3. März 2025

Studentische Beiträge

Neue Anforderungen an Büroflächen: Flexibles Arbeiten verändert den Zürcher Markt und erhöht die Ansprüche

Neue Anforderungen an Büroflächen: Flexibles Arbeiten verändert den Zürcher Markt und erhöht die Ansprüche
Titelbild: Prime Tower, Zürich West (Foto von Henrique Ferreira auf Unsplash)

Der Büroflächenmarkt in Zürich befindet sich in einem kontinuierlichen Wandel. Hybride Arbeitsmodelle, technologische Fortschritte und die Ansprüche einer neuen Generation von Mitarbeitenden prägen diese Transformation. Während die Nachfrage nach klassischen Arbeitsplätzen sinkt, investieren Unternehmen zunehmend in die Umgestaltung bestehender Flächen. Flexible Konzepte wie ‹New Work›, nachhaltige Sanierungen und moderne Technologien stehen im Fokus, um den steigenden Anforderungen der Mitarbeitenden an zeitgemässe Arbeitsumgebungen, Effizienz und eine ausgewogene Work-Life-Balance gerecht zu werden.

Ein Artikel von Saskia Engeler und Eugenia Furrer

Gemäss Prognosen der Stadt Zürich wird die Zahl der Beschäftigten im tertiären Sektor bis 2050 von derzeit rund 500’000 auf 580’000 ansteigen. Dieses Wachstum der Erwerbsbevölkerung stellt nicht nur den Arbeits-markt vor neue Herausforderungen, sondern hat auch direkte Auswirkungen auf die Büroflächennachfrage. Während flexible Arbeitsmodelle kurzfristig den Bedarf an Büroflächen verringern könnten, dürfte das Wachstum der Erwerbsbevölkerung langfristig zu einer erhöhten Nachfrage nach modernen, flexiblen Arbeitsumgebungen führen (H&B Real Estate AG, 2024).

Hybride Arbeitsmodelle und die Zukunft der Arbeitswelt

Vor der Pandemie war das Arbeiten im Homeoffice in vielen Branchen eine seltene Ausnahme. Die Krise wirkte jedoch wie ein Beschleuniger für die Einführung flexibler Arbeitsmodelle. Laut dem “Hybrid Work Compass” der Universität St. Gallen setzen heute 77 % der Schweizer Unternehmen auf hybride Arbeitsmodelle – ein signifikanter Anstieg gegenüber den 35 % die vor der Pandemie verzeichnet wurden (Universität St.Gallen, 2021).

Weiter treibt die Generation Z den Wandel der Arbeitswelt voran, indem sie mehr Flexibilität und eine ausgewogene Lebensgestaltung fordert. Hybride Arbeitsmodelle, die Homeoffice und Büroarbeit kombinieren, sind dafür ideal. Diese technikaffine Generation setzt auf moderne Technologien wie ChatGPT und Kollaborationssoftware, um die Produktivität zu steigern und die Zusammenarbeit zu erleichtern. Yaël Meier, Unternehmerin und Expertin für die Generation Z, betont, wie essenziell Vertrauen und die Übertragung von Führungsverantwortung für junge Talente sind. Sie sieht innovative Ansätze wie Reverse Mentoring als Schlüssel, um eine „Managementlücke“ zu vermeiden. Dieses Konzept ermöglicht älteren Mitarbeitenden, ihr Wissen zu teilen, während sie gleichzeitig von den digitalen Kompetenzen der jüngeren Generation profitieren. Flexible Arbeitsmodelle bilden die ideale Basis für generationenübergreifendes Lernen und benötigen moderne, gut ausgestattete Büroflächen, die diese Arbeitsweise fördern (Marti, 2024a). Viele Unternehmen haben erkannt, dass hybride Arbeitsmodelle nicht nur die Produktivität fördern, sondern auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden nachhaltig steigern können. Eine Studie von Sotomo belegt, dass die Mehrheit der Mitarbeitenden flexible Arbeitszeiten als sehr vorteilhaft empfindet (Leu, 2024). Laut dem UBS Real Estate Focus 2024 bestätigt sich zudem eine zunehmende Nachfrage nach flexiblen Büroflächen und Coworking Spaces, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, ortsunabhängig zu arbeiten. Zentrale Lagen  bleiben weiterhin beliebt, doch gleichzeitig steigt die Nachfrage nach dezentralen und wohnortnahen Arbeits-plätzen. Dies spiegelt den Trend wider, dass viele Mitarbeitende kürzere Pendelzeiten und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bevorzugen (UBS, 2024).

