Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung, die immer mehr Lebensbereiche erfasst, pflegen und speichern wir Daten und Informationen zunehmend auch oder gar nur noch virtuell. Folglich gewinnt auch der digitale Nachlass im Sinne der Daten und Informationen, die eine Person bei ihrem Tod hinterlässt, an Bedeutung. Mit Blick auf die Sicherheitsaspekte ist es insbesondere notwendig, einerseits den postmortalen Zugang zu gewährleisten, und andererseits, das Schutzniveau aufrechtzuerhalten. Wie ist damit im Rahmen der eigenen Nachlassplanung umzugehen? Wie kann der Staat die einzelnen Personen in dieser Hinsicht optimal unterstützen? Welche Regeln und Rahmenbedingungen müssen berücksichtigt werden, um allen Akteuren Planungssicherheit und Zuverlässigkeit bieten zu können? Was können insbesondere Notarinnen und Notare bei der Erarbeitung tragfähiger Lösungen in der Nachlassplanung beitragen?
Dieser zweiteilige Blog-Beitrag erörtert im vorliegenden ersten Teil diese und weitere Fragen und leitet im zweiten Teil zentrale Handlungsempfehlungen für die Praxis ab.
Immer mehr Lebensbereiche werden online abgebildet und führen zu diversen Onlinekonten, Registrierungen und Cloudlösungen, die in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Auf Schritt und Tritt werden wir von den grossen Marktplayern zur Nutzung der Clouddienste gedrängt, sei dies bei Apple (iCloud), Microsoft (OneDrive und Azure), Google (GoogleDrive) oder Amazon (Amazon Web Services).
Damit werden sich in unserem Leben vermehrt digitale Daten diverser Arten an vielen verschiedenen Orten sammeln. Nur schon der Umgang zu Lebzeiten mit diesen Daten wird zunehmend komplex für die betroffene Person. Was passiert aber, wenn die betroffene Person stirbt? In der Praxis besteht die erste Herausforderung für die Hinterbliebenen oft schon darin, zu eruieren, welche Onlinedienste die verstorbene Person überhaupt in Anspruch genommen hat und auf welchen Plattformen sie aktiv war. Nicht selten wird diese Suche zusätzlich durch den Umstand erschwert, dass die Person nicht unter ihrem richtigen Namen auftrat, sondern ein Kürzel oder gar ein Pseudonym verwendete.
Was ist der digitale Nachlass überhaupt?
Der Begriff «digitaler Nachlass» ist nicht einheitlich definiert. Wir können hier aber von folgenden Umschreibungen ausgehen:
Ausgehend von dieser umfassenden Begriffsdefinition soll hier das Hauptaugenmerk auf die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse betreffend informationstechnische Systeme und auf den gesamten elektronischen Datenbestand der verstorbenen Person gelegt werden und weniger auf die digitalen Vermögenswerte (wie z.B. Bitcoin etc.).
Mit der Willensvollstreckung nach Art. 517 ff. ZGB stellt das schweizerische Recht ein Instrument im Sinne einer Art post-mortaler Generalvollmacht zur Verfügung. In der Praxis reicht eine Willensvollstreckung allerdings häufig nicht für den Umgang mit den digitalen Daten der verstorbenen Person, etwa um Online-Dienste und -Konten in ihrem Namen zu verwalten, zu löschen oder zu übertragen. Nachfolgend werden deshalb die verschiedenen Handlungsfelder sowie mögliche Lösungsansätze diskutiert.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Definitionen
Grundsätzlich gelten in der Schweiz auch für den digitalen Nachlass die Vorschriften des Privatrechts und damit insbesondere jene des Zivilgesetzbuchs (ZGB) und des Obligationenrechts (OR). Als gesetzlichen Rahmenbedingungen sind im vorliegenden Kontext insbesondere folgende Regelungen von Bedeutung:
Wie bereits einleitend erwähnt, wird der digitale Nachlass grundsätzlich nach den Regeln des Erbrechts übertragen. Demnach geht durch die erbrechtliche Universalsukzession der gesamte digitale Nachlass nach Art. 560 ZGB auf die Erbinnen und Erben über. Dabei kommt es nicht auf den Inhalt des übertragenen Eigentums an; umfasst sind auch Urheberrechte oder andere Immaterialgüterrechte. Dazu gehören auch Daten, welche lokal auf einem Computer und/oder in der Cloud gespeichert sind, Daten bei E-Mail- und Homepage-Providern sowie auf sozialen Netzwerken und schliesslich Daten bei Online-Dienstleistern wie Banken, Auktionshäusern, Reiseveranstaltern und anderen Verkäufern sowie Spielplattformen.
