1. Mai 2023

Studentische Beiträge

Energiekrise: Die Digitalisierung im Facility Management als Krisenlöserin

Energiekrise: Die Digitalisierung im Facility Management als Krisenlöserin

Studentischer Beitrag aus dem MAS Immobilienmanagement

In Zeiten von Energiekrisen, steigenden Energiekosten und zunehmenden Umweltbelastungen gewinnt das Thema Energieeffizienz in der Immobilienbranche an Bedeutung. Dabei spielen digitale Technologien und Prozesse eine immer wichtigere Rolle, um den Energieverbrauch zu senken und damit Kosten zu sparen sowie die Umwelt zu schonen.

Ein Artikel von Angela Imhof und Moreno Hirt

Um mit der Digitalisierung Energie zu sparen, braucht es viel graue Energie.

Im Bereich der Digitalisierung gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Energie zu sparen und Prozesse zu optimieren. Einige der wichtigsten Technologien sind beispielsweise moderne Datenübermittlungssysteme wie LoRaWAN (Funktechnologie, welche kleine Datenmengen über größere Reichweiten übertragen können), Robotik, Künstliche Intelligenz, Big Data und Raumsensorik (linemetrics, 2022). Diese Technologien können eine erhebliche Verbesserung der Energieeffizienz und der Betriebssicherheit bringen, indem sie eine intelligente Steuerung der Anlagen und Prozesse ermöglichen. Dies klingt alles traumhaft, jedoch wird bei der Beschaffung solcher digitalen Lösungen der Kehrseite zu wenig Beachtung geschenkt. Die Implementierung solcher Systeme wie Smart Building- und IoT-Technologien sowie Energiemanagementsystemen benötigen enorme Ressourcen. Zudem erfordert die Herstellung von Sensoren und anderen Komponenten eine große Menge an Energie und Rohstoffen, was zu einer hohen Umweltbelastung führt (Zenner, 2022).

Durch Sensorik Energie sparen

Ein wichtiger Aspekt der Digitalisierung im Facility Management ist die Implementierung von Smart Building und IoT-Technologien. Durch diese Technologien können Gebäude und deren Energieverbräuche besser kontrolliert und optimiert werden. Hierfür werden Sensoren in den Gebäuden platziert, die Daten zum Energieverbrauch, zur Temperatur und zur Luftfeuchtigkeit sammeln und diese an eine zentrale Steuerungseinheit weiterleiten. Diese Daten können dann genutzt werden, um das Heiz- und Kühlsystem sowie die Beleuchtung und Elektrizität zu steuern. Durch die zentralisierte Steuerung kann ein unnötiger Energieverbrauch vermieden und Energiekosten können eingespart werden (Zenner, 2022).
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Implementierung von Energiemanagement-Systemen (EMS). Diese Systeme sammeln Daten zum Energieverbrauch und analysieren sie, um Optimierungspotenziale zu erkennen. Basierend auf diesen Daten können dann gezielte Maßnahmen umgesetzt werden, um den Energieverbrauch zu reduzieren. So können beispielsweise automatisierte Heizungs- und Klimaanlagen dazu beitragen, den Energieverbrauch, um bis zu 30 Prozent zu senken. Durch die Implementierung von EMS können Unternehmen nicht nur Energiekosten sparen, sondern auch ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen (Steiger, et al., 2019).

Abbildung 1: Eigene Darstellung, Präsenzmeldesystems bei der Beleuchtung von Arbeitsplätzen

Die Beleuchtung ist in jedem Gebäude ein wichtiger Aspekt mit viel Potenzial, Energie zu sparen. Durch die Implementierung von energieeffizienten Beleuchtungssystemen können Unternehmen bis zu 80% ihrer Beleuchtungskosten einsparen. LED-Beleuchtungssysteme sind hier eine gute Wahl, da sie weniger Energie verbrauchen als herkömmliche Beleuchtungssysteme und länger halten. Wie Abbildung 1 zeigt, können Beleuchtungssysteme auch mit Sensoren ausgestattet werden, um den Energieverbrauch weiter zu reduzieren, indem sie zum Beispiel die Lichter automatisch ausschalten, wenn niemand im Raum/Bereich ist (Steiger, et al., 2019).