Abbildung 1: Home Office (Foto von Ismael Weege auf Unsplash)

Neue Anforderungen an Büroflächen
Unternehmen passen ihre Flächenstrategien zunehmend an, um flexible Arbeitsumgebungen zu schaffen, die sowohl Remote-Arbeit als auch Büropräsenz optimal unterstützen. Diese Veränderungen führen dazu, dass die Nachfrage nach traditionellen, fest zugewiesenen Büroflächen spürbar abnimmt, während flexible und multifunktionale Arbeitsbereiche an Bedeutung gewinnen (H&B Real Estate, 2024).

Laut einer Umfrage von Wüest Partner im Herbst 2024 bewerten «59 % der Unternehmen die Qualität der Arbeitsplätze als sehr wichtig», weitere 37 % als «eher wichtig». Entscheidend sind moderne Ausstattung, ergonomisches Mobiliar, nachhaltige Bauweise sowie eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr und die Erreichbarkeit mit dem Auto. Unternehmen legen zudem Wert auf energieeffiziente Büros, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und Kosten zu senken. Diese neuen Büroflächenkonzepte fördern Kommunikation und Zusammenarbeit, bieten aber auch Rückzugsmöglichkeiten für konzentriertes Arbeiten. Sie spiegeln die wachsenden Ansprüche an flexible und multifunktionale Arbeitsumgebungen wider (Wüest Partner, 2024).

H&B Real Estate betont ebenfalls: «Flexible Arbeitsmodelle erfordern mehr Raum für Gemeinschafts- und Kollaborationsflächen, um den Bedürfnissen moderner Arbeitsumgebungen gerecht zu werden.» Unternehmen, die im Wettbewerb um Talente stehen, setzen verstärkt auf modern gestaltete Büros, die als integraler Bestandteil ihres Employer Brandings dienen. Ein attraktives Arbeitsumfeld unterstützt nicht nur dabei, talentierte Mitarbeitende zu gewinnen, sondern auch, sie langfristig an das Unternehmen zu binden (H&B Real Estate AG, 2024).

Trends und Entwicklungen im Zürcher Büromarkt

Gemäss Angaben der Stadt Zürich sind seit 2022 insbesondere die Bereiche „freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen“ stark gewachsen und zählen nun zu den beschäftigungsstärksten Wirtschaftszweigen. Frauen stellen fast die Hälfte der Beschäftigten, arbeiten jedoch überdurchschnittlich häufig in Teilzeit. In Vollzeitäquivalenten liegt der Frauenanteil bei 42 %, während Männer 58 % ausmachen. Trotz des Anstiegs des Frauenanteils in vielen Branchen bestehen weiterhin erhebliche Geschlechterunterschiede, die bei der Planung moderner Arbeitsumgebungen gezielt berücksichtigt werden sollten. Flexible Arbeitsmodelle und Homeoffice-Optionen müssen bei der Gestaltung von Büroflächen noch stärker integriert werden, um den vielfältigen Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht zu werden (Stadt Zürich, 2024).

Im Jahr 2024 haben Schweizer Investoren ihre Ausgaben für den Bau von Büroflächen deutlich reduziert. Im dritten Quartal lag das Investitionsvolumen für Neubaubewilligungen rund  40 Prozent unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Dieser Trend zeichnete sich bereits während der Pandemie ab, als Bauherren aufgrund der Veränderungen im Büroflächenmarkt und der damit verbundenen Unsicherheiten vorsichtiger wurden. Aktuell tragen zudem die gestiegenen Finanzierungs- und Baukosten zur rückläufigen Bautätigkeit im Büroflächensektor bei (Meier, 2024).