Obwohl somit eigentlich klar ist, dass die Rechte an einem digitalen Nachlass mit dem Tod einer Person ohne weiteres auf deren Erbinnen und Erben übergehen, stehen der Durchsetzung dieser Ansprüche viele praktische Hindernisse im Weg. Der Übergang des digitalen Nachlasses wird hauptsächlich durch die Nutzungsbedingungen der genutzten Dienste verhindert, die in aller Regel fremdem Recht unterliegen und einen Gerichtsstand im Ausland vorsehen.
Lokale Datenspeicherung und Internetaktivitäten
Die geringsten Probleme bei der Nachlassabwicklung sind bei der lokalen Datenspeicherung auf Personal Computers, Laptops oder NAS (Network Attached Storage) sowie portablen Datenträgern (USB-Sticks, USB-Festplatten etc.) zu erwarten. Hier ist der physische Zugriff auf die Datenträger, an denen das Eigentum im Todeszeitpunkt automatisch auf die Erbengemeinschaft übergeht, direkt möglich. Dies ermöglicht gleichzeitig den direkten Zugriff auf die Daten, welche auf diesen Trägern gespeichert sind. Falls die Daten verschlüsselt sind oder der Zugriff mindestens durch ein Passwort geschützt wird, muss allerdings der entsprechende Zugang sichergestellt sein, sei es durch schriftliche Zusammenstellung sämtlicher Zugangsdaten (z.B. als Anhang zum Testament) oder durch gleichwertige Massnahmen (z.B. durch Ablage der Zugangsdaten in einem Tresor oder elektronisch in einem Passwort-Safe).
Bei sämtlichen über das Internet abgewickelten Aktivitäten hingegen (E-Mail, Blogs, Social Media, Cloud, VPN [Virtual Private Network] für den Zugriff auf entfernte (Unternehmens-) Laufwerke etc.) erfolgt der Zugriff fast ausnahmslos über separat einzurichtende Konten mit Benutzername und Passwort, oft und immer häufiger auch mit zusätzlicher Zwei-Faktor-Authentisierung (2FA) zur Erhöhung der Sicherheit. Entsprechend anspruchsvoller wird der Umgang und die Notwendigkeit der separaten und sicheren Aufbewahrung der jeweiligen Zugangsdaten. Dies beginnt nur schon mit der Wahl geeigneter Passwörter (Grundregel: für jedes Konto ein anderes Passwort!). Wenn bei der 2FA ergänzend zum Passwort die Zusendung eines SMS-Codes auf ein Smartphones oder die Eingabe des Codes einer Authenticator-App notwendig ist, ist es erforderlich, dass die Hinterbliebenen neben dem betreffenden Passwort auch Zugang zum Smartphone haben (vgl. Ueli Grüter, 8ung Zwei-Faktor-Authentifizierung).
Digitale Nachlassplanung und -abwicklung – Stand heute
Sobald also der digitale Nachlass nicht ausschliesslich lokal auf Datenträgern der verstorbenen Person, sondern – wie heute immer häufiger – online «in der Cloud» gespeichert wird, stellen sich diverse rechtliche Fragen und Probleme.
In vielen Verträgen von Onlinediensten ist die Übertragung der Daten auf einen Dritten ausgeschlossen oder unter Strafe gestellt (z.B. Facebook). Der Zugriff einer Drittperson mit fremden Identifikationsdaten ist zumindest ein klarer Verstoss gegen die Nutzungsbedingungen, wenn nicht gar ein strafbares Verhalten (Unbefugtes Eindringen in Datenverarbeitungssystem nach Art. 143bis StGB). So verbietet z.B. Apple über die Nutzungsbedingungen grundsätzlich die Übertragung eines Kontos und räumt im Falle des Versterbens den Überlebenden keinerlei Rechte ein (Apple Nutzungsbedingungen iCloud, Ziffer IV; C. Keine Übertragung; D. Kein Recht des Überlebenden).
