4. September 2023
Obwohl die Gebäudeautomation zweifellos einen tiefgreifenden Einfluss auf die Betriebs- und Verwaltungspraktiken von Gebäuden hat, besteht eine gewisse Diskrepanz in Bezug auf ihre weitreichenden Versprechungen. Sie soll eine effizientere, komfortablere und sicherere Umgebung ermöglichen, indem sie Funktionen wie intelligente Steuerung und präzise Überwachung bietet. Aber inmitten dieser optimistischen Visionen bleibt die Frage offen, inwiefern diese Technologien tatsächlich dazu beitragen, Gebäude in intelligente, reaktionsfähige und zukunftsfähige Räume für Nutzer und Investoren zu verwandeln.
Ein Artikel von Loris Tesoro und Alban Zhegrova
Gebäudeautomation – das klingt nach einem technischen Begriff, der in den Fluren von Ingenieurbüros widerhallt. Aber tatsächlich steckt viel mehr dahinter: Es ist das Versprechen einer effizienteren, sichereren und komfortableren Lebens- und Arbeitsumgebung. In einer Zeit, in der das Konzept des ‹intelligenten Gebäudes› an Dynamik gewinnt, nimmt die Rolle der Gebäudeautomation einen zunehmend wichtigen Platz ein. Die Kernprinzipien der Gebäudeautomation sind die Ressourcenschonung, die Effizienz, die Sicherheit und der Komfort (Handelszeitung, 2023).
Um die Komplexität der Gebäudeautomation besser zu verstehen, ist es hilfreich, sie in verschiedene Ebenen aufzuteilen. Diese Ebenen stellen verschiedene Aspekte und Funktionen des Gesamtsystems dar und ermöglichen es, die einzelnen Komponenten und deren Zusammenarbeit klarer zu betrachten. Das Gebäudeautomationssystem hat drei Ebenen (Baunetzwissen.de, 2022):
1) Feld-Ebene: Diese Ebene umfasst die physischen Aspekte der Gebäudeautomation, z. B. Sensoren und Aktoren. Sensoren: Sie sind das Rückgrat der Gebäudeautomation. Verschiedene Sensoren erfassen den Ist-Zustand in Gebäuden oder Räumen, wie Präsenz, Temperatur, CO2, Wasser, Rauch und Einbruch (über Tür- & Fensterkontakte). Die gemessenen Daten werden dann an die zentrale Steuereinheit, den Miniserver, gesendet. Aktoren: Sie verrichten in der Gebäudeautomation gewisse mechanische Tätigkeiten. Sie können sowohl elektrisch, pneumatisch oder auch hydraulisch betrieben werden. Sie erhalten von dem Miniserver den Befehl, wann was zu tun ist.
2) Automations-Ebene: Auf dieser Ebene findet die Datenverarbeitung statt. Der Miniserver ist das zentrale Element der Automations-Ebene. Er lässt die einzelnen Komponenten und Geräte miteinander kommunizieren und automatisiert die meisten Aufgaben in puncto Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz.
3) Management-Ebene: Auf dieser Ebene ist die Software angesiedelt. Sie ist für das übergeordnete Bedienen und Beobachten zuständig und übernimmt wichtige Management-Aufgaben. Sie fusioniert, dokumentiert, wertet Daten aus und visualisiert diese. Durch das permanente Monitoring unterstützt sie bei der Verbesserung des Energieverbrauchs und der Betriebssicherheit.
Abbildung 1: Die drei Ebenen der Gebäudeautomation (Quelle: Eigenleistung angelehnt an Loxone).
Durch die Implementierung der oben genannten Technologien und intelligenter Systeme ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, den Energieverbrauch zu reduzieren, den Komfort zu steigern und die Sicherheit zu verbessern. Im Folgenden werden die wichtigsten Vorteile erläutert:
– Effizientes Heizen und Lüften: Die Gebäudeautomation optimiert das Heizen und Lüften auf intelligente Weise. Durch den Einsatz von Sensoren, die auf Temperaturunterschiede und das Raumklima reagieren, wird eine bedarfsgerechte Regelung ermöglicht. Dies führt nicht nur zu einem reduzierten Energieverbrauch, sondern auch zu einer verbesserten Luftqualität und Hygiene in den Räumen.
– Verbesserte Sicherheit: Durch die Integration von Sicherheitssystemen in das Gebäudenetzwerk wird eine zuverlässige Überwachung und Steuerung gewährleistet. Vergessene offene Fenster, unversperrte Türen und deaktivierte Alarmanlagen gehören der Vergangenheit an. Das System erkennt solche Situationen automatisch und ergreift entsprechende Massnahmen, um die Sicherheit des Gebäudes zu gewährleisten.
