21. Juni 2021

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Studentische Beiträge

COVID-19 verändert den Hotelmarkt in ganz Europa

COVID-19 verändert den Hotelmarkt in ganz Europa

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

Die Tourismusbranche gehört zu den Hauptbetroffenen der COVID-19 Pandemie. Für die bis 2019 kontinuierlich wachsende Wirtschaft der Hotellerie hat das Coronavirus schwerwiegende Folgen. Europas Impfstrategie sowie die Sommersaison 2021 geben der Branche jedoch Hoffnung.

Von Charlie Spring und Stefanie Wallner

Europa gilt als eine der meistbesuchten Regionen der Welt. Die Umsatzzahlen der Hotelbetreiber übertrafen in den letzten zehn Jahren jedes Jahr erneut ihre Rekorde. Das belegt der europaweite Beschäftigungsanteil von 5,4% in der Reise- und Tourismusbranche, was einer Erwerbsbevölkerung von rund 12,1 Millionen Menschen entspricht. In den Jahren von 2010 – 2018 verzeichnete die Tourismusbranche in Europa einen starken Nachfrageanstieg von rund 46% auf 710 Millionen Reisende pro Jahr. Analog dazu stiegen die Einnahmen aus dem Tourismussektor. In Zahlen ausgedrückt bedeutet das ein wirtschaftliches Wachstum von 51% (2010-2018), sodass im Jahr 2018 durch den Tourismus 483 Milliarden Euro erwirtschaftet wurden (Catella).

Einfluss von COVID-19 (Coronavirus) auf die Hotellerie

Die am 31.12.2019 erstmals nachgewiesene Lungenkrankheit SARS-CoV-2, besser bekannt als COVID-19, wurde in der europäischen Hotellerie anfangs nicht als Gefahr wahrgenommen. Aufgrund der hohen Infektiosität des Virus sowie der reisefreudigen Weltbevölkerung gelangte das Virus innert kurzer Zeit nach Europa und wurde durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11. März 2020 zu einer weltweiten Pandemie erklärt. Im März 2020 wurden in fast allen Staaten Europas Massnahmen getroffen, um die Infektionen einzudämmen (mdr.de). Die meisten Staaten beschlossen, ihre Grenzen zu schliessen, was die Hotellerie direkt zu spüren bekam. Mittlerweile ist klar: die COVID-19 Pandemie hat einen dramatischen Einfluss auf die Hotellerie in ganz Europa. Der Jahresvergleich von 2019 und 2020 veranschaulicht dies. Der Rooms Revenue per Available Room / Umsatz pro verfügbarem Zimmer (RevPAR) ging während der Monate April und Mai 2020 um bis zu 90% zurück verglichen mit dem Vorjahr (hospitalitynet.org). Im Jahr 2020 belief sich die Anzahl der Übernachtungen in Touristenunterkünften der Europäischen Union auf 1,4 Milliarden, was einem Rückgang von 52% gegenüber 2019 entspricht (Europäische Kommission).

Abbildung 1: Europäischer RevPAR 2019/20; Umsatz pro Zimmer im Jahr 2019 verglichen mit dem Umsatz im Jahr 2020, ausgedrückt in Prozent zum Vorjahr (www.hospitalitynet.org)

Dynamik der Hotellerie während Krisenzeiten

Die COVID-19 Pandemie ist nicht die erste Krise in der Hotellerie, unterscheidet sich aber von den vorherigen Abschwungphasen. Vergleicht man die aktuelle Situation mit Anderen in der Tourismusbranche, wie etwa den Anschlägen vom 11. September 2001 oder der globalen Finanzkrise 2009, ist zu erkennen, dass sich die Performance der Branche nach ca. sechs Jahren wieder auf dem gleichen Niveau befand wie vor diesen Ereignissen. Der Unterschied zu den vorhergehenden Krisen liegt in der Tatsache, dass gesetzliche Präventionsmassnahmen eine Regeneration erschweren. Die geringere Ausnutzung von Flächen, höhere Hygienestandards, strengere Auflagen im Gastronomiebereich gehören zu den Herausforderungen der Hotelbetreiber. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Abstandsregeln unter den Hotelgästen und dem Personal umgesetzt werden. Viele Beherbergungsbetriebe sind einem zunehmenden Druck auf den Cashflow ausgesetzt, da sie ihre Einrichtungen mit erhöhten Betriebskosten für eine reduzierte Gästezahl wiedereröffnen. Um den steigenden Betriebskosten entgegenzuwirken, werden die Personalaufwände niedrig gehalten (hospitalitynet.org).

