15. Dezember 2025

Studentische Beiträge

Digitale Planung: Wie BIM das Bauen revolutioniert

Digitale Planung: Wie BIM das Bauen revolutioniert
Quelle: GettyImages

Digitale Planung verändert die Bauwelt grundlegend: Mit der Building-Information- Modeling (BIM)-Methode lassen sich Gebäude präziser planen, effizienter bauen und nachhaltiger nutzen. Von den ersten Zeichnungen bis hin zu digitalen Zwillingen hat sich die Arbeitsweise rasant weiterentwickelt und eröffnet neue Formen der Kollaboration. Dadurch verbessern sich die Kostenkontrolle, das Qualitätsniveau und die Zeiteffizienz deutlich. Während andere europäische Länder die Methode bereits flächendeckend einsetzen, ringt die Schweiz noch mit organisatorischen, rechtlichen und kulturellen Hürden. Die Entwicklungen zeigt jedoch, dass Projekte im Hoch- und Tiefbau erfolgreich durchgeführt werden. Damit wird deutlich: Der Wandel ist eingeläutet – nun gilt es, die
Voraussetzungen für eine flächendeckende BIM-Integration zu schaffen.

Ein Artikel von: Matthias Scheifele und Jens Zscheile

Von 3D bis 7D: Die Entwicklung der BIM-Technologie

Die folgende Gliederung in sieben Dimensionen basiert auszugweise auf der Erklärung der RIB Software AG (RIB Software, 2025). Diese Einteilung hilft die BIM-Technologie von ihrer Entstehung bis zur Nutzung im Gebäudebetrieb zu verstehen.

Traditionelle Baupläne basieren auf den X- und Y-Achsen (2D). Durch die Einbindung der Z-Achse als Höhe ergibt sich eine dritte Dimension (3D) in die neben den Bauelemente wie Türen, Fenstern und Stützen auch sämtliche technische Anlagen aller Gewerke mit ihren Leitungsführungen eingebunden werden. Das Ergebnis ist ein BIM-Modell das komplexe Gebäude realitätsnah visualisiert und somit die Grundlage für alle weiteren Planungs- und Bauprozesse schafft.

Die vierte Dimension (4D) ergänzt das Modell um den Faktor Zeit. Bauphasen, Abläufe und Abhängigkeiten werden digital integriert. Dadurch entstehen modellbasierte Bauzeitenpläne, welche die Terminsteuerung und Koordination verbessern. Projektleiter können Abläufe simulieren, vergleichen und den optimalen Bauprozess definieren.

Mit der fünften Dimension (5D) kommen Kosteninformationen hinzu. Das Modell wird mit Daten zu Materialien, Arbeitsaufwand und Ressourcen verknüpft, was eine präzise Budgetierung und Kostenprognose ermöglicht. Durch die Verbindung von Struktur (3D), Zeit (4D) und Kosten (5D) erhalten alle Beteiligten ein klares Verständnis darüber, was wann, wie und zu welchen Kosten gebaut wird.

Die sechste Dimension (6D) erweitert BIM um Aspekte der Nachhaltigkeit. Daten zu Energieverbrauch, CO₂-Emissionen, Materialwahl oder Lebenszykluskosten ermöglichen eine Bewertung und Optimierung der Umweltauswirkungen von Bauprojekten. 6D BIM unterstützt damit Entscheidungen, die ökologische, zeitliche und wirtschaftliche Ziele in Einklang bringen.

Die siebte BIM-Dimension (7D) bezieht sich auf die Nutzungs- und Betriebsphase eines Gebäudes. Alle relevanten Informationen – von Wartungs- und Garantieunterlagen bis zu technischen Spezifikationen – sind zentral im Modell hinterlegt. Dadurch wird das BIM-Modell zum digitalen Zwilling des Bauwerks und unterstützt das Facility Management über den gesamten Lebenszyklus hinweg.

Anwendung von BIM in der Planungsphase

BIM in der Planungsphase erfordert eine klare Festlegung von Informationsanforderungen, die im BIM-Abwicklungsplan (BAP) (VBI, 2016) konkretisiert werden. Dieser Plan muss zu Beginn der Vorplanung vorliegen und definiert die Zielbilder, Detaillierungsgrade und Informationstiefen des Modells. Alle Projektbeteiligten arbeiten daraufhin parallel in einem einzigen digitalen, zusammenhängenden Datenmodell, das als «Single Source of Truth» (Vi BIM solutions, o.J.) bezeichnet wird. 

