%20sind%20das%20neue%20Gold%20-%20Immobiliendienstleistung%202030.pdf.

EY – Real Estate Asset-Management-Studie 2020; publiziert im Mai 2020; https://assets.ey.com/content/dam/ey-sites/ey-com/de_de/news/2020/05/ey-asset-management-2020.pdf?download.

Gündling H. / Schulz-Wulkow Chr. – Next Generation Real Estate; erschienen im Jahr 2018

Kamis A. – Digitalisierung in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft; erschienen im November 2019;

pom+ Businessartikel – Die Digitalisierung von Prozessen als Chance für Asset, Portfolio und Property Manager; publiziert im Jahr 2019; https://www.pom.ch/de/knowledge-pool/die-digitalisierung-von-prozessen-als-chance-fuer-asset-portfolio-und-property-manager/

pom+Consulting AG, Zürich – Digitalisierung der Immobilienwirtschaft – 5. Digital Real Estate Umfrage 2020 Schweiz und Deutschland; publiziert im März 2020;

Prop Tech Switzerland – Welcome to the world of Innovation PropTech Switzerland; publiziert im November 2020; https://www.proptechswitzerland.com/swiss-proptech-map-2019/

PropTech 2020 – The Future of Real Estate; erschienen im Jahr 2020

RICS – Was macht einen guten Asset Manager aus?; publiziert im September 2020; https://www.rics.org/globalassets/was-macht-einen-guten-asset-manager-aus_rics-pgam.pdf

Schätti, I. – Digitales Real Estate Cockpit; publiziert im Jahr 2019

Schmidiger, M. – Digitalisierungsbarometer (Kurzfassung); publiziert im Jahr 2016; https://ppdb.hslu.ch/inf2/rm/f_protected.php?f=20160601164510_574ef4f61d403.pdf&n=Digitalisierungsbaromter-Kurzfassung-A4.pdf

Dr. Staub, P., Stucki, M., Wettstein, A. – Digital Real Estate; erschienen im Jahr 2013

Swiss Life Asset Managers – Insights Real Estate (Ausgabe Oktober 2019); publiziert im Jahr 2019; https://www.swisslife-am.com/content/dam/slam/documents_publications/real-estate-insights/before-2020/SwissLife_Insights_0219_de_CHF_Web.pdf

Vornholz, G. – Digitalisierung der Immobilienwirtschaft; erschienen im Jahr 2019

Zapalski, M. – Digitalisierung der Immobilienwirtschaft – Chancen und Risiken; erschienen im Jahr 2019

ZIA und EY Real Estate – Fünf Jahre Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft; publiziert im Jahr 2020; https://assets.ey.com/content/dam/ey-sites/ey-com/de_de/news/2020/09/ey-zia-digitalisierung-immobilienbranche-2020.pdf

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