Hoffnungen der Hotellerie

Bei der Auflistung der Chancen für die Branche ist klar zwischen Privat- und Geschäftsreisen zu unterscheiden. Im privaten Sektor, welcher vom World Travel & Tourism Council (WTTC) mit Sitz im UK beobachtet wird, wird die Hotelbranche von vier Trends angetrieben. Diese vier Trends umfassen: Nachfrageentwicklung, Gesundheit und Hygiene, Innovation und Digitalisierung sowie Nachhaltigkeit (wttc.org).

Bei Privatreisen sind inländische Ferien im Trend um Testungen und/oder Quarantänepflichten bei der Ein- und Ausreise zu umgehen (nzz.ch). Sobald die Landesgrenzen wieder offen sind, steht das Vertrauen in Gesundheits- und Sicherheitsinfrastrukturen an erster Stelle. Somit wird die Wahl des Reiseziels unmittelbar mit einem funktionierenden Gesundheitssystem im Land einhergehen. Das Virus ist ein Katalysator für das Streben des Reise- und Tourismussektors nach Innovationen und Integration neuer Technologien.

COVID-19 zeigt, dass in der Geschäftswelt viele Arbeitsprozesse, welche bis anhin physisch von statten gingen, auch online umsetzbar sind. Videokonferenzen erfuhren während der Pandemie einen starken Zuwachs an Nutzern. Am Beispiel von «Zoom» repräsentiert sich der Nachfragezuwachs. Einst hauptsächlich auf Business-Anwender ausgerichtet, wuchs Zoom von rund 10 Millionen täglichen Meeting-Teilnehmenden im Dezember 2019 auf 300 Millionen im März 2020 (pcwelt.de). Ob sich Geschäftsreisen nach der COVID-19 Krise wieder erholen werden, wird die Zukunft zeigen. Fakt ist, viele Unternehmen haben den Nutzen und die Vorteile der Technik als ihre Chance zur Optimierung der Arbeitsprozesse erkannt. Die Aufschlüsse über das aktuelle Reiseverhalten lassen den Transaktionsmarkt nicht unberührt (tophotel.de).

Veränderung des Investorenmarkts durch COVID-19

Dass die Assetklasse Hotel unter COVID-19 leidet, blieb bei den Investoren nicht unbemerkt. Dies führt dazu, dass das Transaktionsvolumen in Deutschland von knapp 2,2 Mrd. Euro das schwächste Resultat seit sieben Jahren ist. Vergleicht man es mit 2019, steht ein Rückgang von 57% zu Buche und im 10-Jahres-Durchschnitt (3,2 Mrd. Euro) fehlt ein knappes Drittel. 50% des Gesamtumsatzes im Transaktionsmarkt wurden im ersten Quartal 2020 erzielt und das normalerweise starke vierte Quartal blieb mit rund 416 Mio. Euro weit hinter seinen Vorjahreswerten (realestate.bnpparibas.de).

Die klassischen «Fire Sales», Verkäufe zu extrem reduzierten Preisen, sind aufgrund der aktuellen Lage eher die Ausnahme. Hotelinvestoren üben sich in Zurückhaltung und greifen überwiegend zu Kaufobjekten mit geringem Risiko, welche als Core- und Core-Plus-Investition bezeichnet werden. Mit einem Volumen von über 1,1 Milliarden € bzw. einem Marktanteil von 58% wurde die Anlageklasse Core 2020 am häufigsten gehandelt und ist damit, wenig überraschend, die bei Investoren beliebteste Risikoklasse. Im Vergleich zum Jahr 2019 bedeutet dies einen Rückgang von 9%. Core-Plus war mit 32% die zweitbeliebteste Risikoklasse 2020. Hier wurde bei einem Marktanteil von 5% eine Steigerung auf aktuell 32% verzeichnet. Risikoreiche Transaktionen, sogenannte Value-Add- oder Opportunistic-Investments, gab es nur vereinzelt. Ihr Anteil am Transaktionsvolumen liegt dementsprechend bei knapp 6%. Die begehrten Core-Produkte sind derzeit kaum verfügbar. Core-Plus-Objekte sind für Investoren in der aktuellen Marktsituation, deutlich riskanter, da hierfür ein gutes Marktverständnis erforderlich ist. Value-Add-Produkte sind spärlich vorhanden, da sie im Vorfeld vielfach zu Core- oder Core-Plus-Liegenschaften entwickelt werden. Umnutzungen und Umwandlungen können als Chance gesehen werden, wenn im Planungsprozess bereits eine höhere Diversität angestrebt wurde. Bei älteren Bestandsliegenschaften ist jedoch die Kosten-Nutzungs-Rechnung genau zu betrachten (fondsforum.de).

