FIFA vs. Puma – Markenrechtliches Fussball-Duell ohne Sieger

FIFA vs. Puma – Markenrechtliches Fussball-Duell ohne Sieger

Autor: Isabelle Oehri

Hochschule Luzern - W Dozentin & Projektleiterin
isabelle.oehri@hslu.ch

In einem kürzlich publizierten Urteil war das schweizerische Bundesgericht Schiedsrichter in einem Streit zwischen der FIFA und Puma um Markenrechte im Zusammenhang mit der bevorstehenden Fussball-WM in Katar. Der vorliegende Blogbeitrag fasst das aus juristischer Optik äusserst spannende Duell zusammen und erläutert, weshalb keiner der Gegner als Sieger vom Platz gehen konnte.

In seinem Urteil BGer 4A_518/2021 und 4A_527/2021 vom 6. April 2022 hatte das Schweizer Bundesgericht einen markenrechtlichen Streit zwischen dem internationalen Fussballverband FIFA und dem bekannten Sportartikelhersteller Puma zu entscheiden. Die beiden waren sich bezüglich verschiedener Markenrechte, welche sie jeweils mit Blick auf die bevorstehende Fussballweltmeisterschaft 2022 in Katar hatten eintragen lassen, in die Haare geraten. Was war genau passiert?

Markenrechtlicher Streit zwischen der FIFA und Puma

Puma hatte am 2. Oktober 2018 bzw. am 19. Februar 2019 die Wortmarken «PUMA WORLD CUP QATAR 2022» und «PUMA WORLD CUP 2022» unter anderem für Sportartikel, Bekleidung und Accessoires ins schweizerische Markenregister eintragen lassen. Da Puma nicht zu den Sponsoren der WM zählt, störte sich die FIFA als deren Organisatorin daran und verlangte im Mai 2019 mit Klage beim Handelsgericht Zürich, die Marken von Puma seien für nichtig zu erklären. Sie seien irreführend, da sie suggerierten, es bestehe eine Beziehung zwischen Puma und der WM, welche tatsächlich nicht gegeben sei.

Derart beklagt, holte Puma zum Gegenangriff aus und forderte mittels Widerklage, die beiden kombinierten Wort-Bild-Marken der FIFA (vgl. Abbildung), welche diese ihrerseits am 5. Dezember 2018 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen, insbesondere für Sponsoring- und Merchandisingprodukte, hinterlegt hatte, seien für nichtig zu erklären, weil sie beschreibenden Charakter hätten und daher zum nicht als Marke schützbaren Gemeingut gehörten.

Die Wort-Bild-Marken Nr. 725 428 und Nr. 725 429 der FIFA gemäss schweizerischem Markenregister.

Das Handelsgericht wies sowohl Klage als auch Widerklage ab; alle vier Marken seien gültig. Daraufhin zogen beide Parteien das Verfahren ans Bundesgericht weiter. Das Höchstgericht kehrte nun das vorinstanzliche Urteil vollumfänglich um, indem es sowohl Klage als auch Widerklage guthiess und alle vier Marken für nichtig erklärte.

Puma als Verlierer…
Marken PUMA WORLD CUP QATAR 2022 und PUMA WORLD CUP 2022 irreführend

Gemäss Art. 2 lit. c des schweizerischen Markenschutzgesetzes (MSchG) können Zeichen nicht als Marke eingetragen werden, wenn sie irreführend sind. Für die Beurteilung des Risikos einer Irreführung ist massgebend, ob das betreffende Zeichen geeignet ist, beim Abnehmer falsche Vorstellungen bzw. Erwartungen über das gekennzeichnete Angebot zu wecken. Eine Täuschungsgefahr kann unter anderem daraus resultieren, dass das Zeichen zu einem unrichtigen Rückschluss auf die geschäftlichen Verhältnisse des Markeninhabers führt.

