Marken, Patente & Co. in Joint Ventures: IP-Rechte bei Kooperationen vertraglich regeln

Marken, Patente & Co. in Joint Ventures: IP-Rechte bei Kooperationen vertraglich regeln

Autor: Adrian Gantenbein

Hochschule Luzern - W Dozent & Projektleiter
adrian.gantenbein@hslu.ch

Immer mehr Unternehmen entscheiden sich, mit anderen Unternehmen zusammenzuarbeiten, um gemeinsam ein Projekt durchzuführen. Die Führungsebenen der beiden Unternehmen vereinbaren dann in einem Kooperationsvertrag die gemeinsame Strategie, fixieren anhand eines Business Plans die zu erreichenden Ziele und legen die operativen Verantwortlichkeiten fest. Nicht selten vergessen geht dabei aber, dass im Rahmen solcher Kooperationen häufig geistiges Eigentum entsteht. Wie schützt man diese regelmässig sehr wertvollen Assets und wem gehören sie überhaupt? Im vorliegenden Artikel gibt Adrian Gantenbein, Rechtsanwalt und Dozent des neuen CAS Vertragsmanagement der Hochschule Luzern, einen Überblick, was es bezüglich Immaterialgüterrechte zu beachten gilt, wenn unternehmensübergreifende Kooperationen abgeschlossen werden.

Das schweizerische Immaterialgüterrecht umfasst das Marken-, Design-, Patent- und Urheberrecht. Im Zusammenhang mit Unternehmenskooperationen können diverse Arten von geistigem Eigentum entstehen und entsprechend kommt allen diesen Schutzrechten eine Bedeutung zu.  

Gemeinsame Brands markenrechtlich schützen und Nutzung regeln

Nicht selten sind Joint Ventures und anderen Kooperationen auf die gemeinsame Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen ausgerichtet. In diesem Kontext stellen sich unter anderem markenrechtliche Fragen.

Das Markenschutzgesetz definiert die Marke als Zeichen, das geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Marken können insbesondere Wörter (z.B. Novartis), Buchstaben (z.B. UBS), Zahlen (z.B. 501), bildliche Darstellungen (z.B. SBB-Logo), dreidimensionale Formen oder Verbindungen solcher Elemente untereinander oder mit Farben (z.B. das Gelb der Schweizerischen Post) sein.

Soll eine Marke in der Schweiz geschützt werden, ist diese beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) zu registrieren. Die Schutzdauer einer Marke beträgt 10 Jahre und kann beliebig oft um jeweils 10 Jahre verlängert werden.

Wenn die Kooperationspartner zusammen ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung lancieren, ist es nicht nur wichtig, dem gemeinsamen «Kind» einen Namen zu geben und diesen zu schützen, sondern auch zu regeln, wem die Markenrechte (schweizweit und/oder international) zustehen. Zu Beginn scheint eine solche Regelung aus Sicht der Kooperationspartner nicht prioritär zu sein. Ist das Produkt aber erfolgreich, steigt auch der Wert der Marke und spätestens zu diesem Zeitpunkt ist es entscheidend, wem die Markenrechte zustehen. Je nach Konstellation kann sich eine unterschiedliche Regelung ergeben. Oft erfolgt die Zuteilung der Markenrechte an den einen Kooperationspartner und die Einräumung von Nutzungsrechten (Stichwort Lizenz) an den anderen Kooperationspartner unter genauer Definition der Modalitäten (z.B. Art der Nutzung, Umfang, Dauer und allfälliges Entgelt). Es kann aber auch sinnvoll sein, die Markenrechte beim gemeinsamen Joint-Venture Unternehmen zu allozieren.

Designrechte zuweisen und Arbeitnehmerrechte beachten

Auch das Designgesetz spielt im Rahmen von Unternehmenskooperationen regelmässig eine Rolle. Es schützt Gestaltungen von Erzeugnissen oder Teilen von Erzeugnissen, die namentlich durch die Anordnung von Linien, Flächen, Konturen oder Farben oder durch das verwendete Material charakterisiert sind. Designs stellen somit die bestimmte äussere Formgebung von etwas Zweidimensionalem (z.B. die Gestaltung eines Stoffmusters) oder etwas Dreidimensionalem (z.B. die Form einer Zitronenpresse) dar.

