28. April 2025
Smart Cities sind längst mehr als futuristische High-Tech-Metropolen – sie setzen auf einen menschenzentrierten Ansatz, der lokale Bedürfnisse und Gegebenheiten in den Mittelpunkt stellt. Laut IMD Smart City Index führen europäische und asiatische Städte das Ranking der Smart Cities an. Nebst der Stadtplanung dürfte dieses Ergebnis auch auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die Beteiligungsmöglichkeiten der Bevölkerung zurückzuführen sein.
Ein Artikel von: Milena Meier und Katarina Nowak
Bis heute besteht keine einheitliche Definition für «Smart City». Gemäss Anderson (ONE KEY, 2022) beschreibt es verschiedene Dinge: bestehende Städte mit implementierten intelligenten Ansätzen, von Grund auf neu geschaffene Städte mit smarten Konzepten aber auch das verschwommene Ideal eines futuristischen städtischen Terrains mit technologischer Architektur. Erschwerend kommt hinzu, dass der Begriff in den vergangenen Jahren als Synonym für andere Konzepte, darunter für «Ökostadt» oder «Digitale Stadt» verwendet wurde (Gorynski, 2022).
Im allgemeinen Verständnis nutzen Smart Cities digitale Technologien und Daten, um ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige Orte zu etablieren, welche die Lebensqualität sowie die Effizienz des Stadtbetriebes erhöhen. Bei den eingesetzten Technologien handelt es sich vorwiegend um Informations- und Kommunikationstechnologien sowie das Internet der Dinge (IoT) (Gomstyn & Jonker, 2023). Dadurch wird die Vernetzung verschiedener Bereiche, wie Mobilität, Energie und Infrastruktur, und folglich auch die Nutzung von Synergien ermöglicht (BSI DE Bund, kein Datum). Das Einsetzen dieser neuen vernetzenden Intelligenz einer Smart City setzt dabei voraus, dass das System versteht, was die Bedürfnisse und die Verhaltensmuster der Nutzer sind (Russo & Wyler, 2024).
Die Verwendung des Begriffs «Smart City» führt in die 1990er-Jahre zurück, mit dem Städte beschrieben wurden, die neue Technologien einsetzten, um Dienstleistungen und Infrastruktur zu verbessern. Als eine der ersten Smart Cities gilt Amsterdam durch die Kreation einer virtuellen, digitalen Stadt im Jahr 1994. Zu dieser Zeit nutzten andere Städte wie Los Angeles bereits digitale Systeme zur Datenanalyse. Ab den 2000er-Jahren wurde der Begriff dann stark von Technologieunternehmen geprägt, welche digitale Lösungen für städtische Probleme entwickelten. Unternehmen wie IBM und Cisco verfolgten Visionen einer technologiegetriebenen Urbanisierung und arbeiteten dazu eigene Initiativen aus (Verdict, 2020). Die frühen Smart City-Konzepte waren stark technologiezentriert und legten den Fokus auf Effizienz, Energieeinsparungen und Infrastruktur.
In den späten 2000er und frühen 2010er Jahren wurde erkannt, dass technologische Lösungen allein nicht ausreichen, weshalb menschenzentrierte Gestaltungsprinzipien in die Planung intelligenter Städte integriert wurden. Dies führte zu einem stärkeren Fokus auf die Bedürfnisse der Bevölkerung, Nachhaltigkeit und soziale Inklusion (Smart Cities Library, kein Datum).
Boyd Cohen, ein Forscher im Bereich nahhaltige Innovation, entwickelte 2012 das Smart City Wheel, ein Modell zur Bewertung und Planung von Smart Cities, welches sechs Aktionsfelder umfasst und somit die Bewertung von Smart Cities ermöglicht (bee smart city, kein Datum). Mit «Smart People» wird einer dieser sechs Bereiche der Bevölkerung zugeschrieben. Das Schweizerische Smart City Hub hat auf dieser Grundlage ein speziell auf die Schweiz zugeschnittenes Modell entwickelt, bei welchem der Mensch nicht nur eines der sechs Aktionsfelder, sondern das Zentrum des Konzepts einnimmt (Smart City Hub Switzerland, kein Datum).