Die deutschen A-Standorte verfehlten ihre Werte 2019 um 60% bei einem Investitionsvolumen von 1,3 Mrd. Euro. Die Absatzzahlen sind vor allem auf das verhaltene Schlussquartal zurückzuführen. Das Investoreninteresse an B- und C-Standorten ist, gemessen am Marktanteil, jedoch gestiegen. In den letzten 10 Jahren lag dieser bei B-, und C-Standorten zwischen 20% – 30%; im Jahr 2020 bei 40%.

Verglichen mit dem langjährigen Schnitt von 38% haben 2020 am Markt grossvolumige Transaktionen (>100 Mio. Euro) um 13% abgenommen. Entsprechend sank das durchschnittliche Transaktionsvolumen von 44 auf knapp 27 Mio. Euro pro Übernahme. Auffällig hingegen ist die Zunahme der «Low-Budget»-Transaktionen bis 10 Mio. Euro. Mit einem Transaktionsvolumen von insgesamt 166 Mio. Euro steigerten sie ihr Ergebnis nicht nur in absoluten Zahlen, sondern auch prozentual.

An der Investitionsspitze sind Immobilien AGs / Real-Estate-Investment-Trust (REIT) und Spezialfonds zu nennen, welche mit 22 bzw. 21% des Umsatzanteils vor den Investment- und Asset-Managern mit rund 11% liegen. Weiter sind Privatanleger, Versicherungen und Projektentwickler vertreten. Im ersten Quartal 2020 gab es vereinzelte Portfoliotransaktionen, diese wurden zu Jahresende hin durch Einzeldeals ersetzt.

Der Marktanteil internationaler Investoren, welcher bereits seit Jahren rückläufig ist und im Jahr 2020 bei 44% lag, zeigte eine grenzüberschreitende Zurückhaltung und führte zum geringsten Wert seit 2009; vgl. 2019: 52%.

Grundsätzlich sind Investoren vorsichtiger geworden. 2020 wurden ca. 26% der Transaktionen als Forward Deal abgeschlossen, das ist ein moderater Rückgang verglichen mit dem Jahr 2019, als ca. 30% registriert wurden (tageskarte.io). Der Forward Deal unterscheidet sich vom Erwerb einer Bestandsimmobilie einerseits dadurch, dass neben dem Grundstückserwerb auch die Baumassnahme und gegebenenfalls die Vermietung geregelt werden müssen. Andererseits ist aber auch der Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Zahlung des Kaufpreises mit Lasten-Nutzenwechsel erheblich länger. Die Verträge über Forward Deals sind entsprechend komplex und erfordern eine sorgfältige Ausarbeitung (immobilienmanager.de).

Impfstrategie belebt die Assetklasse

COVID-19 führt dazu, dass viele Hotels am Markt wieder zum Verkauf stehen werden. Die daraus resultierenden Opportunitäten werden den Assetmarkt beleben. Insbesondere in den A-Städten sind die Auslastungsquoten mangels Städtetouristen und Geschäftsreisender niedrig. Aufgrund der anhaltenden Unsicherheit bezüglich des weiteren Verlaufs der COVID-19 Krise blieben viele Investoren zum Jahresauftakt an der Seitenlinie, beobachten die Entwicklung aber wieder deutlich intensiver.

«Eine belastbare Prognose für das Investitionsvolumen am Hotelimmobilienmarkt 2021 ist aktuell aufgrund der pandemiebedingten Unsicherheiten nicht möglich»

Olivia Kaussen, CBRE GmbH, Head of Hotels Germany

Wenn im Jahresverlauf aufgrund von Fortschritten bei den Massnahmen gegen die Pandemie, allen voran die voranschreitende Impfkampagne, Reisen wieder verstärkt möglich werden, dürfte sich auch der Hotelinvestmentmarkt langsam wieder erholen – das Vorkrisenniveau wird jedoch vorerst vermutlich nicht erreicht werden, denn aufgrund der durch die Krise geschwächten Bonitäten vieler Pächter werden sich manche Investoren vorerst zurückhalten (cbre.de).

