6. Mai 2012
Die Bautätigkeit ist auf einem Rekordstand. Jährlich werden 40-45’000 Wohnungen fertiggestellt. Im heutigen, durch Angebotsknappheit geprägten Umfeld werden auch alle davon mehr oder weniger problemlos vermietet oder verkauft.
Wer als Wohnungssuchender die Angebote anschaut und vergleicht, merkt, dass sie sich sehr ähneln. Zwar haben sie unterschiedliche, mehr oder weniger farbenprächtige Logos und phantasievolle Namen, andere Standorte und vor allem unterschiedlich hohe Preisschilder. Wer aber die einzelnen Wohnungsgrundrisse anschaut erkennt sehr Bekanntes: 3.5, 4.5 und 5.5 Zimmer Wohnungen, wie sie schon unsere Eltern kannten: Wohnzimmer, Elternschlafzimmer und einige Kinderzimmer. Alle Zimmer haben ein paar Quadratmeter mehr Raum gewonnen, aber grundsätzlich hat sich nichts geändert.
In der Stadt Zürich lebten im Jahr 2000 nur noch 16% der Bevölkerung in sog. „familienähnlichen“ Haushalten mit 2 erwachsenen Personen (Geschlecht und Zivilstand unerheblich) und 1 oder mehreren Kindern. Weitere 4 % der Haushalte bestanden aus Einelternfamilien. Rund 51% waren Einpersonenhaushalte, 23% bestanden aus Paaren ohne Kindern. Der Anteil der klassischen Familienstrukturen (Paare mit Kindern) an den Haushalten der Stadt Zürich hat sich innert 30 Jahren praktisch halbiert. Haushalte mit Kindern machen nur noch rund einen Fünftel aus.
Zürich mag als urbaner Schmelztiegel der Schweiz ein extremes Beispiel sein, aber ähnliche Entwicklungen sind in vielen Städten und etwas abgeschwächt auch auf dem Land zu beobachten. Auch die Stadt Luzern hat bereits rund 50% Singlehaushalte. Die heutigen flexiblen Lebensläufe führen dazu, dass einzelne Personen, bzw. Haushalte öfter und flexibler als früher zwischen den verschiedenen Mustern wechseln. Die Lebensentwürfe und Wohnformen werden immer individueller. Die Wohnung ist auch ein Ausdruck der Persönlichkeit und des Lifestyles und soll die eigene Einzigartigkeit ausdrücken.
Nach wie vor werden jedoch vielerorts die bekannten Grundrisse reproduziert. Nur wenige nehmen den Aufwand auf sich die Zürcher Architekten Geschwentner/Gmür, die in der Überbauung „James“für total 280 Wohnungen über 40 unterschiedliche Grundrisse entworfen haben. Entstanden sind interessante, teilweise unkonventionelle, flexibel nutzbare Wohnungen, die in der Lage sind, ein breites Publikum anzusprechen und für eine gute Durchmischung der Mieter sorgen. Auch wenn sich die Bewohnerstruktur im Quartier im Verlauf der Zeit ändert, dürfte damit die langfristige Vermietbarkeit und somit der Werterhalt für den Investor gesichert sein.
Zur Zeit werden viele 30-40 Jährige Mehrfamilienhäuser abgerissen und neu gebaut, nicht nur weil sie energetisch problematisch sind, sondern vor allem auch, weil sich die Grundrisse beim besten Willen nicht mehr an die heutigen Bedürfnisse anpassen lassen.
Weil wir trotz aller Prognosen nicht so klar voraussagen können, wie sich die Wohnpräferenzen in den nächsten Jahren entwickeln werden, ist vor allem Flexibilität gefragt. Flexibel – und damit nachhaltig – konzipierte Gebäude sind in der Lage, auf veränderte Anforderungen zu reagieren. Wenn sich Einflussfaktoren wie Nutzer, Betreiber, Umgebung, politische Rahmenbedingungen verändern, muss das Gebäude sich anpassen können. Mit der heute gebräuchlichen starren Bauweise im Wohnungsbau ist das jedoch nur sehr bedingt möglich. Bürohäuser werden schon länger so gebaut, dass die Einteilung und Einrichtung eines Geschosses völlig frei vorgenommen werden können. Erschliessungskanäle und Installationen werden unabhängig von der Tragstruktur installiert. Damit kann bei Bedarf eine ganze Etage ausgeräumt und völlig neu konzipiert werden. Umgesetzt auf den Wohnbau würde das bedeuten, dass der einzelne (Stockwerk)Eigentümer die Raumaufteilung innerhalb seiner Wohnung frei definieren und mit wenig Aufwand ändern könnte. Bei Mietwohnungen könnte sogar ein völlig neuer Wohnungsmix erstellt werden. Auf technische Änderungen, kann mit den heute immer noch verbreiteten Unterputzinstallationen schwer reagiert werden.
Der Wandel beginnt im Kopf. In diesem Fall im Kopf der Architekten und Planer, aber auch der Bauherren, die nachhaltigere und flexiblere Bauweisen einfordern müssen. Zum Glück werden sich vor allem grössere institutionelle Investoren der Thematik bewusst und fordern die Planer heraus. Methoden zu flexiblerer, nachhaltigerer Bauweise wären vorhanden. Jetzt müssen Sie nur noch angewendet werden.
(Kolumne in der NeuenLuzernerZeitung am Sonntag vom 6.5.2012)
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