Ein Design ist schutzfähig, soweit es neu ist und Eigenart aufweist. Diese beiden Voraussetzungen erfordern, dass das Design in der Schweiz bisher nicht bekannt ist und dass es sich von bisherigen ähnlichen Gestaltungen wesentlich unterscheidet.

Soll ein Design in der Schweiz geschützt werden, ist es beim IGE zu registrieren. Die Schutzdauer beträgt 5 Jahre und kann maximal 4-mal um jeweils 5 Jahre verlängert werden.

Art. 332 OR sieht vor, dass Erfindungen und Designs, die Arbeitnehmende bei Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit und in Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten machen oder an deren Hervorbringung sie mitwirken, unabhängig von der Schutzfähigkeit grundsätzlich der Arbeitgeberin gehören. Durch schriftliche Abrede kann sich die Arbeitgeberin überdies den Erwerb von Erfindungen und Designs ausbedingen, die vom Arbeitnehmer bei Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit, aber nicht in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten gemacht werden. Wenn Unternehmen kooperieren und Designs (z.B. einen Rucksack) entwickeln, ist eine klare Regelung der Zuweisung der Designrechte entscheidend.  Inhaltlich gilt hierbei Analoges wie bei der Regelung der Markenrechte. Neben der Festlegung, welchem Kooperationspartner die Designrechte zustehen und wer sie inwiefern nutzen darf, sind dabei auch die Arbeitsverträge der an der Designentwicklung beteiligten Arbeitnehmenden zu prüfen, um Konflikte zu vermeiden.

Gemeinsame Erfindungen patentieren und Nutzungsrechte klar definieren

Besonders bedeutsam sind Unternehmenskooperationen im F&E-Bereich, wo gemeinsam neuartige Erzeugnisse oder Verfahren entwickelt werden sollen. Hier ist der Patentschutz von essenzieller Bedeutung.

Ein Patent kann beansprucht werden für Erfindungen in der Form eines Erzeugnisses (z.B. einer chemischen Substanz) oder eines Verfahrens (z.B. eines Verfahrens zur Bearbeitung eines Metalls). Voraussetzung für die Patentierbarkeit von Erfindungen ist, dass sie neu und gewerblich anwendbar sind. Eine Erfindung qualifiziert dann als neu, wenn sie nicht zum sog. «Stand der Technik» gehört oder sich nicht für eine Fachperson in naheliegender Weise aus diesem ergibt.

Soll eine Erfindung in der Schweiz mittels eines Patents geschützt werden, ist sie beim IGE zu registrieren. Da das IGE die Voraussetzungen der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit nicht prüft, ist vorab eine Patentrecherche zu empfehlen.  Nach der Eintragung sind Erfindungen in der Regel 20 Jahre geschützt.

Die bei den Designs erwähnten Ausführungen zu Art. 332 OR gelten auch für die Patente. Bei den Patenten ist in der Regel die ökonomische Dimension jedoch noch deutlich grösser als bei den Designs, da der Wert von Patenten in Branchen mit hohen Investitionen in die Forschung und Entwicklung – insbesondere in der Pharmazie und der Industrie – von grosser Bedeutung sind. Umso wichtiger ist es, im Voraus vertraglich genau zu definieren, wem die Rechte an den Patenten zustehen sollen.

Urheberrecht bei gemeinsamer Softwareentwicklung nicht vergessen

Wenngleich selten an oberster Stelle auf der Agenda, können auch Urheberrechte im Kontext von Joint Ventures eine Rolle spielen.

Das Urheberrechtsgesetz dient dem Schutz von Werken, d.h. von geistigen Schöpfungen der Literatur und Kunst, die individuellen Charakter haben. Dazu gehören unabhängig von ihrem Wert oder Zweck insbesondere Sprachwerke (z.B. Texte), Werke der Musik (z.B. Lieder), Werke mit wissenschaftlichem oder technischem Inhalt (z.B. Zeichnungen, Pläne oder plastische Darstellungen), fotografische, filmische und andere visuelle oder audiovisuelle Werke (z.B. Filme) oder Computerprogramme.