Der wesentliche Vorteil in diesem Ansatz liegt in der kollaborativen 3D-Planung in Echtzeit. Dies ermöglicht sofortige Entscheidungsfindung und minimiert Missverständnisse zwischen den Fachplanern. Besonders wertvoll ist die frühzeitige Kollisionserkennung: Konflikte zwischen den Medien der technischen Gebäudeausrüstung untereinander wie auch anderen Baubeteiligten der Ausbaugewerke und der Gebäudestruktur werden automatisiert erkannt und können kosteneffizient in der Planungsphase bereinigt werden. Dadurch werden auf der Baustelle entsprechende Um- und Rückbauten vermieden und somit Ressourcen, Zeit und letztendlich Kosten eingespart.

Abbildung 1: Kollisionsprüfung; Quelle: HRS

Ein wesentlicher zusätzlicher Vorteil liegt in der modellbasierten Mengenermittlung, die automatisiert aus dem BIM-Modell generiert wird. Im Gegensatz zu manuellen Methoden können Mengen präzise und in kürzester Zeit berechnet werden. Dies ermöglicht bereits in der Vorentwurfsphase zuverlässige Kostenschätzungen und Kostenermittlungen. Das Leistungsverzeichnis kann direkt aus dem Modell abgeleitet werden, und bei Planungsänderungen werden alle Mengen und Kosten automatisch aktualisiert. Dies schafft Kostentransparenz und sichert die Budgetplanung ab. BIM transformiert damit die Planungsphase in einen transparenten, effizienten Prozess mit maximaler Kostensicherheit und minimiertem Fehlerrisiko.

Wie digitale Modelle den Baualltag transformieren

BIM verändert den Baualltag grundlegend und mit BIM2Field (einer Technologie zur Echtzeitübertragung von BIM-Daten auf die Baustelle) wandern Planungsdaten direkt aus dem digitalen Modell auf die Baustelle – präzise, effizient und in Echtzeit. Wo früher Pläne auf Papier dominierten, kommen heute Vermessungssysteme, Tablets und Roboter zum Einsatz. Vier Beispiele zeigen, wie dieser Technologiewandel bereits heute den Baustellenalltag prägt.

Digitale Unterstützung für die Armierung

Auf der Baustelle zeigt das BIM-Modell nicht nur das Gesamtbauwerk, sondern auch alle Armierungsebenen im Detail. So sehen Eisenflechter, welche Bauteile wann und wo eingebaut werden müssen. Materialien und Personal lassen sich genau im richtigen Moment abrufen und einsetzen. Auch Detailfragen, etwa zu Anschlüssen im Bauwerk, können direkt im digitalen Modell überprüft werden. Das beschleunigt die Ausführung, verringert Fehlerquellen und steigert die Präzision gegenüber herkömmlichen Methoden (Frutiger, o.J., Min. 60).

Abbildung 2: BIM2Field: Armierungsmodell auf der Baustelle; Quelle: HRS

Präzision mit dem Bohrroboter

Ein weiteres Beispiel für die Verschmelzung von Planung und Umsetzung ist der Einsatz von Bohrrobotern. Bereits in der Planungsphase werden sämtliche Aufhängungen und Installationen im Modell millimetergenau festgelegt sowie kollisionsfrei und exakt positioniert. Beim Bau des Firmensitzes der Ernst Selmoni AG in Münchenstein kam dafür der Hilti Jaibot zum Einsatz. Der Roboter bohrte die Löcher an der Decke automatisch, berücksichtigte Durchmesser und Tiefe und markierte jede Bohrung farblich. So konnte jedes Gewerk im Nachgang die vorgesehenen Punkte schnell wiederfinden. Gleichzeitig entfielen unergonomische Überkopfarbeiten, und der Staub wurde direkt abgesaugt – sauberer, sicherer und schneller.

Abbildung 3: Mit dem Hilti Jaibot zu mehr Produktivität; Quelle: Hilti

Vorfertigung als Effizienztreiber

BIM entfaltet sein volles Potenzial insbesondere im Bereich der Vorfertigung. Sind wiederkehrende Arbeitsschritte im digitalen Modell extrahiert, können Bauteile und Systeme orts- und zeitunabhängig ausserhalb der Baustelle gefertigt werden (Selmoni, o.J.). Am Beispiel des pRED-Projektes wurden sämtliche Kabeltrassen und Lichtschienen inklusive komplexer Komponenten wie WLAN-Module, 5G-Antennen und Sensoren bereits werkseitig integriert. Um die Montage beschleunigt und fehlerfrei zu gestalten, waren alle Kabel vorkonfektioniert und mit Stecksystemen versehen; vor Ort mussten die Monteure die Elemente nur noch zusammensetzen.

Die Vorfertigung ermöglichte eine vollständige Funktionsprüfung im Werk, was die Qualitätssicherung maximierte und die Einbaueffizienz deutlich erhöhte. Zudem wurden die Aufhängungen exakt auf das spätere Deckenrastermass eingestellt, was einen Zeitgewinn bei der Montage vor Ort darstellt, denn das aufwendige Justieren entfiel.