Zudem werden solche Nutzerverträge oftmals unter ausländischem Recht mit einem Gerichtsstand ausserhalb der Schweiz abgeschlossen.
Selbst wenn aber die rechtlichen Rahmenbedingungen eigentlich klar wären, stellen sich oft im Alltag technische oder faktische Hindernisse in den Weg, die eine einfache und problemlose Nachlassabwicklung stark erschweren oder gar verunmöglichen. So musste ich selbst in einem Nachlass feststellen, dass zwar gemäss den Nutzungsbedingungen von Apple für die Löschung einer Apple ID der verstorbenen Person über die entsprechenden Formulare («Digital Legacy», vgl. Apple Nutzungsbedingungen iCloud, Ziffer II Buchstabe J) die Erstellung eines Nachlasskontaktes sogar im Nachhinein mittels Zusendung einer Todesbescheinigung und des Willensvollstrecker-Ausweises möglich war. Die damit schon im März 2021 beantragte Löschung der Apple ID erfolgte jedoch in der Folge bis heute nicht. Glücklicherweise konnte das Problem der monatlichen Belastung des Nachlasskontos mit einem Betrag von CHF 1.00 (!) für zusätzlichen Speicher in der iCloud faktisch durch Auflösung des Nachlasskontos im Rahmen der Teilung gelöst werden. Wie Apple mit der Forderung dieses Minimalbetrages weiter verfahren ist, bleibt offen.
Nur schon dieses einfache Beispiel zeigt aber, wie wichtig die hier zu behandelnden Punkte im Umgang mit dem dereinstigen digitalen Nachlass sind. Zudem existieren bereits heute sehr viele Profile und Benutzerkonten von verstorbenen Personen weiter und führen zu Datensammlungen mit einer teils schlechten Datenqualität, die auch langfristig im Rahmen von Big Data eine gewisse Unschärfe und damit Ungenauigkeit erzeugen. Die oft bei sozialen Medien verwendete Alternative der Überführung in einen «Gedenkstatus» (z.B. Facebook Gedenkzustand) stellt zudem lediglich eine vorläufige Lösung dar, welche langfristig neue Fragen auch hinsichtlich der angesprochenen Datenqualität aufwirft. Einem solchen Gedenkstatus steht zudem das durch die Angehörigen immer häufiger geltend gemachte «Recht auf Vergessen» gegenüber, das heute insbesondere im Bereich des Datenschutzes klar anerkannt wird (vgl. z.B. Art. 17 DSGVO sowie wohl auch Art. 32 Abs. 2 DSG und schon 2014 der EuGH i.S. Google Spain: “Right to be Forgotten” vom 13.05.2014, Rs. C‑131/12).
Es besteht deshalb zweifelsohne ein immenser Handlungsbedarf bei der Planung des eigenen (digitalen) Nachlasses und damit in erster Linie auch bei der Beratung durch Fachpersonen (Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Notarinnen und Notare, Treuhandfirmen etc.) im Rahmen der Nachlassplanung.
Da sich das (digitale) Leben immer schneller und vielfältiger entwickelt, muss ein Hauptaugenmerk im Umgang mit dem dereinstigen digitalen Nachlass darauf liegen, sämtliche Regelungen aktuell zu halten und jeweils den sich verändernden Umständen anzupassen. Sinnvolle Handlungsempfehlungen (vgl. dazu den zweiten Teil dieses Blog-Beitrags) dürfen deshalb nicht als einmalige Regelung verstanden werden («fire and forget»), sondern als fortlaufende Aktivität, die mindestens von Zeit zu Zeit und wohl besser einigermassen regelmässig eine Überprüfung und Aktualisierung der getroffenen Regelungen nach sich zieht.
Planung
Zentral ist hier die Feststellung, dass man seine digitalen Daten noch so sinnvoll und logisch organisieren und sicher speichern kann, dies aber für die Hinterbliebenen nicht einfach nachvollziehbar sein kann und muss. Es sind deshalb dringend klar und einfach reproduzierbare Vorgehensweisen im Sinne einer Schritt-für-Schritt-Anleitung festzulegen.