Unter diesen Tatbestand fallen gemäss Bundesgericht die strittigen Puma-Marken PUMA WORLD CUP QATAR 2022 und PUMA WORLD CUP 2022 (vgl. insbesondere BGer 4A_518/2021 und 4A_527/2021, E. 3). Es sei nämlich unstrittig, dass Puma mit diesen Marken beabsichtige, auf die 2022 in Katar stattfindende Fussball-WM der FIFA Bezug zu nehmen. Die Schweizer Abnehmer von Sportartikeln, Bekleidung und Accessoires fassten diese Marken auch unmittelbar als Hinweis auf das betreffende Fussball-Ereignis auf. Den Einwand Pumas, dass damit auch irgendeine Weltmeisterschaft in einer anderen Sportart assoziiert werden könne, lässt das Bundesgericht mit Verweis auf die erhebliche Bedeutung des Fussballsports und das notorisch ausserordentlich hohe Interesse des schweizerischen Publikums an der Fussball-WM nicht gelten.

Daher wecke, so das Höchstgericht, die von Puma gewählte Wortkombination des eigenen Namens mit Begriffen, die auf die Weltmeisterschaft in Katar hinweisen, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Erwartung einer besonderen Beziehung von Puma als Markeninhaber und dem betreffenden Sportgrossereignis der FIFA – Sprich, der Durchschnittsabnehmer gehe beim Betrachten dieser Marken fälschlicherweise davon aus, dass Puma als Hauptsponsor der WM in Katar fungiere. Da dies nicht der Fall sei, würden die durch die beiden strittigen Puma-Marken bei den angesprochenen Verkehrskreisen geweckten Erwartungen enttäuscht.

Folglich schliesst das Bundesgericht, dass es sich bei PUMA WORLD CUP QATAR 2022 und PUMA WORLD CUP 2022 um irreführende Zeichen im Sinne von Art. 2 lit. c MSchG handle, und erklärt sie für nichtig.

…und FIFA als Verliererin
Marken QATAR 2⚽22 und WORLD CUP 2⚽22 rein beschreibend

Bis zu diesem Punkt sah es für die FIFA nach einem Sieg aus. Doch neben den Puma-Marken standen unter der Widerklage auch noch die FIFA-Marken QATAR 2⚽22 und WORLD CUP 2⚽22 zur Diskussion.

In diesem Kontext zieht das Bundesgericht Art. 2 lit. a MSchG heran: Nach dieser Bestimmung sind Zeichen dann vom Markenschutz absolut ausgeschlossen, wenn sie unter das sog. Gemeingut fallen, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Wa­ren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht wer­den. Zum Gemeingut gehören insbesondere rein beschreibende Zeichen.

Das schweizerische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat im Zusammenhang mit der Eintragung von Sportereignissen als Marken eine spezifische Praxis entwickelt. Gemäss dieser haben Bezeichnungen wie etwa «Katar 2022» oder «Weltmeisterschaft 2022» beschreibenden Charakter und können daher nicht als Marke eingetragen werden. Dies leuchtet ein, denn andere im Jahr 2022 in Katar möglicherweise stattfindende Veranstaltungen oder Weltmeisterschaften in anderen Sportarten haben ein legitimes Interesse daran, diese Begriffe ebenfalls verwenden zu dürfen. Deshalb können daran keine Markenrechte, die dem Inhaber einen exklusiven Verwendungsanspruch gewähren, eingeräumt werden.

Angesichts dieser IGE-Praxis haben FIFA und Co. ihre Strategien zum Schutz vor unerwünschtem Merchandising und Ambush-Marketing angepasst: Ein gängiger Ansatz zur Umschiffung dieses Hindernisses besteht etwa darin, dem vom IGE als beschreibend qualifizierten Wort ein Bildelement hinzuzufügen – im Fussballbereich häufig ein Ball. Solche kombinierten Wort-Bild-Marken qualifiziert das IGE nämlich nicht mehr als beschreibend im Sinne von Art. 2 lit. a MSchG. So wurde nicht nur die im vorliegenden Verfahren umstrittenen Marken QATAR 2⚽22 und WORLD CUP 2⚽2, bei denen jeweils die Null durch den Ball ersetzt wurde, im Markenregister eingetragen, sondern auch bereits die von der UEFA im Hinblick auf die Europameisterschaft 2020 registrierte Marke EURO 202⚽. Diese Taktik ist markenrechtlich äusserst clever: Da Marken nicht nur gegen die Verwendung identischer Zeichen schützen, sondern auch gegen jene verwechselbar ähnlicher und das blosse Weglassen des Balls nicht zum Wegfall der Verwechslungsgefahr führt, vermitteln solche Wort-Bild-Kombinationen effektiv auch den beabsichtigten Schutz gegen entsprechende Labels ohne Ball.