Keine Feuerwehrübungen mehr

Die Technologien wie Predictive Maintenance, Smart Metering und Künstliche Intelligenz bieten grosse Möglichkeiten, um die Bewirtschaftung von Immobilien zu optimieren. Die Überwachung und Optimierung des Energieverbrauchs von Gebäuden und die Verlängerung der Lebensdauer von Haustechniksystemen können die Betriebskosten von Gebäuden senken und gleichzeitig die Umweltbelastung reduzieren. Die Analyse von Daten und die Vorhersage von Problemen ermöglichen eine frühzeitige Planung der Wartungsarbeiten und können dazu beitragen, Schnellschüsse (Feuerwehreinsätze) zu vermieden (Bertschek, et al., 2020).

Predictive Maintenance, zu Deutsch «vorausschauende Wartung», ist eine Technologie, die dazu dient, den Zustand von Maschinen und Geräten vorherzusagen, um Wartungsarbeiten vor einer Störung oder einem Ausfall rechtzeitig durchführen zu können. Predictive Maintenance kann zudem eingesetzt werden, um die Lebensdauer der Haustechnik zu verlängern. Durch die Überwachung des Zustandes dieser Geräte können die Wartungsarbeiten frühzeitig geplant und durchgeführt werden. Dies führt zu einer Reduktion der Ausfälle und der Instandhaltungskosten (tibco, 2022).

Smart Metering ist eine Technologie, die dazu dient, den Energieverbrauch von Gebäuden zu messen und zu überwachen. Mit Hilfe von Smart Metern können Energieversorger den Energieverbrauch von Gebäuden in Echtzeit messen und den Verbrauchern eine genaue Abrechnung erstellen. In der Bewirtschaftung von Immobilien können Smart-Metering-Systeme auch zur Überwachung und Optimierung des Energieverbrauchs eingesetzt werden. Gebäudeeigentümer und -manager können den Energieverbrauch von Gebäuden in Echtzeit überwachen und optimieren, um Energiekosten zu senken und somit die Umweltbelastung zu reduzieren (Carabias-Hütter & Musiolik, 2019).

Künstliche Intelligenz (KI) kann in der technischen und kaufmännischen Bewirtschaftung von Immobilien eingesetzt werden, um den Betrieb von Gebäuden zu optimieren. Sie kann auch Daten aus Smart-Metering-Systemen und Predictive Maintenance-Systemen analysieren und daraus Vorhersagen zu treffen. Auf Grundlage dieser Vorhersagen können Massnahmen ergriffen werden, um den Energieverbrauch zu senken und die Wartung von der Haustechnik zu optimieren. KI kann auch zur Überwachung von Gebäudesicherheitssystemen und zur Analyse von Nutzerdaten eingesetzt werden, um die Benutzerfreundlichkeit von Gebäuden zu verbessern (AITJ, 2023).

Die Schattenseiten der Digitalisierung

Die innovativen und zukunftsgerichteten Lösungen der Digitalisierung haben auch ihre Schattenseiten. Die Digitalisierung trägt dabei zur globalen Klima- und Umweltbelastung bei, da digitale Technologien und dadurch benötigte Daten- und Rechenzentren große Mengen an Energie verbrauchen. Je mehr Sensoren zur Datenerhebung eingesetzt werden, desto höher werden die Rechenleistung und somit auch der Energieverbrauch (Bertschek, et al., 2020).

Lange stand die Erwartung im Raum, dass mit dem Einbau von Smart Metern als Nebeneffekt Energieeinsparungen beim Stromverbrauch erreicht werden können. Die Auswertungen aus empirischen Forschungen zeigen ein anderes Bild. In einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung wurden Datensätze aus über 1‘600 Haushalten auf ihren Stromverbrauch nach dem Einbau eines Smart Meter untersucht. Wie Abbildung 2 zeigt, ändert sich bei einem Drittel der Haushalte fast nichts. Für die anderen Haushalte ergibt sich eine gleichmässige Verteilung zwischen Stromeinsparung und Mehrverbrauch (Aretz & Ouanes, 2023).

Abbildung 2: Einsparung bzw. Mehrverbrauch von Haushalten abhängig vom Zeitabstand nach Smart-Meter-Einbau (Aretz & Ouanes, 2023)

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei digitalen Lösungen ist der Datenschutz. Bei der digitalen Erfassung von Energieverbräuchen, Bewegungsmeldern und sonstigen Sensoren können eine Vielzahl von Daten erhoben werden, die Rückschlüsse auf das Verhalten und die Gewohnheiten der Bewohnenden und Nutzenden der Immobilie aufzeigen. Doch wer hat Zugriff auf diese Daten? Wie werden diese verwendet und wo werden diese Daten gespeichert und aufbewahrt? Die Datenschutzgesetze sind ein komplexes Thema und erfordern ein tiefes Verständnis von rechtlichen Bestimmungen und technischen Aspekten. Unternehmen, die sich nicht an diese Bestimmungen halten, setzen sich hohen Risiken aus, einschließlich Bussgeldern und Reputationsverlusten. Daher ist es wichtig sicherzustellen, dass dieses Thema sorgfältig und exakt behandelt wird inkl. Einbezug des Rechtsdienstes (Staub, 2016).