Dabei sind schon zu Lebzeiten jedenfalls folgende Punkte zu berücksichtigen:
Auch trotz der von verschiedenen Onlinediensten gemäss deren Nutzungsbedingungen eigentlich nicht erlaubten Weitergabe von Zugangsdaten etc. an Dritte ist die konsequente Dokumentation und Sicherung der laufenden Geschäfte samt aller dazu notwendigen Zugangsdaten einschliesslich des Zugriffs auf allfällige für die 2FA notwendigen Geräte (Smartphone, YubiKey etc.; vgl. vorheriges Beispiel) sinnvoll und notwendig. Es sind dabei möglichst alle relevanten Schritte zur Erlangung des Zugriffs festzuhalten und die für den Zugriff notwendigen Daten zu sichern.
Entsprechende Handlungsempfehlungen müssen deshalb sämtliche Aspekte, sowohl bereits notwendige Handlungen zu Lebzeiten, wie auch klare und nachvollziehbare Regelungen für den Umgang mit dem digitalen Nachlass nach dem Tod des Erblassers bzw. der Erblasserin umfassen (vgl. dazu die Handlungsempfehlungen im zweiten Teil des vorliegenden Blog-Beitrags).
Beratung
Insbesondere in der Beratung im Rahmen der Nachlassplanung ist zwingend auf die Bedürfnisse hinsichtlich der dereinstigen Regelung und Abwicklung des digitalen Nachlasses Rücksicht zu nehmen und hinzuweisen.
Die (ausschliessliche) Hinterlegung der oben erwähnten Liste (wie auch eines Testaments) im Banktresor ist in der Schweiz aber nicht sinnvoll, weil nach dem Ableben des Erblassers bzw. der Erblasserin das Steuerrecht und auch bankinterne Weisungen und Compliance-Regeln den Zugang be- oder gar verhindern (z.B. LUKB Todesfall). Wesentlich sicherer für den dereinstigen Zugriff der Angehörigen auf solche Listen ist deren Aufbewahrung bei einer Notariatsperson (die sinnvollerweise dann auch mit der Willensvollstreckung beauftragt wird) oder der Aufbewahrungsstelle nach Art. 504 ZGB. Der zukünftigen Willensvollstreckung können auch Anweisungen erteilt werden, wie mit dem digitalen Nachlass umzugehen ist, ohne dass dafür in jedem Fall die Form einer letztwilligen Verfügung (Testament) verwendet werden müsste. Aufgrund der immer häufiger werdenden Onlinezugänge und der wechselnden Passwörter samt 2FA etc. kann aber eine solche schriftliche Liste oft nicht mehr den Ansprüchen genügen und ist auch zu wenig flexibel.
Es ist deshalb schon in der Beratung zu Lebzeiten ausführlich nach möglichen und sinnvollen, gleichzeitig aber auch flexibel handhabbaren Lösungen zu suchen. Voraussetzung dafür ist in jedem Fall, dass die zu beratenden Personen auf die Notwendigkeit und Chancen der Regelung des digitalen Nachlasses sensibilisiert und ihnen direkt konkrete Optionen zur Umsetzung angeboten werden.
Abwicklung
Auch für die dereinstige Abwicklung des digitalen Nachlasses können schon zu Lebzeiten verbindliche Handlungsanweisungen und Vorgaben festgelegt werden (vgl. oben unter Beratung). Diese können als Teilungsvorschriften bzw. -anweisungen bloss an die Erbinnen und Erben gerichtet sein, was dann aber bei der Umsetzung unter Umständen grössere Probleme verursachen kann, da die Erbengemeinschaft nur als Gemeinschaft zur gesamten Hand und damit einstimmig handeln kann. Sinnvoller und flexibler ist deshalb die Einsetzung einer Willensvollstreckung, der auch schon zu Lebzeiten Zugangsdaten (sowohl in schriftlicher wie insbesondere auch digitaler Form) zur Aufbewahrung übergeben werden können, womit praktisch ununterbrochen der Zugriff auf den digitalen Nachlass sichergestellt werden kann.
