Gerade in Corona-Zeiten tritt in verschiedenen Bereichen bestehender Digitalisierungsbedarf besonders deutlich zu Tage. Auch die Justiz steht hier vor Herausforderungen. Nun soll mit einer zentralen Plattform der Grundstein für den elektronischen Rechtsverkehr gelegt werden. Dazu wurde gestern der Entwurf eines neuen Bundesgesetzes über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) in die Vernehmlassung geschickt.
Dass die Corona-Krise auch das Gerichtswesen herausfordert, wurde bereits mehrfach offenkundig, so beispielsweise im Bundesgerichtsentscheid 4A_180/2020 vom 6. Juli 2020, in welchem das schweizerische Höchstgericht feststellte, dass für eine Verhandlungsführung per Videokonferenz ohne Zustimmung der Parteien eine Änderung der ZPO notwendig wäre. Über dieses Urteil wurde hier auf dem Blog berichtet.
Doch der Digitalisierungsbedarf in verschiedenen Aspekten der Justiz war bereits vor der Pandemie ein Thema. Im Rahmen des Projekts Justitia 4.0, das von den eidgenössischen Gerichten und den kantonalen Straf- und Justizvollzugsbehörden initiiert wurde, soll nun im Bereich des Datenaustausches mit der Schaffung einer hochsicheren, zentralen Plattform die Grundlage für einen modernen elektronischen Rechtsverkehr gelegt werden.
Gemäss dem gestern in Vernehmlassung geschickten Vorentwurf des neuen Bundesgesetzes über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ; hier abrufbar) soll der elektronische Rechtsverkehr für professionelle Akteure wie Anwälte, Gerichte oder Behörden obligatorisch werden. Private können die Plattform freiwillig nutzen, aber auch weiterhin per Post mit Gerichten und Behörden kommunizieren. Der sichere Zugang soll durch Nutzung der elektronischen Identität (E-ID) gewährleistet werden.
Die neue digitale Kommunikationsplattform wird alle Justizbehörden in der Schweiz betreffen, weshalb der Bundesrat vorschlägt, dass sie auch von Bund und Kantonen gemeinsam aufgebaut und finanziert werden soll.
Ziel ist es, mit diesem Modernisierungsschritt die Durchführung von Gerichtsverfahren zu beschleunigen, die Kommunikation zwischen Parteien und Behörden sowie den Zugriff auf die Verfahrensakten für alle Verfahrensbeteiligten zu erleichtern.
Die Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetzes über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) dauert bis am 26. Februar 2021. Der zugehörige Vorentwurf, der erläuternde Bericht und die Medienmitteilung sind hier abrufbar.
Kommentare
1 Kommentare
Daniel Kettiger
12. November 2020
Das Projekt Justitia 4.0, das schon einige Jahre dauert und noch lange nicht auf der Zielgeraden ist, führt unweigerlich zu den folgenden zwei Befunden: 1. Die Schweiz ist hinsichtlich der Digitalisierung von Verwaltung und Justiz erheblich im Rückstand. 2. Der Föderalismus ist - wie auch die Coronavirus-Krise zeigt - definitiv ein Auslaufmodell.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.