20. April 2014
Die Schweizer Immobilienpreise kannten die letzten fast zwanzig Jahre nur eine Richtung: nach oben. Die Angst vor einer Überhitzung auf dem Wohnimmobilienmarkt hat in den letzten Jahren zu verschiedenen Massnahmen geführt. So müssen Immobilienkäufer seit letztem Jahr 10% des Kaufpreises in Barmitteln einbringen und die Verschuldung innerhalb von 20 Jahren auf 67% amortisieren. Banken müssen ihre Hypothekarausleihungen mit mehr Eigenkapital hinterlegen.
Nachdem die Hypothekarausleihungen mittlerweile fast 150% des Bruttoinlandsproduktes erreicht haben, ist die Finanzmarktaufsicht (FINMA) alarmiert und erwägt zusätzliche, einschneidende Massnahmen: In Tiefzinsphasen wie heute sollen Hypothekarschuldner in Zukunft nicht mehr den aktuellen Zins zahlen, sondern die von den Banken zur Tragbarkeitsberechnung verwendeten rund 5%. Die Differenz zum effektiven Marktzins soll zur Amortisation eingesetzt werden. Davon betroffen wären all jene, die ein Eigenheim kaufen oder eine Hypothek erneuern, deren Belehnung über 67% liegt.
Sind überhaupt weitere Regulierungen notwendig?
Der Preisanstieg auf dem Immobilienmarkt hat sich abgeschwächt, vermehrt sind auch Gegenden mit sinkenden Preisen zu beobachten. Selbst in Zürich sind die Preise im letzten Quartal gemäss ZKB nur noch um 0.3% gestiegen. Die bisher getroffenen Massnahmen haben ihr Ziel offensichtlich zumindest teilweise erreicht. Kommt dazu, dass mit der durch die Einwanderungs-Initiative ausgelösten Unsicherheit und der Aussicht auf eine verminderte künftige Zuwanderung die Preise weiter unter Druck kommen könnten. Von Maklern ist der Hinweis auf eine gewisse Kaufzurückhaltung zu hören. Wenn man bedenkt, dass viele Massnahmen Zeit brauchen, um in den Statistiken aufzutauchen, scheint es, dass sich die Situation aufgrund all dieser Faktoren beruhigt und tatsächlich eine sanfte Landung möglich ist.
Was lösen die geplanten Massnahmen aus?
Für Eigenheimkäufer und Haushalte, die ihre Hypothek erneuern müssen, steigen die Gesamtkosten im Vergleich zur heutigen Regelung um mindestens 30%. In Extremfällen können sie sich auch verdoppeln. Neukäufer würden damit beim Kauf wesentlich zurückhaltender, bestehende Eigentümer, die ihre Finanzierung verlängern müssen, könnten sich diese Zwangsamortisation teilweise nicht leisten und unter Umständen sogar gezwungen werden, ihre Objekte zu verkaufen.
Gesamtschweizerisch würden die Haushalte mit rund 500 Mio. Franken mehr belastet. Einsparungen beim Konsum wären die logische Folge, was sich negativ auf den Gang der Wirtschaft auswirken würde.
Wie vielerorts ist auch beim Hauskauf viel Psychologie im Spiel. Für das Handeln der Akteure ist nicht nur relevant, was tatsächlich passiert, sondern, welche Erwartungen, Hoffnungen und Ängste dadurch ausgelöst werden. Die erste Reaktion bei einem externen Schock ist häufig, den Kaufentscheid vorerst aufzuschieben. Wie schon bei der Lehman-Pleite und der Griechenlandkrise, könnten auch die ins Auge gefassten Massnahmen der FINMA einen veritablen Käuferstreik nach sich ziehen. Während sich die Nachfrage nach den beiden anderen Schocks nach einigen Monaten wieder normalisierte, wird hier eine Situation heraufbeschworen, die von Dauer ist.
Vielerorts wird bereits jetzt das Platzen einer potentiellen Blase befürchtet. Aufgrund der getroffenen Massnahmen und der politischen Unsicherheiten durch Zuwanderungsinitiative und des Steuerstreit ist der Markt bereits in einer Abkühlungsphase. Damit könnte das der sprichwörtliche Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.
Wenn zu viele Leute glauben, dass die Preise nun sinken werden schieben sie ihre Kaufabsichten auf. Gleichzeitig kommen durch die momentane hohe Neubautätigkeit laufend neue Objekte auf den Markt. Dieses Gemisch könnte die Initialzündung zu dem Preissturz werden, der eigentlich verhindert werden sollte. Die FINMA bewegt sich mit der Massnahme, sollte sie sie denn einführen, auf einem sehr schmalen Grat. Die Absturzgefahr ist hoch.
Was könnte stattdessen getan werden?
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, wenn Haushalte erstens nicht ihre gesamte Pensionskasse plündern um Wohneigentum zu erwerben und zweitens die Hypothekarschulden im Verlauf der Zeit wieder abbauen. Ersteres wurde mit den bisher getroffenen Massnahmen wesentlich verbessert, zweiteres ist ein grundsätzliches Problem unseres Steuersystemes, das Hypothekarschulden steuerlich stark begünstigt. Richtigerweise würde es gelöst, indem die Besteuerung des Eigenmietwertes abgeschafft und gleichzeitig die steuerliche Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen aufgehoben würde.
Nachdem sich die Marktentwicklung zur Zeit offensichtlich beruhigt, wäre es angebracht, mit weiteren Massnahmen zuzuwarten. Sollten sich die positiven Zeichen fortsetzen, löst sich das Problem von selbst. Sollte es so sein, dass die Banken ihre Vorgaben zur Hypothekarvergabe nicht ernst genug nehmen, ist dort anzusetzen.
(Dieser Artikel erschien am 19.4.2014 als Kolumne in der Neuen Luzerner Zeitung)
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Kommentare
1 Kommentare
Beruhigungsmittel oder Brandbeschleuniger f&uum...
3. Mai 2014
[…] Die Schweizer Immobilienpreise kannten die letzten fast zwanzig Jahre nur eine Richtung: nach oben. Die Angst vor einer Überhitzung auf dem Wohnimmobilienmarkt hat in den letzten Jahren zu verschiedenen Massnahmen geführt. […]
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