Die Immobilienberater von Colliers International sehen das ähnlich. «Im Angesicht der anhaltenden Pandemie und den in Kraft bleibenden Infektionsschutzmassnahmen zeichnet sich schon jetzt ein schwieriges Jahr 2021 für die Hotellerie ab» teilt das Unternehmen mit. Besonders Konferenzhotels würden leiden, während Urlaubshotels ausserhalb der Ballungszentren auf ein solides Geschäft im Sommer hoffen können (tophotel.de).

Die Hotellerie muss ihre Konzepte teilweise überdenken. Der gewohnte Erfolg lässt sich nur erzielen, wenn auf aktuelle Trends am Markt eingegangen wird. Somit stehen traditionelle Beherbergungsbetriebe stehen im Konflikt mit zukunftsorientierten Marketingkonzepten; Messe- und Seminarhotels sind unter Zugzwang. Eine Aufgabe wird es sein, sich am Markt neu zu positionieren und die bestehenden Konzepte zu verbessern.

Mit anziehender Impfquote erscheint eine deutliche Erholung der weltweiten Reisemärkte im zweiten Halbjahr nicht unwahrscheinlich, was für Betreiber und Investoren wieder freundlichere Perspektiven eröffnen würde. Im Zuge dessen könnten zurückgestellte Investmentprozesse zum Abschluss gebracht werden, was sich in deutlich höheren Investmentumsätzen niederschlagen würde (bnpparibas.de).

Dieser Beitrag ist während eines Projektes der Studierenden des MAS Immobilienmanagement entstanden.

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Quellenverzeichnis

Catella. Von https://www.catella.com/globalassets/global/mix-germany-corporate-finance/201912_mt_hotel_nov19_final.pdf abgerufen

ec.europa.eu. Von https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/products-eurostat-news/-/ddn-20210315-2 abgerufen

fondsforum.de. Von https://fondsforum.de/fileadmin/events/hoteleturn/2020/downloads/HR20_Leaflet.pdf abgerufen

maz-online.de. Von https://www.maz-online.de/Brandenburg/Brandenburger-Hotels-waehrend-des-Lockdowns-Die-grosse-Leere abgerufen

news.cbre.de. Von https://news.cbre.de/pandemie-schickte-den-hotelinvestmentmarkt-deutschland-2020-in-die-quarantaene/ abgerufen

wttc.org. Von https://wttc.org/Research/Economic-Impact abgerufen

www.destatis.de. Von https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Verkehr/flugpassagiere.html abgerufen

www.hospitalitynet.org. Von https://www.hospitalitynet.org/opinion/4100783.html abgerufen

www.immobilienmanager.de. https://www.immobilienmanager.de/forward-deals-das-sollten-sie-wissen/150/41384/#:~:text=F%C3%BCr%20den%20Verk%C3%A4ufer%20bietet%20der,Risiken%20der%20Projektentwicklung%20zu%20beteiligen.

www.mdr.de. Von https://www.mdr.de/nachrichten/jahresrueckblick/corona-chronik-chronologie-coronavirus-102.html abgerufen

www.mrp-hotels.com. Von https://www.mrp-hotels.com/de/covid-19/ abgerufen

www.nzz.ch. Von https://www.nzz.ch/international/ferien-und-corona-die-beliebtesten-laender-der-schweizer-im-check-ld.1558269#subtitle-15-liste-aller-risikol-nder-second abgerufen

www.pcwelt.de. Von https://www.pcwelt.de/international/Zoom-So-umgehen-Sie-das-40-Minuten-Zeitlimit-10788976.html#:~:text=Videokonferenzen%20sind%20w%C3%A4hrend%20der%20Pandemie,sp%C3%A4ter%20bei%20unserem%20ersten%20Lockdown abgerufen

www.realestate.bnpparibas.de. Von https://www.realestate.bnpparibas.de/sites/default/files/document/2021-04/bnppre-hotelimmobilien-investmentmarkt-deutschland-2021q1.pdf abgerufen

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www.tophotel.de. Von https://www.tophotel.de/marktzahlen-fuer-2020hotelinvestments-brechen-um-fast-60-%-ein-78130/ abgerufen

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