Der menschenzentrierte Ansatz stellt sicher, dass Technologien als Werkzeug zur Verbesserung der Lebensqualität dienen und nicht Selbstzweck einer Smart City sein sollten. Damit wird die Akzeptanz der Konzepte erhöht, die soziale Inklusion gefördert und der langfristige Nutzen für die Gesellschaft maximiert.
Wie sich das Thema der Smart City ganzheitlich aber auch insbesondere der Human Centric Ansatz in Zukunft weiterentwickelt, wird unter anderem auch am jährlichen Smart City Expo World Congress in Barcelona diskutiert. Die Konferenz thematisiert jedes Jahr ein Schwerpunktthema – im November 2024 lautete es «Live better», im Mittelpunkt standen Strategien zur Transformation von urbanen Räumen in nachhaltigere, effizientere und lebenswertere Räume, und präsentierte technologische Lösungen in Bereichen zu Mobilität, öffentliche Dienste, Bürgerbeteiligung und Energieeffizienz (THE HIGHLIGHTS OF SCEWC24, kein Datum).
Bis zum Jahr 2019 waren viele Städte bereits dabei, digitale Technologien zu integrieren, doch es fehlte eine standardisierte Bewertung, um den Fortschritt und die Effektivität dieser Massnahmen systematisch zu messen. Im Jahre 2019 wurde erstmalig der Smart City Index des International Institute for Management Development (IMD) lanciert. Im Index werden die sechs Aspekte Gesundheit und Sicherheit, Mobilität, Aktivitäten, Chancen und Governance von 142 Städten weltweit beurteilt. Diese sechs Smart-City-Aspekte hatten sich bereits in Stadtplanungsstrategien etabliert, das IMD-Ranking schliesst die Bewertungslücke, indem es die Digitalisierung von Städten nicht nur nach technologischen, sondern auch nach gesellschaftlichen und ökologischen Kriterien beurteilt.
Neben dem IMD Smart City Index gehören der IESE Cities in Motion Index und der Smart Cities Index Report zu den weltweit bedeutenden Rankings, die jährlich Smart Cities bewerten. Auch diese Indizes analysieren verschiedene Dimensionen der urbanen Entwicklung, dabei wie IMD ebenfalls zu Mobilität und Governance, weiter aber auch zu Technologie und Nachhaltigkeit, um die Fortschritte und Leistungen von Städten weltweit zu bewerten. Als Beurteilungsgrundlage wird in den nachfolgenden Abschnitten der IMD-Index von 2024 herangezogen, da er die Städte basierend auf Technologieeinsatz, Bürgerzufriedenheit und Governance mit starkem Fokus auf Digitalisierung und smarte Infrastrukturen bewertet (IMD, 2024).
Gefolgt von Oslo, Canberra und Genf belegt Zürich seit Beginn der Studie den ersten Rang unter anderem aufgrund der hervorragenden Infrastruktur. Diese umfasst den gut ausgebauten ÖV, hohe WLAN-Abdeckung und effiziente städtische Dienstleistungen. Und auch im Bereich Technologie wird bewiesen, wie effektiv digitale Lösungen in den Gebieten Gesundheit, Mobilität und Verwaltung implementiert sind und der Zugang zu Informationen und Dienstleistungen den Einwohnern dadurch erleichtert wird. Zudem ist die Bürgerbeteiligung hoch, dank etablierten Mechanismen, die es der Bevölkerung ermöglichen, aktiv an der Gestaltung ihrer Umgebung teilzunehmen. Zürich investiert in nachhaltige Projekte und bietet eine hohe Lebensqualität, die sich in der Zufriedenheit der Bevölkerung widerspiegelt.
Neben den guten Beurteilungen werden im Index auch die Prioritäten der Bevölkerung beleuchtet, wo die Zufriedenheit am tiefsten ist. Im Beispiel von Zürich handelt es sich dabei um bezahlbaren Wohnraum sowie Massnahmen gegen Stau und Luftverschmutzung (IMD, 2024, S. 174).
Ein Vergleich zwischen den 20 ersten und den 20 letzten Städten im Ranking 2024 weist grundlegende Unterschiede auf. Elf europäische und neun asiatische Städte führen das Ranking an. Die letzten 20 Plätze belegen vorwiegend Städte aus Schwellen- und Entwicklungsländern, wobei auch Rom als einzige europäische Stadt auf Platz 133 zu finden ist. So scheint bereits die geografische Lage fast schon ausschlaggebend für die Rangierung im Index. Entgegen den Erwartungen – auch basierend auf den letzten Jahren – sind keine US-amerikanischen Städte auf in den vorderen Plätzen vertreten. Dies dürfte insbesondere auf infrastrukturelle Probleme in Nordamerika zurückzuführen sein.