Die Digitalisierung bringt aber auch das Risiko der Cyberangriffe mit sich. Es ist wichtig, bei einem hohen Digitalisierungsgrad der Geschäftsprozesse jeweils redundante Systeme aufzubauen und dafür Sorge zu tragen, dass bei Angriffen von aussen, die für die Existenz wichtigen Geschäftsprozesse weiterhin funktionieren und im Notfall auf Ersatzlösungen umgestellt werden muss. Kann dies nicht gewährleistet werden, ist im schlimmsten Fall das ganze Unternehmen existenziell bedroht (Staub, 2016).

Abbildung 3: Eigene Darstellung, welche beispielhaft aufzeigt, dass mögliche Energiesparpotenziale durch digitale Technologien über den ganzen Lebenszyklus geprüft werden müssen.

Ein weiterer Punkt, der kritisch betrachtet werden muss, ist die Frage der Nachhaltigkeit. Wie Abbildung 3 zeigt, benötigt jedes Produkt von der Materialgewinnung des Produkts bis zum Ende der Lebensdauer Energie. Beim Einsatz von energiesparenden Produkten muss dabei geachtet werden, dass der gesamthafte Energieverbrauch eines Produktes über den ganzen Lebenszyklus betrachtet werden muss. Sollte ein Produkt mehr Energie (Graue Energie, Bewirtschaftungs- und Entsorgungsenergie) in seiner gesamten Lebensdauer benötigen, als es am Schluss an Energie einspart, so führt dies zu einer höheren Umweltbelastung und den positiven Effekt der Energiesparmaßnahmen wird zunichtegemacht (Bertschek, et al., 2020). Dabei ist zu erwähnen, dass die Einführung von Digitalisierungstechnologien in der Immobilienbranche oft mit hohen Bewirtschaftungsaufwänden verbunden ist. Die Systeme müssen über den gesamten Lebenszyklus der Gebäude gewartet und angepasst werden, was zusätzliche Kosten verursacht (Bertschek, et al., 2020).

Die Hürden der Digitalisierung in der Immobilienbranche

Mit der Einführung von neuen Technologien kommt es zu Veränderungen von Berufsbildern, neuen Prozessen und Arbeitsweisen. Jede Veränderung bietet Chancen auf Erneuerung und Verbesserungen, jedoch können Veränderungen auch einen negativen Einfluss auf bestehende Unternehmensprozesse darstellen oder ganze Berufsfelder durch digitale Technologien obsolet machen (Bertschek, et al., 2020).

Abbildung 4: Eigene Darstellung, Arbeitsplatz wird durch die Digitalisierung ersetzt

Der Einsatz von digitalen Technologien und Prozessen kann dazu führen, dass Arbeitsplätze wegfallen und die menschliche Arbeitskraft durch Maschinen ersetzt wird. Es ist daher wichtig, dass bei der Implementierung solcher Maßnahmen auch die Auswirkungen auf die Arbeitswelt berücksichtigt werden und dass die Arbeitskräfte, die von dieser Veränderung betroffen sind, auf andere Tätigkeiten umgeschult werden (Bertschek, et al., 2020).

Dabei muss beachtet werden, dass nicht alle Immobilien gleichzeitig von der Digitalisierung profitieren können. Vor allem ältere Gebäude können möglicherweise nicht mit allen notwendigen Technologien ausgestattet werden und benötigen eine umfassende Modernisierung, was wiederum hohe Kosten verursachen kann (Bertschek, et al., 2020).

Ist die Digitalisierung die Lösung in der Energiekrise?

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Digitalisierung im Facility Management und in der Immobilienbranche unbestritten ein großes Potenzial bietet, um Energieeinsparungen und Kosteneffizienz zu fördern, aber auch kritisch betrachtet werden muss. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Vorteile die negativen Auswirkungen überwiegen, den kompletten energetischen Lebenszyklus betrachten und dass alle Datenschutz- und Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden. Zudem sollte auch das Alter des Gebäudes berücksichtigt werden und die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze im Bereich des Facility Managements sollten sorgfältig geprüft werden.

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