Langsam neigt sich die Ferienzeit dem Ende zu und das Pendleraufkommen steigt wieder an, auch und gerade im öffentlichen Verkehr. Immer öfter kommt es jedoch im ÖV zu Engpässen. Vor diesem Hintergrund forderte Prof. Dr. Christoph Hauser, Leiter des Kompetenzzentrums Management & Law der Hochschule Luzern, kürzlich in einer Kolumne in der Luzerner Zeitung, man müsse die «heilige Kuh der Konzessions-Monopole schlachten». Eine relativ drastische Forderung – deshalb fragt der Management & Law Blog beim Ökonomen nach, wie er darauf kommt.
Management & Law Blog: Christoph Hauser, Sie forderten kürzlich in einer Kolumne in der Luzerner Zeitung, man müsse die Konzessions-Monopole im ÖV abschaffen. Was ist der Hintergrund dieser Forderung?
Prof. Dr. Christoph Hauser: Der Ausbau des Schienennetzes in der Schweiz stockt – diess räumen das Bundesamt für Verkehr und die SBB ein. Es gibt beispielsweise Verzögerungen bei Schlüsselprojekten wie dem Zimmerberg-Basistunnel oder dem Durchgangsbahnhof Luzern. Züge aus dem Ausland sind notorisch verspätet und die Neigezüge können den Fahrplan nicht wie ursprünglich angedacht beschleunigen. Der Direktor des BAV, Peter Füglistaler, musste kürzlich gegenüber CH-Media einräumen, dass es eine «Krise in der Umsetzung von Projekten» gibt.
Management & Law Blog: Derzeit bestehen Fernverkehrskonzessionen, die den konzessionierten Transportunternehmen wie etwa der SBB das exklusive Recht geben, Personen auf bestimmten Strecken zu befördern. Wie wirken sich diese Konzessionen auf die aktuelle Situation aus?
Christoph Hauser: Fernverkehrskonzessionen lassen auf diesen Strecken Monopole für den öffentlichen Personentransport entstehen. Sie stellen sicher, dass die Verkehrsunternehmen auf Fernverkehrsstrecken kostendeckend, regelmässig und auch zu Randzeiten fahren. Doch nun gibt es zunehmend Engpässe auf der Schiene und man hat Mühe, diese zu beseitigen. Damit stellt sich die Frage, ob diese Monopole so noch gerechtfertigt sind.
Management & Law Blog: Gibt es also Lösungsansätze bei der Regulierung, um Engpässe im öffentlichen Verkehr zu adressieren?
Christoph Hauser: Während die Eisenbahn als Rückgrat des öffentlichen Verkehrs gestärkt werden sollte, könnten ergänzende Buslinien ins Spiel kommen. Bestehenden Monopole zu lockern und ergänzende Fernbusverbindungen zu fördern. Fernbusse könnten tangentiale Strecken bedienen und Verkehrsspitzen brechen. Der öffentliche Verkehr muss gestärkt werden, keine Frage, aber wir müssen kreative Lösungen finden, um auf die Herausforderungen zu reagieren.
Management & Law Blog: Gibt es bereits erfolgreiche Beispiele für solche ergänzenden Busverbindungen?
Christoph Hauser: Ja, tatsächlich gibt es bereits einzelne positive Beispiele. Der Tellbus zwischen Luzern und Altdorf oder der TransSeetalExpress zwischen Hochdorf und Rotkreuz sind hier zu nennen. Beide Busverbindungen sind nachfrageorientiert, bieten flexible Dienste während der Hauptverkehrszeiten und sind eine schnellere Option als die Zugverbindung. Ich denke, solche Direktverbindung sollten von der Ausnahme zur Regeln werden, um Verkehrsspitzen und Engpässe auf der Schiene gezielt zu entschärfen.
Zum Interviewpartner
Prof. Dr. rer. pol.
Christoph Hauser ist Ökonom und Dozent für Regional- und Institutionenökonomie an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Dort leitet er das Kompetenzzentrum Management & Law und ist regelmässig in Projekten zur Digitalisierung und Innovationspolitik tätig.
Weiterführendes
Lesen Sie Christoph Hausers Kolumne «Höchste Zeit, die heilige Kuh der Konzessions-Monopole zu schlachten» vom 14. Juli 2023 online in der Luzerner Zeitung (Abo).
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