Im neuen Bundesgerichtsentscheid um Puma und FIFA lehnt nun das schweizerische Höchstgericht die beschriebene IGE-Praxis im Zusammenhang mit der Markeneintragung von Sportereignissen ab (vgl. insbesondere BGer 4A_518/2021 und 4A_527/2021, E. 6). Das Bundesgericht führt aus, dass die Wortkombinationen «QATAR 2022» und «WORLD CUP 2022» vom angesprochenen Publikum klar als Hinweis auf die dieses Jahr in Katar stattfindende Fussball-WM verstanden würden. Anders als das IGE ist das Bundesgericht der Auffassung, dass an diesem beschreibenden Charakter auch die jeweils in Form eines stilisierten Fussballs hinzugefügte Null nichts ändert.

Auch eine Verkehrsdurchsetzung, die nach Art. 2 lit. a MSchG dazu führen könnte, dass eine beschreibendes Zeichen gleichwohl als Marke eingetragen werden könnte, verneint das Bundesgericht mit dem Hinweis, dass die beiden Marken der FIFA noch gar nicht benutzt worden seien.

Vor diesem Hintergrund versagt das Bundesgericht gestützt auf Art. 2 lit. a MSchG auch den Marken der FIFA QATAR 2⚽22 und WORLD CUP 2⚽2 den Markenschutz und erklärt sie für nichtig.

Ein Urteil mit weitreichender Bedeutung

Das am 6. April 2022 publizierte Bundesgerichtsurteil dürfte in der Sportwelt hohe Wellen schlagen, denn die Monetarisierung von sportlichen Grossveranstaltungen ist ein Milliardengeschäft.

Inwiefern das Urteil zu überzeugen vermag, hängt wohl vom Standpunkt des Betrachters ab. Im Ergebnis und mit Blick auf die spezifische vorliegende Konstellation, in welcher gleichzeitig ein Versuch von Trittbrettfahrer-Marketing (seitens Puma) und ein Versuch von potentiell ausuferndem Markenschutz für eine Sportveranstaltung (seitens FIFA) zu beurteilen waren und beiden Verhaltensweisen vom Bundesgericht ein Riegel vorgeschoben wurde, erscheint die bundesgerichtliche Beurteilung überzeugend. Das vom Resultat her gedacht wohl korrekte Urteil vermag allerdings gleichwohl nicht über eine gewisse Widersprüchlichkeit hinwegzutäuschen: Denn einerseits argumentiert das Bundesgericht mit Blick auf die strittigen Puma-Marken mit der notorischen Bekanntheit der Fussball-WM, welche dazu führe, dass jedermann Marken wie diejenigen von Puma sofort mit diesem Sportgrossereignis in Verbindung bringe. Wenige Erwägungen später aber spricht es den FIFA-Marken andererseits eine – auf ebendiese notorische Bekanntheit der Fussball-WM gründende – Verkehrsdurchsetzung ab.

Unabhängig von dieser logischen Inkohärenz der bundesgerichtlichen Argumentation führt das Urteil und die darin konstatierte Unmöglichkeit des Markenschutzes für Veranstalter wie die FIFA zu Schwierigkeiten, ihre Events und deren Sponsoren davor zu schützen, dass unautorisierte Unternehmen Produkte und Dienstleistungen mit veranstaltungsbezogenen Zeichen versehen und damit vom Image der betreffenden Veranstaltungen profitieren. Das Urteil dürfte unter anderem bedeuten, dass Veranstalter mangels Markenschutzes in der Schweiz zukünftig gezwungen sind, entweder den praktisch komplexen und teuren Beweis der Verkehrsdurchsetzung ihrer Marken zu führen oder sich im Kampf gegen Ambush-Marketing und verwandte Praktiken vermehrt (nur) auf das im Vergleich mit dem Markenschutzgesetz deutlich weniger schlagkräftige Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu stützen.

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