Die Top 20 zeichnen sich weiter durch eine gut ausgebaute technologische Infrastruktur, sichere Mechanismen zur Bürgerbeteiligung sowie nachhaltige Praktiken und innovative Ansätze zur Verbesserung der Lebensqualität aus. Die letzten 20 rangierten Städte hingegen haben Schwierigkeiten, grundlegende technologische Anforderungen zu erfüllen und es fehlt oft das Engagement der Bürger oder es gibt unzureichende Rückmeldungen von der Bevölkerung. Zudem beschäftigen sich diese Städte überwiegend mit Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Verkehrsüberlastungen und Sicherheitsthemen, wobei weitere Aspekte des Index’ wie Nachhaltigkeit überwiegend vernachlässigt werden.
Nicht zuletzt hängt eine Stadtentwicklung von der politischen und wirtschaftlichen Lage des Ortes ab, was sich nebst den grundlegenden Möglichkeiten auch direkt in den Bereichen Smart Governance und Smart Economy in einer Smart City auswirkt.
Der vorangehende Vergleich zeigt, dass im Index 2024 keine nordamerikanischen Städte in den Top 20 vertreten sind und dass Rom als einzige europäische Stadt mit Platz 133 auf einem der letzten Plätze rangiert. Eine Gegenüberstellung von Zürich, Dubai, San Francisco und Rom, die im IMD-Ranking 2024 deutlich auseinanderliegende Plätze belegen, zeigt signifikante Unterschiede in ihrer Bewertung.
Rom (Platz 133) ist um 11 Plätze abgestiegen, da die Stadt mit veralteter Infrastruktur, sozialer Spannung durch Massentourismus und ineffizienter Verwaltung kämpft. Fehlende Bürgerbeteiligung und hohe Arbeitslosigkeit beeinträchtigen zudem das Vertrauen und die Lebensqualität. (IMD, 2024)
San Francisco (Platz 75) kämpft trotz technologischer Innovationen mit Obdachlosigkeit, hohen Lebenshaltungskosten und wachsender sozialer Ungleichheit, was die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Bürger beeinträchtigten. (IMD, 2024)
Dubai (Platz 12) überzeugt mit technologischen Fortschritten und hoher Lebensqualität, kämpft jedoch mit Nachhaltigkeitsproblemen, sozialer Ungleichheit und hohen Lebenshaltungskosten. (IMD, 2024)
In Zürich (Platz 1) scheint ein Gleichgewicht verschiedener Faktoren erreicht worden zu sein. Sowohl Infrastruktur und Technologie, Nachhaltigkeit sowie die Bürgerzufriedenheit sind intakt und wirken sich positiv auf die Lebensqualität aus. Nicht zuletzt kann die Stadt von stabilen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen des Landes profitieren. (IMD, 2024)
Der Erfolg einer Smart City basiert auf technologischen Innovationen, politischen, wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Dabei stehen sowohl Effizienz und Nachhaltigkeit zuvorderst als auch soziale und kulturelle Bedürfnisse der Bürger.
Die top rangierten Smart Cities weltweit zeigen, wie die Balance unterschiedlicher Bereiche die Lebensqualität erheblich steigern und halten kann. Um im globalen Wettbewerb der Smart Cities aufzuholen, sollten Städte nicht nur ihre technologische Infrastruktur verbessern und die Nachhaltigkeit fördern, sondern auch die sozialen und kulturellen Bedürfnisse ihrer Bürger stärker in den Mittelpunkt stellen und gleichzeitig politische sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen, die eine nachhaltige und inklusive Stadtentwicklung ermöglichen.
Technologie allein macht Städte nicht menschlicher. Sie leistet nur dann einen positiven Beitrag, wenn sie im Einklang mit den Bedürfnissen der Menschen und einer nachhaltigen Stadtentwicklung eingesetzt wird. Die Stadt der Zukunft hängt von Ihrer Bevölkerung, vom politischen System und den wirtschaftlichen Möglichkeiten ab.
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