16. Juni 2025

Märkte

Rückblick: 104. Immobiliengespräche «Finanzierungsstress am Schweizer Immobilienmarkt? Herausforderungen und Chancen für Entwickler und Investoren»

Rückblick: 104. Immobiliengespräche «Finanzierungsstress am Schweizer Immobilienmarkt? Herausforderungen und Chancen für Entwickler und Investoren»
Titelbild: 104. Immobiliengespräch; Quelle: Galledia Fachmedien AG

Am 4. Juni 2025 fand im Zürcher Restaurant Metropol das 104. Schweizer Immobiliengespräch statt. Moderiert von Prof. Dr. John Davidson, stand die Veranstaltung unter dem Titel „Finanzierungsstress am Schweizer Immobilienmarkt, Herausforderungen und Chancen für Entwickler und Investoren“. Die Beiträge beleuchteten eindrücklich, warum der Zugang zu Kapital schwieriger geworden ist und welche alternativen Lösungswege sich abzeichnen.

Ein paradoxes Umfeld

Prof. Dr. John Davidson von der Hochschule Luzern eröffnete die Veranstaltung mit einem Verweis auf die scheinbar widersprüchliche Lage: Die Zinsen sinken, doch der Zugang zu Finanzierungsmitteln wird schwieriger. Während das Hypothekarwachstum noch bei 2,4 % liegt, zeigt sich ein klarer Strukturwandel: Grossbanken reduzieren ihr Engagement, nicht zuletzt durch die CS-Übernahme durch die UBS, während Pensionskassen und kleinere Institute Marktanteile gewinnen.

Prof. Dr. John Davidson (HSLU); Quelle: Galledia Fachmedien AG

Bankenregulierung als Bremsklotz

Adrian Wenger, Mitglied der Geschäftsleitung vom VZ Vermögens Zentrum, zeigte die massiven Auswirkungen der neuen Basel-III-Richtlinien auf. Für Bauprojekte mit einer Belehnung über 70 % müssen Banken neu mit einem Eigenkapitalgewichtungsfaktor von 150 % kalkulieren, mehr als viermal so viel wie früher. Dies verteuert Baukredite drastisch und schränkt deren Verfügbarkeit ein.

Wenger verdeutlichte anhand konkreter Zahlen: Ein Kredit über CHF 1 Mio. erfordert heute bis zu CHF 157’500 Eigenmittel der Bank (statt CHF 36’750 zuvor), was die Margen belastet und die Kreditvergabe unattraktiver macht. Besonders betroffen sind Entwickler und Projektfinanzierungen, während private Bauherren mit tiefer Belehnung zur neuen Zielgruppe der Banken avancieren. Er betonte: „Die Banken befinden sich noch in der Orientierungsphase und bis sich das eingespielt hat, wird die Finanzierung restriktiv bleiben.“

Adrian Wenger (VZ); Quelle: Galledia Fachmedien AG

Alternative Kapitalquellen 

Kevin Hinder, Co-Founder und CEO von Property One, stellte mit Private Real Estate Debt eine alternative Finanzierungsform vor, die in der Schweiz rasant an Bedeutung gewinnt. Er präsentierte den firmeneigenen ONE Real Estate Debt Fund (OREDF), der nachrangige Hypotheken vergibt und damit genau jene Finanzierungslücke schliesst, die durch die restriktivere Kreditvergabe der Banken entstanden ist .

Hinder hob die Flexibilität dieser Fonds hervor: Sie finanzieren Projekte bereits vor Baubewilligung, mit individueller Tragbarkeitsprüfung und eigenen Bewertungsmodellen. Dadurch eröffnen sich neue Opportunitäten, etwa in Form von Bridge-Finanzierungen oder zur Freisetzung gebundener Eigenmittel. Auch institutionelle Investoren profitieren: Dank tiefer Volatilität, hoher Sicherheit (z. B. Schuldbriefe auf Schweizer Immobilien) und einer tiefen Ausfallquote ist Private Real Estate Debt eine attraktive Anlageklasse mit stabilen Renditen.