In der Schweiz beträgt die Schutzdauer 70 Jahre (Computerprogramme 50 Jahre) nach dem Tod des Urhebers. Bei Fotografien ohne individuellen Charakter endet die Schutzdauer 50 Jahre nach deren Herstellung. Der urheberrechtliche Schutz beginnt ohne irgendeine Anmeldung in dem Moment, in dem ein Werk die Schutzvoraussetzungen erfüllt, d.h. sobald die Grenze der Individualität überschritten wird.

Im Zusammenhang mit Kooperationsverträgen gilt es im Speziellen Art. 7 des Urheberrechtsgesetzes zu beachten: Haben mehrere Urheber-Personen an der Schaffung eines Werks mitgewirkt, so steht ihnen das Urheberrecht gemeinschaftlich zu. Das bedeutet, dass z.B. die Urheberrechte an einem Werbefilm, der im Rahmen einer Kooperation geschaffen wurde, den beteiligten Unternehmen gemeinsam zustehen, sofern die Projekt-Mitarbeitenden ihre Urheberrechte im Arbeitsvertrag an das jeweilige Unternehmen rechtsgültig abgetreten haben.

Das Urheberrechtsgesetz sieht weiter vor, dass Miturheber, wenn sie nichts anderes vereinbart haben, das Werk nur mit Zustim­mung aller verwenden können. Dieses Zustimmungserfordernis aller berechtigten Parteien kann in der Praxis zu Komplikationen führen und sollte mittels einer vertraglichen Regelung wegbedungen werden.

Viele Kooperationen sehen die gemeinsame Entwicklung eines Computerprogramms vor. Das Herzstück eines Computerprogramms ist der sog. Quelltext (Source Code). Dieser ist urheberrechtlich geschützt. Art. 17 des Urheberrechtsgesetzes bestimmt in diesem Zusammenhang ähnlich wie Art. 332 OR für Erfindungen und Designs, dass die Verwendungsbefugnisse für ein Computerprogramm, das in einem Arbeitsverhältnis bei Ausübung dienstlicher Tätigkeiten sowie in Erfüllung vertraglicher Pflichten geschaffen wird, ausschliesslich der Arbeitgeberin zustehen. Dies bedeutet, dass diese die Verwendungsrechte (z.B. das Vervielfältigungsrecht) erwirbt. Wenn nun Arbeitnehmende verschiedener Unternehmen ein Computerprogramm entwickeln, kann dies zu Unklarheiten bezüglich der Urheberrechte am Quelltext führen. Mittels vertraglicher Regelung sollte dies vermieden werden.

Vorausschauende vertragliche Regelung von Immaterialgüterrechten als Thematik des Vertragsmanagements – Bilden Sie sich weiter!

Um Unklarheiten bei Kooperationen von Beginn weg zu vermeiden und nachträgliche Streitigkeiten zu verhindern, ist es empfehlenswert, im Kooperationsvertrag eine einvernehmliche Regelung der Immaterialgüterrechte vorzunehmen. Dies bedingt ein umfassendes und vorausschauendes Vertragsmanagement.

Kompetentes Vertragsmanagement erfordert dabei ein ganzes Set an Knowhow und Skills. Die Hochschule Luzern bietet mit dem CAS Vertragsmanagement ab September 2022 ein neues interdisziplinäres Weiterbildungsprogramm, mit dem Fachpersonen aus den verschiedensten Bereichen genau dieses Knowhow und diese Skills vertiefen und ihre Expertise auf den Ebenen Recht und Vertragsgestaltung, Strategie und Verhandeln sowie Tools und Prozesse zu einem integralen Kompetenzprofil im Contract Management ergänzen (Informationen zum CAS Vertragsmanagement in der Box). 


CAS Vertragsmanagement

In drei praxisorientierten Modulen vermittelt das CAS Vertragsmanagement fundierte Kenntnisse in den Bereichen Recht und Vertragsgestaltung, Strategie und Verhandeln sowie Tools und Prozesse.
Die Weiterbildung startet im September 2022 und dauert bis März 2023.

Infoveranstaltung (online): 6. Juli 2022, 18.00 Uhr
Anmeldeschluss: 31. August 2022

Kommentare

0 Kommentare

Kommentar verfassen

Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.