– Verbesserte Energieklassifizierung: Gebäudeautomationstechnologien können die Energieeffizienz eines Gebäudes erheblich steigern. Gemäss SIA Norm 386.110 (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, 2012) erhalten Gebäude Effizienzklassen von A bis D, basierend auf der installierten technischen Gebäudeausrüstung (TGA). Eine effiziente Gebäudeautomation trägt dazu bei, höhere Effizienzklassen wie B oder A zu erreichen.
– Möglichkeiten zur Energieeinsparung: Die Gebäudeautomation bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Energieeinsparung sowohl thermisch als auch elektrisch. Zwischen den Effizienzklassen C und A können je nach Gebäudetyp Einsparungen von 12-19% (Borderstep Institut, 2021) erzielt werden. Dies senkt nicht nur die Betriebskosten, sondern auch den ökologischen Fussabdruck.
– Intelligente Gebäudeautomation erhöht den Komfort für die Bewohner und trägt zur Wertsteigerung der Immobilie bei. Ausserdem bietet sie einen erhöhten Investitionsschutz, da sie die Rentabilität und Effizienz des Gebäudes auf lange Sicht garantiert. Die integrale Lösung verbessert den Mietertrag und den Immobilienwert.
Abbildung 2: Energieklassifizierungen Gebäude (Quelle: Simconex.com, 2022).
Eine umfängliche Gebäudeautomation bringt einige Herausforderungen für Nutzer und Investoren mit sich. Im Folgenden werden die wichtigsten Nachteile erläutert (Documedia.at, 2022):
– Hohe Anfangsinvestitionen: Die Umsetzung einer Gebäudeautomation erfordert erhebliche finanzielle Investitionen für Hardware, Software und Installation. Diese Anfangskosten können insbesondere für kleinere Unternehmen oder Privathaushalte abschreckend sein.
– Technische Komplexität: Ein automatisiertes Gebäude benötigt ein hohes Mass an technischer Kompetenz für Installation, Betrieb und Wartung. Diese Expertise kann teuer sein und die Nutzung von Gebäudeautomationssystemen für einige Nutzer unzugänglich machen.
– Abhängigkeit von Technologie: Mit der zunehmenden Automatisierung steigt auch die Abhängigkeit von Technologie. Ausfälle oder Fehlfunktionen in diesen Systemen können schwerwiegende Folgen haben, von Unbequemlichkeiten wie fehlender Heizung bis hin zu Sicherheitsproblemen.
– Datenschutz und -sicherheit: Da Gebäudeautomationssysteme auf der Sammlung und Analyse von Daten basieren, entstehen ernsthafte Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit. Es muss sichergestellt werden, dass die Daten sicher gespeichert und verarbeitet werden und dass sie vor unbefugtem Zugriff geschützt sind.
– Eingeschränkte Flexibilität: Einmal installierte Gebäudeautomationssysteme können unflexibel sein, insbesondere wenn es darum geht, Änderungen oder Upgrades vorzunehmen. Dies kann dazu führen, dass die Systeme veraltet sind oder nicht den sich ändernden Anforderungen des Gebäudes entsprechen.
– Nachhaltigkeitsfragen: Obwohl Gebäudeautomation zur Energieeffizienz beiträgt, bringt die Herstellung und Entsorgung der benötigten Hardware eigene Umweltauswirkungen mit sich. Diese müssen im Kontext der Gesamtnachhaltigkeit des Gebäudes berücksichtigt werden.
Die Gebäudeautomation ist mehr als nur eine Modeerscheinung; sie stellt eine transformative Technologie dar, die sowohl für Nutzer als auch Investoren substanzielle Vorteile bietet. Zahlreiche realisierte Projekte haben gezeigt, dass diese Systeme neben finanziellen auch strukturellen, sicherheitstechnischen und komfortbezogenen Vorteilen mit sich bringen.
Allerdings muss sorgfältig berücksichtigt werden, welche Technologien tatsächlich einen Mehrwert liefern und welche lediglich als technische Spielerei betrachtet werden können. Eine tiefgreifende Benutzerorientierung ist von wesentlicher Bedeutung, um zu vermeiden, dass unnötig komplexe Strukturen geschaffen werden, die ihren Zweck verfehlen.
Darüber hinaus erfordert die Einführung von Gebäudeautomationstechnologien oft erhebliche Anfangsinvestitionen. Daher ist es notwendig, dass innovative und risikobereite Investoren bereit sind, diese Erstinvestitionen zu tätigen, um die Vorteile dieser Technologien zu erschliessen.
Schliesslich ist es wichtig zu betonen, dass die Branche der Gebäudeautomation trotz ihres beachtlichen Potenzials noch sehr jung ist. Es ist zu erwarten, dass sie in den kommenden Jahren durch kontinuierliche Verbesserungen und Innovationen sowohl unser tägliches Leben als auch die Strukturen unserer Gebäude weiterhin massgeblich prägen wird. Dieses aufstrebende Feld birgt daher erhebliche Chancen für diejenigen, die bereit sind, sich den Herausforderungen zu stellen und die Vorteile der Gebäudeautomation zu nutzen.
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