23. November 2020

Allgemein

Das Härtefallfondsproblem und seine Lösungsansätze am Beispiel des Gastgewerbes

Das Härtefallfondsproblem und seine Lösungsansätze am Beispiel des Gastgewerbes

Autor: Christoph Hauser

Hochschule Luzern - W Dozent & Projektleiter
christoph.hauser@hslu.ch

Die Covid-19-Krise trifft die Unternehmen verschiedener Branchen sehr ungleich. Stand Mitte November ist absehbar, dass Bund und Kantone der Wirtschaft einen Härtefallfonds in Höhe von schweizweit insgesamt einer Milliarde Franken zur Verfügung stellen. Wie lässt sich rational bestimmen, welche Unternehmen trotz Pandemie eine Daseinsberechtigung haben und welche Unternehmen nicht schützenswert sind?

Die Covid-19-Pandemie trifft insbesondere Branchen hart, in denen das Zusammentreffen von Menschen im Kern ihres Geschäftsmodells steht, was zum Beispiel beim Gastgewerbe (Restaurants, Bars, Hotels, Clubs, Cafés) ausgeprägt der Fall ist.

Bund und Kantone bereiten derzeit Härtefallfonds vor. Zwar sind Fonds in bedeutender Höhe vorgesehen, doch dürfte auch der Bedarf für finanzielle Unterstützung sehr hoch ausfallen. Wie hoch, in welcher Form und insbesondere an wen Unterstützung von staatlicher Seite geleistet werden soll, ist sowohl aus volkswirtschaftlicher wie auch betriebswirtschaftlicher Sicht zu klären. Insbesondere ist sicherzustellen, dass mit den knappen finanziellen Ressourcen der grösstmögliche ökonomische Nutzen kreiert wird.

Einige Unternehmen benötigen keine Unterstützung, weil sie aus eigener Kraft durch die Krise kommen (A-Unternehmen). Andere Unternehmen sollten nicht weiter unterstützt werden, da sie sogar ohne die aktuelle Krise nicht überlebensfähig wären (C-Unternehmen). Geholfen werden sollte folglich jenen Unternehmen, welche grundsätzlich gesund wären, deren Fortbestand aber durch die aktuelle, ausserordentliche Krise gefährdet ist (B-Unternehmen). Das heisst: Die zu unterstützenden Unternehmen sind gewissermassen in der «Mitte» der Leistungsfähigkeit und müssen zeigen, dass sie weder zu schwach noch zu stark aufgestellt sind.

Auch gesamtwirtschaftliche Kriterien zu berücksichtigen

Trotz dieser ersten Triage bleibt es möglich, dass der Härtefallfonds nicht ausreicht, um sämtliche B-Unternehmen am Leben zu erhalten. Es folgen die schwierigen Fragen, wie unterstützungswürdige Unternehmen weiter ausgewählt werden und wie weit verfügbare Gelder auf solche aufgeteilt werden sollen.

Neben der betriebswirtschaftlichen Sicht gibt es entscheidende gesamtwirtschaftliche Kriterien zu berücksichtigen. Das Gastgewerbe ist relativ stark in eher lokalen Lieferantenketten verflochten und ist damit direkt und indirekt ein wichtiger Arbeitgeber. Darüber hinaus belebt die Branche öffentliche Räume in Städten und Gemeinden massgeblich und fungiert als Plattform für sozial und kulturell wichtige Anlässe. Unterschiede zwischen verschiedenen Unternehmen gibt es auch diesbezüglich, solche sind aber schwieriger zu quantifizieren.

Welche Unternehmen nun in der Praxis als B-Unternehmen zu qualifizieren sind, bedingt eine zweiseitige Abgrenzung. Das heisst, sowohl die Notwendigkeit an Unterstützung wie auch der Nachweis der Überlebensfähigkeit sollte mit geeigneten Indikatoren gezeigt werden. Ein Indikator für die Zukunftsperspektive und gleichzeitig ein Weg, um den Mitteln eine zusätzliche Hebelwirkung zu verleihen, ist es, wenn direktbetroffene Stakeholder (u.a. Eigentümer, Lieferanten, Banken) ebenfalls Sanierungsbeiträge in zumutbarer Höhe leisten.

Aus ökonomischer Sicht ist es wichtig, dass die zeitnah zu definierenden Entscheidungsprozesse a) eine möglichst treffsichere Auswahl der B-Unternehmen, b) die schnelle Zusicherung von Mitteln in richtiger Form (Kredit, Bürgschaft, nicht-zurückzahlbarer Beitrag) und Höhe und c) minimale Wettbewerbsverzerrungen ermöglichen.

Dilemma-Situationen rufen nach politischen Entscheiden

Aufgrund der gesellschaftlichen Bedeutung des Gastgewerbes sollte sichergestellt werden, dass die Branche durch die Covid-19-Krise keine langfristig wirkenden Strukturschäden erleidet, wozu der Härtefallfonds ein wichtiges Instrument darstellt. Die momentane Situation bietet aber keine einfache Lösung. Branchen und Politik müssen zwischen verschiedenen Dilemma-Situation entscheiden. Viele der Anforderungen stehen  untereinander in Zielkonflikten.

Beim Entscheid zur Verwendung des Härtefallfonds gibt es einige Dilemmata zu entscheiden.

Arbeitspapier der Hochschule Luzern für das Gastgewerbe Luzern

Im November 2020 hat die Arbeitsgruppe Gastgewerbe Luzern ein Expertenteam der Hochschule Luzern – Wirtschaft (Dr. Marius Fuchs und Prof. Dr. Christoph Hauser) mit der Erörterung der beschriebenen Problematik und der Entwicklung von Lösungsansätzen beauftragt, wie mit den zur Verfügung gestellten Steuergeldern sinn- und massvoll umzugehen ist.

Das auf dieser Basis erstellte Arbeitspapier wurde heute im Rahmen einer Medienkonferenz vorgestellt und ist hier abrufbar:

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