26. Juni 2023
Die Schweiz hat sich verpflichtet, ihre -Emissionen zwischen 1990 und 2030 um 50% zu reduzieren. Die abgeleiteten Anforderungen an die Anleger und die regulatorischen Vorschriften resultieren in einer steigenden Bedeutung von nachhaltigen Investitionen in Immobilien. Dabei existieren zahlreiche Zertifizierungen und Labels mit unterschiedlichen Schwerpunkten, Ansätzen und Zielsetzungen.
Prof. Dr. Michael Trübestein, Studiengangleiter MScRE und Präsident RICS Schweiz, diskutierte am 21. Juni 2023 anlässlich des HSLU-RICS Webinars mit verschiedenen Branchenexperten diverse Fragestellungen zu diesem Bereich. Dass es sich dabei um ein hot-topic in der Immobilienwirtschaft handelt, konnte man an der Teilnehmerzahl von 550 Teilnehmern ableiten. Folgende Fragestellungen wurden am Webinar aktiv mit den Experten und Teilnehmern diskutiert:
Nachhaltigkeit ist in der heutigen Zeit ein unverzichtbarer Aspekt bei der Bewertung von Immobilien. Elvira Bieri, Geschäftsführerin bei der SSREI, zeigte dies deutlich mit der Vorstellung des Swiss Sustainable Real Estate Index auf. Mit einer Übersichtkarte von diversem Label und Standards zur Nachhaltigkeit von Immobilien, wurde zuerst eine Einordnung vom SSREI vorgenommen. Um im Dschungel von Zertifizierung und Labels Klarheit zu schaffen und ein ganzheitliches Bild zu ermöglichen, erfolgte zunächst eine Einordnung der Begrifflichkeiten von ESG (Environment, Social und Governance) und EES (Environment, Economy und Social). Während man sich bei EES den Einfluss von umweltrelevanten sowie gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Themen auf das Gebäude beziehungsweise Portfolio anschaut, zielt ESG auf die nachhaltige Ausrichtung des Gesamtunternehmen ab. Der SSREI konzentriert sich dabei auf den EES-Aspekt und hat zum Ziel das Nachhaltigkeitsprofil von Schweizer Bestandesliegenschaften abzubilden. Der Index fungiert als Benchmark und sollte Vergleichbarkeit auf dem Markt gewährleisten.
Der Swiss Sustainable Real Estate Index basiert auf einer umfassenden Bewertung des Zustands einer Immobilie in den drei Themenbereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Dabei orientiert er sich strukturell am Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz. Der SSREI dient als Instrument zur Umsetzung von spezifischen GRESB-Anforderungen, wodurch dieses Rating auch verbessert werden kann. Neben der Anerkennung als Portfoliobewertungs-Methode (RA1) und der Gleichstellung der SSREI-Verifikation mit einer Bestandesgebäudes-Zertifizerung (BC1.2), kann das SSREI-Portfoliobewertungstool auch für die technische Due Diligence (RM4) verwendet werden.
Andreas Meyer Primavesi, Geschäftsleiter bei der Minergie und GEAK, stellte in einem spannenden Vortrag den Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK), die Minergie-Baustandards und den MQS vor. Diese Standards tragen dazu bei, dass Immobilien effizient, komfortabel und klimafreundlicher sind. Der Start wurde mit dem bekannten Energieetikette GEAK gemacht, welche als einheitlichen Gebäudeenergieausweis dient. Anreas Meyer Primavesi erläuterte, dass mit dem GEAK sowohl die Gebäudehülle wie auch die Gesamtenergieeffizienz bewertet wird. Der Ausweis dient als Richtlinie für Wohngebäude, Verwaltungs- und Schulbauten, Hotels, Verkaufsflächen, Restaurants sowie Mischnutzungen. Der weiterführende Standard GEAK Plus beinhaltet zusätzlich ein Beratungsbericht mit Varianten von energetischen Sanierungen. Der GEAK Plus ist Voraussetzung für kantonale Fördergelder.
Als zweites wurde der Minergie-Standard vorgestellt. Der Schweizer Baustandard bewertet Komfort, Effizienz und Werterhalt von neuen und modernisierten Gebäuden. Neben kommenden Neuerungen in den Bereichen der Photovoltaik, Treibhausgasemissionen in der Erstellung, Heizwärmebedarf und des sommerlichen Wärmeschutzes ab September 2023 wurde auch das neue Minergie-Areal-Label vorgestellt. Diese wird ebenfalls ab Herbst 2023 eingeführt. Das neue Minergie-Areal-Label setzt klare Regeln für die nachhaltige Transformation von Arealen und konzentriert sich auf die bewährten Themen des Minergie-Gebäudestandards.