«Das Internet – unendliche Weiten …» (in freier Anlehnung an den Beginn der Star Trek-Filme). Was es im Internet heute (noch) nicht gibt, wird es morgen geben. Die Erfahrung wohl aller Benutzerinnen und Benutzer im Internet zeigt, dass dank den Möglichkeiten des Internets in fast allen Lebensbereichen Lösungen und Dienstleistungen angeboten werden, die noch vor ein paar wenigen Jahren schlicht undenkbar waren (z.B. Airbnb, Uber, Gesundheitsberatungen, Rechtsberatungen etc.). Eine kurze Übersicht über aktuell existierende (Online-)Lösungen im Zusammenhang des digitalen Nachlasses kann deshalb nie abschliessend und höchstens exemplarisch sein.
Onlineplattformen
Diverse Onlineplattformen versuchen, den Umgang mit dem Tod eines Benutzers oder einer Benutzerin in ihren Nutzungsbedingungen zu regeln, wobei es unter Berücksichtigung des «Datenhungers» von Onlinediensten eigentlich nicht sonderlich erstaunt, dass die landesspezifischen Regelungen des Erbrechts kaum bis gar nicht berücksichtigt werden und dagegen die eigenen Interessen an den auf der Onlineplattform zu Lebzeiten angehäuften Daten einer Person als zentral gewertet und durchgesetzt werden. Selbst «Notlösungen» wie ein «Gedenkstatus» z.B. bei Facebook oder die Digital Legacy bei Apple (vgl. dazu oben) bieten für die betroffenen Personen keine wirklichen Lösungen, da nie sichergestellt werden kann, dass die Daten wirklich gelöscht werden.
Digitale Nachlass- oder Vererbungsdienste
Bei der Verwendung digitaler Vererbungsdienste sind die Datenschutzrichtlinien sowie Sicherheitsmechanismen sorgfältig zu prüfen, da mit der Hinterlegung der Zugangsdaten an einem Ort ein hohes Sicherheitsrisiko einhergeht. Angesichts der Fluktuation im Geschäftsfeld «digitale Nachlassplanung» bleibt zudem das Risiko, dass der Vererbungsdienst den Tod seiner Kundschaft selbst nicht «erlebt» und die ihren digitalen Nachlass planende Person in diesem Fall die monatlichen oder gar lebenslangen Gebühren vergeblich gezahlt hat.
Das deutsche Unternehmen Columba ist einer der grössten digitalen Nachlassdienste im deutschsprachigen Raum. Es bietet verschiedene Dienste rund um den digitalen Nachlass an und stellt eine umfangreiche Datenbank zur Verfügung, die Zugänge zu Unternehmen, Behörden, Plattformen, sozialen Netzwerken und sogar Vereinen ermöglicht. Online-Verträge, Mitgliedschaften, Nutzerkonti und Profile bei sozialen Netzwerken können direkt über die Plattform geschlossen oder gekündigt werden. Mit seiner Systemlösung stellt das Unternehmen zudem sicher, dass Erben- und Datenschutz eingehalten werden. Es übernimmt den vollständigen Abmeldeprozess.
In der Schweiz gibt es ein ähnliches Angebot von tooyoo.ch. Es handelt sich dabei um eine Plattform, die den Nachlass in allen Phasen begleitet. Gemäss dem Anbieter soll das Nachlassdossier rechtsgültig sein und in der Schweiz gespeichert werden. Im Dossier können der letzte Wille, Onlinekonten und Passwörter festgehalten und definierten Angehörigen zugänglich gemacht werden.
Auf der ihrer Homepage verweist zudem die Luzerner Kantonalbank auf die Dienstleistungen von SecureSafe als optimale Lösung und gewährt dafür sogar einen Rabatt von 25% (LUKB Digitaler Nachlass, am Ende). SecureSafe bietet eine umfassende Onlinelösung, die den Hinterbliebenen hilft, wichtige Dokumente und Login-Daten einer verstorbenen Person zu verwalten, aber auch schon zu Lebzeiten als Passwortsafe verwendet werden kann. Mit dieser Kombination kann die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vererbungsdienstes erhöht werden. Wenn der Dienst nämlich nicht nur für die digitale Nachlassplanung und im Todesfall genutzt wird, sondern darüber hinaus einen Mehrwert zu Lebzeiten bietet, wie etwa die sichere digitalisierte Ablage von wichtigen Dokumenten oder einen Passwort-Safe, der auch für die Passwortverwaltung im Alltag genutzt und somit laufend aktuell gehalten wird, kann sich eine solche Lösung langfristig durchsetzen und bewähren.