Die Einbringung der vorgefertigten Systeme erfolgte gezielt nachts, wodurch Verkehrsstaus vermieden und Aufzüge für die Bauarbeiter freigehalten wurden. Wiederverwertbare Verpackungen reduzierten den Abfall und sorgten für Übersichtlichkeit auf der Baustelle. Insgesamt führte dies zu weniger Störungen zwischen den Gewerken, kürzeren Bauzeiten und niedrigeren Kosten – bei deutlich gesteigerter Ausführungsqualität.

Abbildung 4: Trassenvorfertigung; Quelle: Selmoni

Baukontrolle mit VR und AR

Neben Robotik und Vorfertigung erweitern auch Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) die Einsatzmöglichkeiten auf der Baustelle. Während VR vor allem in der Planungsphase genutzt wird, um Gebäude virtuell zu durchlaufen und Planungsfehler früh zu erkennen, kommt AR direkt auf der Baustelle zum Einsatz. Über Tablets oder AR-Brillen werden reale Bilder mit digitalen Informationen überlagert. Bauleiter und Monteure können so Abweichungen sofort erkennen und korrigieren (Netzwoche, 2025). BIM2Field zeigt damit wie Digitalisierung, Automatisierung und Präzision gemeinsam den Weg in die Zukunft des Bauens ebnen.

Abbildung 5: Augmented Reality auf der Baustelle; Quelle: HRS

BIM-Nutzung in der Schweiz im europäischen Kontext

Die Schweizer Bau- und Immobilienbranche steht bei der Digitalisierung weiterhin am Anfang. Laut dem Digital Real Estate Index 2023 erreicht sie einen Reifegrad von nur 4,6 von 10 Punkten – befindet sich damit im selben Range wie Deutschland mit 4,8 Punkten (pom+, 2023, S. 11). 

International ist die Entwicklung uneinheitlich: Laut dem European Contractor Monitor 2024 kennen zwar 47 % der Bauunternehmen in Europa BIM, aber nur 10 % nutzen es aktiv (USP, 2024, S. 12). Spitzenreiter sind die Niederlande mit 79 % Bekanntheit und 22 % Nutzung (Stand 2024), während Länder wie Polen noch weit mit 3 % Nutzung zurückliegen. Die Schweiz wurde in dieser Studie nicht berücksichtigt.

Abbildung 6: Anteil Auftragnehmer div. Ländern, welche BIM einsetzen; Quelle: USP

Im Jahr 2019 sowie im Jahr 2025 hat die suisse.ing eine Umfrage zur BIM-Nutzung in der Schweiz durchgeführt. Dabei kommt die Studie zum Ergebnis, dass sich der Anteil der Unternehmen, welche BIM verwenden, seit 2019 kaum verändert hat. «Drei Viertel der Befragten setzen BIM ein – unabhängig von der Unternehmensgrösse. Firmen mit 50 und mehr Mitarbeitenden gibt es aber keine mehr, die nicht mit BIM arbeiten, während bei kleineren Unternehmen der Anteil bei etwa 65 % stagniert.» (suisse, 2025, S.1)

Strukturelle und regulatorische Ursachen der langsamen BIM-Adoption in der Schweiz

Die Ursachen sind vielfältig: Eine ausgeprägte Einzelkämpfer-Mentalität, sequenzielle Arbeitsprozesse, fehlende Schnittstellen zwischen Softwaresystemen und ebenso hohe Umstellungskosten haben die BIM-Verbreitung ausgebremst. Erst 2021 wurde BIM für bundesnahe Betriebe und ab diesem Jahr auch für Infrastrukturanlagen im Rahmen des Aktionsplans Digitale Schweiz zur Pflicht (SBV, o.J.). Andere Länder waren hier deutlich früher: In Dänemark wurde BIM bereits 2008 flächendeckend eingeführt, in den Niederlanden seit 2011 (Espazium, 2018, November). In Deutschland ist BIM seit 2021 bei öffentlichen Infrastrukturaufträgen und seit Ende 2022 auch im Hochbau verpflichtend (ibau, 2023, März)

Ausblick: Erwartete Marktentwicklung und Anwendungsgrenzen von BIM

In einem Fachgespräch wurde jedoch deutlich, dass die Methode ihre Stärken vor allem bei komplexen, gewerblichen Bauprojekten ausspielt. Im klassischen Wohnungsbau, etwa bei Einfamilienhäusern oder kleineren Mehrfamilienüberbauungen, wird BIM voraussichtlich auch künftig keine zentrale Rolle spielen. Aber auf Grundlage der genannten Vorteile – von höherer Ausführungsqualität bis zu verkürzten Bauzeiten – und der gesetzlichen Regulierung ist in den kommenden Jahren mit einer weiteren Verbreitung von BIM im Markt zu rechnen.

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