Gemäss JLL setzt sich der Anstieg der verfügbaren Büroflächen in der Region Zürich fort, begleitet von einer stabilen Nachfrage nach erstklassigen Büroflächen und einer leichten Erhöhung der Angebotsquote. In den zentralen Stadt-Lagen bleiben die Mietpreise für Büroflächen hoch, mit Spitzenmieten von CHF 925 pro Quadratmeter und Jahr netto. Herausfordernd gestaltet sich hingegen die Vermietung von Flächen in älteren Gebäuden an weniger gut erschlossenen Standorten. In peripheren Lagen wie Opfikon/Glattbrugg besteht derzeit ein deutliches Überangebot an Büroflächen, mit einer Angebotsquote von 29,9% – der höchsten in der Schweiz (Jones Lang LaSalle AG, 2023).

Abbildung 2: Angebots- und Spitzenmiete in der Region Zürich (Jones Lang LaSalle AG, 2023)

Gebiete wie Zürich West und Zürich Nord sind derzeit besonders gefragt bei Unternehmen aus der Hightech-Industrie und von internationalen Firmen. Diese Stadtbezirke zeichnen sich durch hervorragende Verkehrsanbindungen, eine lebendige Umgebung und die Nähe zur ETH Zürich aus, was die Zusammenarbeit mit akademischen Institutionen erleichtert und fördert. Auch serviced und flexible Offices haben sich als wichtiger Bestandteil des Büromarktes etabliert. In Zürich gibt es diverse Anbieter, darunter Regus, Spaces und FlexOffice, die meist in zentralen Lagen wie dem CBD (Central Business District – zentrales Geschäftsviertel), Zürich West und dem Bahnhof Oerlikon vertreten sind. Diese flexiblen Büros bieten zahl-reiche Vorteile: schnelle Verfügbarkeit, flexible Mietlaufzeiten, Erweiterungsmöglichkeiten, transparente Kosten, gemeinsame Ressourcen, Networking-Möglichkeiten sowie eine hochwertige Infrastruktur. (H&B Real Estate, 2024).

Debatte um Präsenzpflicht und Homeoffice

Die Rückkehr zur Büropräsenz wird zunehmend kontrovers diskutiert. Viele Unternehmen, darunter Sulzer, Schindler, Swisscom und Novartis, haben ihre Homeoffice-Regelungen eingeschränkt und verlangen nun mehrere Tage Präsenz pro Woche (Janssen, 2024). Arbeitgeber argumentieren, dass die Produktivität leidet, wenn Mitarbeitende ausschliesslich von zu Hause aus arbeiten. Arbeitnehmer hingegen schätzen die Flexibilität und den Wegfall des Arbeitswegs. Diese unterschiedlichen Perspektiven führen zu einer intensiven Debatte über die zukünftige Arbeitsgestaltung.

Professorin Heike Bruch von der Universität St. Gallen kritisiert den Entscheid von Sulzer, Homeoffice zu verbieten, als falsch und nicht zeitgemäss. Sie betont, dass flexible Arbeitsmodelle, einschliesslich Homeoffice, entscheidend für Fortschritt und Produktivität sind. Ihrer Ansicht nach stellt die Rückkehr zu traditionellen Arbeitsmodellen eine verpasste Chance dar, die Vorteile moderner Arbeitsweisen zu nutzen (Kuhn-Spogat & BILANZ, 2024). Auch der Schweizerische Arbeitgeberverband hebt hervor, dass flexible Arbeitsmodelle besonders angesichts des Arbeitskräftemangels wichtige Faktoren für die Attraktivität eines Arbeitgebers sind (Janssen, 2024).