Abschliessend präsentierte Andreas Meyer Primavesi den MQS Betrieb und Monitoring+, die darauf abzielen, die Energieeffizienz und den Komfort von Gebäuden in der Betriebsphase zu optimieren. Denn gerade im Betrieb liegt ein großes ungenutztes Potenzial.
Zusammengefasst kann mit dem GEAK der energetische Zustand eines bestehenden Gebäudes beurteilt werden. Die Minergie-Baustandards stellen sicher, dass Gebäude effizient, komfortabel und klimafreundlich sind, während der MQS den Betrieb optimiert. Durch die Implementierung dieser Standards und Tools können folglich bedeutenden Beiträge zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit in der Bauindustrie leisten.
Silvia Ruprecht, leitet die Arbeiten zu Klima und Finanzmarkt im Bundesamt für Umwelt BAFU und stellte das PACTA Immobilienmodell vor. Von der spannenden Präsentation kann man festhalten, dass zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bis zum Jahre 2050 die Immobilienindustrie eine entscheidende Rolle spielt. Der Bund unternimmt dabei gezielt Massnahmen, sodass der Finanzmarkt einen effektiven Zielbeitrag leisten kann. Konkret wurde ein Pacta Modul für Immobilien- und Hypotheken entwickelt. Dabei stehen die Stärkung des nationalen Gebäude- und Wohnungsregisters (GWR), der einheitliche Gebäudeenergieausweis (GEAK), das eidgenössische Treibhausgasinventar, der offizielle Absenkpfad für den Gebäudepark Schweiz, die Energiebezugsflächen (EBF) und die Bedeutung der Scopes im Fokus.
Neben der Stärkung des GWR sollte dies zudem als das nationale Informationssystem dienen und aktualisiert werden. Unterstützt durch den Bund und die Kantone, dient dabei der GEAK als einheitliches System zur Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden. Er bietet Transparenz und Vergleichbarkeit und unterstützt somit den Weg zu einer nachhaltigen Gebäudeindustrie. Das eidgenössische Treibhausgasinventar ist mit der Gesamtenergiestatistik sowie mit UNFCCC abgestimmt und stellt somit die massgebliche Quelle für Emissionsfaktoren im Bereich Scope 1 dar. Zudem hat die Schweiz ihre langfristigen Klimastrategie 2050 bei UNFCCC den offiziellen Absenkpfad für den Gebäudepark eingereicht, was das langfristige Engagement der Schweiz für nachhaltige Entwicklung zeigt. Und als letzter Punkt ist die Frage von Greenwashing bei der Frage der Scopes wichtig.
Stephan Artuns, Senior Business Counsel bei der Asset Management Association, ordnete die bestehenden umweltrelevanten Kennzahlen der Immobilienbranche ein und gab einen Ausblick. Hierzu wurden die umweltrelevanten Kennzahlen am Anfang erläutert und genauer definiert. Danach konnte eine Einordnung auf den Einfluss dieser Kennzahlen auf die Immobilienbranche gemacht werden. Eine wesentliche Rolle der umweltrelevanten Kennzahlen besteht in der Erhöhung der Transparenz für Anlegerinnen und Anleger. Denn wenn diese transparent dargestellt werden, können Anleger fundierte Investitionsentscheidungen treffen. Dabei ist natürlich eine einheitlicher Transparenzstandard von grosser Bedeutung. Nur so können Kennzahlen vergleichbar gemacht werden. Wichtig dabei ist die Beobachtung des Immobilienportfolios über mehrere Jahre hinweg. Durch eine kontinuierliche Erfassung von Daten können dann gezielte Massnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit umgesetzt werden. Zudem erleichtert die Verwendung umweltrelevanter Kennzahlen den Vergleich verschiedener Immobilienfonds miteinander und die Übernahme durch wichtige Institutionen wie die ASIP und die KGAST zeigen die Relevanz für die Immobilienbranche auf. Zukünftig soll ein Best Practice für umweltrelevante Kennzahlen etabliert werden und das Konzept stetig weiterentwickelt werden.
Die Konferenz «Nachhaltigkeit im Immobilienbestand: Standard und regulatorischen Vorschriften» wurde nach den spannen Gastvorträgen der Branchenexperten von Prof. Dr. Michael Trübestein mit einer Zusammenfassung und Ausblick abgeschlossen. Das nächste Webinar mit hochklassigen Referenten findet am 05.07.2023 statt und handelt sich um das Thema «An investors view on ESG / Health & Wellbeing».
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