Kevin Hinder (Property ONE); Quelle: Galledia Fachmedien AG

Die Sicht eines Entwicklers 

Stefan Gabriel, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Fortimo Gruppe, gab einen Einblick aus der Perspektive eines Entwicklers mit laufenden Projekten in der Schweiz, Österreich und im Ausland. Trotz stabiler Eigenkapitalbasis (über 40 %) sieht sich Fortimo mit neuen Herausforderungen konfrontiert: Höhere Eigenmittelanforderungen gehen zulasten der Liquidität, die Finanzierung grosser Projekte über CHF 50 Mio. wird zunehmend schwierig, insbesondere da Banken Klumpenrisiken meiden.

Gabriel bemängelte auch die gestiegenen Vorverkaufsquoten für Stockwerkeigentum: Früher lag der geforderte Wert bei 30–35 %, heute sind es im Schnitt 40 %, was in der aktuellen Marktlage kaum zu erreichen ist. Zudem verlangen Banken vermehrt Zusatzgeschäfte, etwa in Form von Devisentransaktionen oder Festgeldanlagen, als Voraussetzung für eine Kreditvergabe. Fortimo begegnet diesen Herausforderungen durch konsequente Bankendiversifikation, auch mit internationalen Instituten und einer disziplinierten Projektakquisition.

Stefan Gabriel (Fortimo); Quelle: Galledia Fachmedien AG

Marktkommentar

Zoltan Szelyes, Inhaber Macro Real Estate AG, ordnete die Situation nüchtern ein: Es handle sich weniger um eine Kreditklemme als um eine Normalisierung nach einer Phase des Kapitalüberflusses. Für stabile Wohnrenditeobjekte sei eine Finanzierung nach wie vor möglich, wenn auch zu höheren Margen. Die grössten Engpässe bestünden im Segment der Projektentwicklungen.

Zoltan Szelyes (Macro Real Estate AG); Quelle: Galledia Fachmedien AG

Fazit & Ausblick

Der Finanzierungsstress ist real, insbesondere für Entwickler grosser Volumenprojekte. Doch die Veranstaltung zeigte auch: Der Markt beginnt, sich anzupassen. Private Real Estate Debt Fonds, Bankendiversifikation und gezielte Partnerschaften bieten konkrete Lösungsansätze. Gleichzeitig wird deutlich, dass sich die Branche auf dauerhaft höhere Margen und strengere Kapitalanforderungen einstellen muss.

Das nächste Immobiliengespräch findet am Dienstag der 23. September 2025 erneut im Zürcher Restaurant Metropol statt.

Das könnte Sie ebenfalls interessieren:

Entdecken Sie die Welt des Immobilienmanagements und erfahren Sie alles Wissenswerte rund um den MAS Immobilienmanagement und andere Angebote zum Thema Immobilien. Gerne beantworten Ihnen Prof. Dr. Markus Schmidiger und Prof. Dr. John Davidson vom IFZ Ihre Fragen.

Der neue CAS Real Estate Investment Management befähigt Sie, erfolgreich in Immobilien zu investieren und Immobilienportfolien erfolgreich zu führen. Melden Sie sich hier an.

Mit dem MAS Immobilienmanagement werden Sie zum Generalisten und sind in der Lage, anspruchsvolle Fach- und Führungsaufgaben rund um das Immobilienmanagement erfolgreich zu übernehmen. Melden Sie sich hier an.

Master of Science in Real Estate – Die Ausbildung für künftige Führungskräfte in der Immobilienbranche.

Das Studium des Master of Science in Real Estate bereitet auf anspruchsvolle Tätigkeiten in der Immobilienwirtschaft vor. Studierende erhalten ein vertieftes Verständnis über immobilienwirtschaftliche Zusammenhänge mit besonderem Schwerpunkt im Bereich Investment, Finanzierung, Projektentwicklung und Management. Gerne beantworten Ihnen Prof. Dr. Michael Trübestein und Prof. Dr. Daniel Steffen vom IFZ Ihre Fragen.

Lesen Sie hier die kürzlich veröffentlichten Blogbeiträge:

Zwischen Campus und Stadt: Wie Immobilien die Zukunft gestalten
Smart Cities – eine Gratwanderung zwischen digital und sozial
Aktivhäuser als Klimaschutzstrategie: Energieüberschuss statt Emissionen
Innenstädte im Umbruch: Wege zu mehr Resilienz und Vielfalt

Kommentare

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.