Wer nicht weiss, wo die verstorbene Person als Benutzerin oder Benutzer überall ihre bzw. seine digitalen Spuren hinterlassen hat, kann sogar «digitale Spurensucher» wie z.B. die Semno beauftragen, die Hardware und das Internet zu analysieren und darüber einen Bericht abzugeben. Solche Dienste helfen auch, Daten zu verwerten oder Spuren im Internet zu beseitigen sowie Verträge zu kündigen.
Private (eigene) Lösungen
Sämtliche Massnahmen, die man auch Onlinediensten anvertrauen kann (fast ausnahmslos nur gegen entsprechende Entschädigung), kann man grundsätzlich immer auch selbst durch eigene Lösungen mit quelloffener Software und meist kostenlos treffen.
So hilft in vielen Fällen schon allein die bewusste, gut strukturierte und organisierte Speicherung von Unterlagen, Dokumenten und Daten auf dem eigenen Computer oder Laptop, natürlich verbunden mit einer in diesem Fall zwingenden Sicherung auf mindestens einen externen Datenträger (USB-Stick, verschlüsselter Onlinespeicher, externe Festplatte etc.). Sensible und besonders wichtige Daten (Logindaten und Passwörter sowie Schlüssel- bzw. Key-Files) kann man mit Hilfe von speziellen Programmen wie z.B. KeePassXC zentral und sicher verschlüsselt speichern und muss sich dabei nur noch das Masterpasswort merken sowie natürlich neben dem sicheren Backup der Datenbank auch eine zusätzliche Schlüsseldatei sicher aufbewahren. Dazu eignet sich dann z.B. ein USB-Stick mit der Schlüsseldatei und einem Zettel mit dem Masterpasswort, die man in einem Safe (zu Hause oder bei der Bank) aufbewahren kann. Gibt man seine Daten bewusst nicht aus der Hand und speichert sie bei sich selbst, ist das zwar datenschutzrechtlich eine optimale Lösung. Man ist dann aber auch vollständig selbst dafür verantwortlich, dass die Daten nicht verloren gehen oder aus Versehen gelöscht werden und dass der Zugriff auf diese Daten auch bei Verlust der Handlungsfähigkeit (vgl. dazu den Exkurs zum Vorsorgeauftrag im zweiten Teil dieses Blogbeitrags) oder beim Tod sichergestellt bleibt.
Die Erblasserinnen und Erblasser können ihre Zugangsdaten nicht nur Angehörigen bzw. Erbinnen und Erben direkt übergeben, sondern auch einer Willensvollstreckerin oder einem Willensvollstrecker (Art. 517 ZGB). Wenn eine Willensvollstreckerin oder ein Willensvollstrecker tätig wird, holt sie bzw. er die Ansichten der Erbinnen und Erben ein und befolgt deren übereinstimmenden Willen, wo keine klare erblasserseitige Anweisung vorliegt. Bei fehlendem Konsens wird sie bzw. er nach pflichtgemässem Ermessen handeln. Es ist deshalb empfehlenswert, der Willensvollstreckung direkt auch Anweisungen und Handlungsempfehlungen mitzugeben.
Zu beachten ist, dass die Handlungen im Rahmen der Willensvollstreckung auf das Vermögensrecht beschränkt sind und damit Handlungen im Rahmen von anderen Rechten nicht direkt umfasst. Falls die gleiche Person sich auch um persönlichkeitsrechtliche Aspekte (und z.B. auch Datenschutz etc.) kümmern soll, handelt es sich um den Vollzug von Auflagen (ähnlich wie man die Willensvollstreckung beauftragen kann, ein Manuskript zu veröffentlichen oder seine Privatakten zu vernichten). Die Erblasserin oder der Erblasser kann der Willensvollstreckerin oder dem Willensvollstrecker spezifische Weisungen (Instruktionen) erteilen, wie sie bzw. er bei jedem einzelnen Online-Dienst vorgehen soll.
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