Obwohl Unternehmen wie Sulzer international ähnliche Ansätze verfolgen, zeigt ein prominentes Gegenbeispiel, wie es anders geht: Im Gegensatz zu Unternehmen wie Amazon und Dell, die auf Büropräsenz bestehen, setzt Spotify seit 2021 konsequent auf seine “Work-from-Anywhere”-Strategie. Laut HR-Chefin Katarina Berg ist Vertrauen zentral: “Du kannst keine Erwachsenen einstellen und sie dann wie Kinder behandeln.” Da die Produktivität stabil bleibt, sieht Spotify keinen Grund, Mitarbeitende ins Büro zu zwingen. Gleichzeitig betrachtet das Unternehmen das Büro als wichtigen Ort für Interaktion und Entwicklung und schafft mit attraktiven Erlebnissen Anreize für freiwillige Präsenz. Diese Strategie hat die Fluktuation bei Spotify um 15 % reduziert, was auf eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und stärkere Bindung ans Unternehmen hinweist (Bajrica, 2024).

Zukunftsaussichten

Die Prognosen von Wüest Partner zeigen für das kommende Jahr eine Verschiebung im Büroflächenmarkt: Während die Neubautätigkeit im Geschäftsflächensegment um 14,5 % zurückgehen dürfte, wird gleichzeitig ein Anstieg bei Umbauten und Modernisierungen erwartet. Unternehmen konzentrieren sich zunehmend auf energetische Sanierungen, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und bestehende Büroflächen an veränderte Anforderungen anzupassen. Diese Entwicklung trägt zur Stabilisierung des Marktes bei und verhindert ein Überangebot. Zugleich wird ein wachsendes Interesse am Hochbau prognostiziert, mit einem Anstieg von 4,6 % im kommenden Jahr. Diese Verschiebung hin zu Umbauten und gezielten Investitionen zeigt, dass der Büroflächenmarkt sich zunehmend auf Nachhaltigkeit und neue Arbeitsmodelle ausrichtet (Meier, 2024).

Bereits 2024 lag die Zahl der ausgeschriebenen Büroflächen 11 % unter dem Niveau von 2019, was durch stabilisierte Homeoffice-Quoten und die Einführung von Präsenztagen unterstützt wurde. Viele Arbeitgeber setzen darauf, Mitarbeitende durch soziale Events, moderne Infrastruktur und IT-Lösungen zurück ins Büro zu holen – oft jedoch im Spannungsfeld zwischen Unternehmenszielen und den Bedürfnissen der Mitarbeitenden, die weiterhin Flexibilität schätzen (Meier, 2024).

Die Experten von Fahrländer Partner erwarten, dass die Büromietpreise in Zürich in den nächsten zwölf Monaten stabil bleiben oder leicht sinken könnten. Ausschlaggebend ist die Übernahme der Credit Suisse durch UBS, die grosse Büroflächen, wie in Zürich-Oerlikon, freisetzt und damit zusätzlichen Druck auf den Markt ausübt. Ein Überangebot könnte die Mietpreise weiter nach unten treiben. Moderne Bürokonzepte wie “New Work”, die auf gemeinschaftlich genutzte Bereiche und Ruhezonen setzen, könnten diesen Trend jedoch ausgleichen. Sie richten sich an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und fördern eine Arbeitsumgebung, die soziale Interaktion, Unternehmenskultur und Innovation unterstützt – Aspekte, die das Homeoffice allein nicht leisten kann (Fahrländer Partner Raumentwicklung, 2024).

Die Zukunft des Büroflächensektors in Zürich wird stark von der Anpassung an neue Arbeitsmodelle und Nachhaltigkeitsziele geprägt sein. Die verstärkten Investitionen in Umbauten und Modernisierungen zeigen, dass Unternehmen nicht nur auf Effizienz, sondern auch auf Attraktivität für Mitarbeitende setzen. Flexible Arbeitskonzepte und nachhaltige Ansätze könnten nicht nur die Nachfrage stabilisieren, sondern auch dazu beitragen, den Wert bestehender Büroflächen langfristig zu sichern. Zentral gelegene Flächen bleiben gefragt, während periphere Standorte verstärkt von innovativen Nutzungskonzepten profitieren müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

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