Sommerzeit ist Reisezeit. Wer heutzutage ein Hotel bucht, tut dies meist über Portale wie Booking.com oder Expedia und profitiert dabei gegenüber anderen Kanälen vom attraktivsten Preis. Ein Grund dafür, weshalb selbst eine Direktbuchung beim Hotel meist nicht günstiger ist, sind Bestpreisgarantien, welche sich die mächtigen Buchungsplattformen über Preisbindungsklauseln ausbedingen. Mit einer neuen Regelung im UWG sollen solche Standardklauseln in der Schweiz zukünftig verboten werden.
Vor einigen Jahren noch belächelt, wird inzwischen in der Schweiz jede vierte Übernachtung über ein digitales Portal gebucht, Tendenz stark steigend. Die Onlineplattformen dienen Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben als wirkungsvolle Werbeplattform mit enormer Reichweite. Auch für Konsumentinnen und Konsumenten ist das Angebot von erheblichem Nutzen: Zentrale und einfach zugängliche Übersichten über unterschiedliche Unterkünfte, hilfreiche Gästeratings und ein einheitliches Zahlungssystem vereinfachen die Buchung enorm. Mehr Markttransparenz und stärkerer Wettbewerb erhöhen zudem die Qualität und senken die Preise.
Das Geschäftsmodell der Plattformen hat jedoch auch Schattenseiten: Aufgrund der grossen Bedeutung, welche die Portale inzwischen im Beherbergungsmarkt haben, sind Hotels darauf angewiesen, ihre Angebote neben analogen Kanälen und der eigenen Webseite auf den gängigen Plattformen zu promoten und zahlen dafür Kommissionen, die rund 12 bis 16 Prozent des Verkaufspreises ausmachen. Die Macht der Buchungsportale zeigt sich zudem in der sogenannten Bestpreisgarantie, welche sie den Betrieben über sogenannte Preisbindungsklauseln vorgeben.
Was ist eine Preisbindungsklausel?
Preisbindungsklausel ist der Oberbegriff für verschiedene Formen von einschränkenden Vorschriften hinsichtlich der Preispreispolitik der Beherbergungsbetriebe.
Eine erste Form bilden die Preisparitätsklauseln.
Bei einer sogenannten engen Preisparitätsklausel verpflichtet sich der Beherbergungsbetrieb gegenüber der Buchungsplattform, die Preise, zu denen seine Angebote auf der Plattform offeriert werden, auf seiner eigenen Webseite nicht zu unterschreiten. Auf anderen Vertriebskanälen (z.B. bei telefonischer Buchung, in E-Mails oder über konkurrierende Online-Dienste) kann das Hotel aber günstigere Angebote gewähren.
Weite Preisparitätsklauseln sind strenger: Hier darf der Beherbergungsbetrieb auf keinem Kanal tiefere Preise als auf der Plattform anbieten.
Die zweite Form der Preisbindungsklausel ist etwas weniger einschränkend als die Preisparitätsklausel. Hier gibt die Online-Plattform dem Hotel einen bestimmten Mindestpreis unter dem Plattformpreis vor, den es auf jeden Fall nicht unterschreiten darf.
Bereits 2012 hatte sich die Wettbewerbskommission (WEKO) auf Initiative von hotelleriesuisse erstmals im Rahmen einer Untersuchung mit diesen Praktiken der Buchungsplattformen zu befassen. Mit Verfügung vom 19. Oktober 2015 entschied die WEKO, dass weite Preisparitätsklauseln gegen das Kartellgesetz verstossen. Ausdrücklich offen liess sie aufgrund der noch fehlenden Erfahrung, ob auch weniger einschränkende Klauseln wie enge Paritätsklauseln und die Vorgabe eines Mindestpreises unzulässig sind.
In der Folge reichte der Parlamentarier Pirmin Bischof 2016 die Motion «Verbot von Knebelverträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie» im Ständerat ein. Diese soll nun mit einer neuen Bestimmung im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt werden. Gemäss Art. 8a VE-UWG soll es neu als unlauteres Verhalten qualifizieren, wenn Betreiber von Online-Buchungsplattformen in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen die Preissetzung von Beherbergungsbetrieben durch Preisbindungsklauseln, namentlich Preisparitätsklauseln, einschränken.
Damit weitet die neue Regelung das sonst lediglich im B2C-Bereich anwendbare Verbot missbräuchlicher AGB von Art. 8 UWG im Verhältnis zwischen Online-Buchungsportalen und Beherbergungsbetrieben auf den B2B-Bereich aus. Die Rechtsfolge einer solchen unzulässigen Preisbindungsklausel ist deren Nichtigkeit gemäss Art. 20 des Obligationenrechts (OR), die jederzeit auf dem Zivilweg geltend gemacht werden kann. Erfasst werden sämtliche Arten von Preisbindungsklauseln (d.h. enge und weite Preisparitätsklauseln und Mindestpreisvorgaben), sofern sie in den AGB des Plattformbetreibers enthalten sind. Wird eine Preisbindungsklausel nicht in den vorformulierten Standardbedingungen, sondern im spezifisch zwischen dem Portal und einem Beherbergungsbetrieb abgeschlossenen Individualvertrag vereinbart, fällt sie entsprechend nicht unter den neuen Art. 8a VE-UWG und ist nicht per se verboten. Allerdings gilt auch dort die erwähnte Rechtsprechung der WEKO weiter, die zumindest weite Paritätsklauseln verbietet. Je nach Ausgestaltung im konkreten Einzelfall könnte die WEKO zudem auch andere Klauseln, die sie im Entscheid von 2015 noch unbeurteilt liess, für unzulässig erklären.
Mit der vorgeschlagenen Regelung folgt die Schweiz dem Beispiel verschiedener europäischer Staaten. So kennen etwa Frankreich, Italien, Österreich und Belgien gesetzliche Verbote von Preisparitätsklauseln.
Der Vorentwurf wurde im November 2020 in Vernehmlassung geschickt. Wann nach Abschluss der Konsultation Ende Februar 2021 mit den nächsten Schritten im Gesetzgebungsverfahren gerechnet werden kann, ist noch nicht absehbar. Der Bericht zu den Vernehmlassungsergebnissen steht noch aus.
Es ist zu erwarten, dass die Vorlage auf gemischte Reaktionen gestossen ist: Von der Beherbergungsindustrie wird die Stossrichtung begrüsst werden und ihr Anliegen, die für sie nachteiligen Bestpreisgarantien der starken Buchungsportale einzudämmen, ist durchaus legitim. Volkswirtschaftlich schädlichen Praktiken von marktmächtigen Playern gilt es konsequent Einhalt zu gebieten. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass sowohl die Tourismusbranche selbst als auch die Endkunden wesentlich vom Angebot der Buchungsportale profitieren. Gerade vor diesem Hintergrund ist sorgfältig abzuwägen, ob ein regulierender Eingriff in die Marktmechanismen über den neuen Art. 8a VE-UWG notwendig ist oder ob negativen Effekten, sofern nötig, mit den bestehenden kartellrechtlichen Instrumenten beigekommen werden kann.
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