Mediation erlebbar machen: Ein neues Konzept für ein Lernvideo im Interview erklärt

Mediation erlebbar machen: Ein neues Konzept für ein Lernvideo im Interview erklärt

Susann Bongers ist Dozentin an der Hochschule Luzern und Geschäftsführerin der bcompanion gmbh. Daniel Girsberger ist Professor an der Universität Luzern, Vorsitzender des Direktoriums des CCR (Center for Conflict Resolution) und Konsulent bei der Anwaltskanzlei Kaufmann Rüedi Rechtsanwälte AG. Zusammen haben sie in einem Kooperationsprojekt der Hochschule Luzern, der Universität Luzern, der Universität Zürich und der Schweizer Kammer für Wirtschaftsmediation ein Konzept für ein Lernvideo zur Mediation entwickelt. Im Gespräch mit Katharina Windler erläutern sie, wie dieses spannende Projekt entstanden ist, was es besonders macht und wie es in der Praxis eingesetzt wird.


Simulationsveranstaltung Arbeitskonflikt: seien Sie dabei beim Videodreh zum Lernvideo!

Datum und Zeit: 30. Oktober 2024, 18:00-20:00 Uhr

Ort: Rotkreuz, Hochschule Luzern – Wirtschaft, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ

Teilnahme: kostenlos

Weitere Informationen und Anmeldung unter Simulationsveranstaltung Arbeitskonflikt – SKWM


Katharina Windler: Wie kamt Ihr überhaupt auf die Idee, ein Lernvideo für die Mediation zu produzieren? War das ein Geistesblitz oder ein langer Prozess?

Susann Bongers: Es war eher ein langer Prozess. Vor zwei Jahren haben wir eine Mediationstagung organisiert, bei der zur Sprache kam, dass es keine wirklich geeigneten Lernvideos zur Mediation gibt. Die wenigen, die gut sind, sind veraltet. So ist die Idee entstanden und irgendwann gab es eine Initialzündung, wo wir gesagt haben, komm, jetzt machen wir es.

Daniel Girsberger: Genau. Ich bilde seit einigen Jahren Studierende in Mediation aus und habe nolens volens mit einem deutschen Video gearbeitet, das eigentlich auch sehr gut ist, aber eben veraltet, vom Stil her. Von den Studierenden kam häufig die Kritik, dass das existierende Material nicht mehr zeitgemäss sei und dass es auch schön wäre, wenn es etwas gäbe, das zugeschnittener auf die Schweiz wäre. Susann kam dann mit der Idee, ein neues Video zu erstellen, und ich war sofort dabei.

Katharina Windler: Es gibt bereits viele Lehrmaterialien zur Mediation. Was macht Euer Video anders?

Susann Bongers: Was bei uns sicherlich anders ist, ist, dass wir eine ganze Mediation von A bis Z zeigen, dies aber auch unterteilt in die Phasen – so ein bisschen nach Lehrbuch. Zwar wissen wir alle, dass es in der Realität dann öfters anders läuft, aber so bietet es den Lernenden doch Orientierung. Zusätzlich präsentieren wir auch spezielle Methoden, die in anderen Videos nicht so ausführlich behandelt werden.

Daniel Girsberger: Und wir arbeiten mit deutschen und schweizerischen Schauspielenden, die nicht nur Erfahrung in der Theaterkunst haben, sondern auch in Mediation. Diese Kombination macht unser Video einzigartig

Katharina Windler: Was sind die drei Kernbotschaften des Lernvideos?

Susann Bongers: Erstens, dass Mediation machbar ist und man keine Angst davor haben muss. Zweitens, dass Methoden flexibel anwendbar sind. Und drittens, dass theoretisches Wissen in der Praxis durchaus anders aussehen kann.

Katharina Windler: Mit Gabriela Renggli und Markus Berg konntet Ihr zwei Ausnahmetalente als Protagonisten des Videos gewinnen. Wie kam es dazu und warum habt Ihr gerade diese beiden ausgewählt?

Susann Bongers: Ich kenne Gabriela Renggli schon lange und schätze die Zusammenarbeit mit ihr sehr. Sie kennt Markus Berg, und wir wollten mit Leuten arbeiten, die sich in diesem Bereich auskennen, und mit denen die Zusammenarbeit angenehm ist.

Daniel Girsberger: Gabriela Renggli ist selbst ausgebildete Mediatorin und Markus Berg hat Expertise im Unternehmenstheater. Dabei werden Theaterszenen für Unternehmen gespielt und die Zuschauenden dürfen intervenieren. Das werden wir übrigens auch zusätzlich zum Video noch machen. Am Tag nach dem Videodreh haben wir am Abend noch eine Veranstaltung, an der eine solches Unternehmenstheater mit demselben Thema durchgeführt wird. Und wir haben die Idee, dass wir das auch aufnehmen und in der einen oder anderen Form in das Lernvideo integrieren.

Katharina Windler: Wie flexibel ist das Drehbuch, und was macht Ihr, wenn etwas nicht nach Plan läuft?

Susann Bongers: Für mich war zu Beginn nicht klar, was die beiden Schauspielenden brauchen, um gut in ihren Rollen funktionieren zu können. Nun ist das Drehbuch so gestaltet, dass man gewisse Meilensteine hat: Was sind das für Menschen? In welchem Kontext sind sie? Und wo werden wir am Ende der Mediation landen? Wir haben das Ziel definiert, aber dazwischen gibt es sehr viele Freiräume und es kommt natürlich auch sehr darauf an, wie die beiden das ausgestalten. Wir hatten eine Probe, in welcher wir festgestellt haben, dass sie den Konflikt noch etwas stärker durchleben könnten – wie das auch real bei Konfliktparteien ist, wenn sie zu uns in die Mediationspraxis kommen. Sie sind oftmals sehr angespannt und gestresst, und das dürfen unsere Schauspielenden auch sein. Daran haben wir noch ein bisschen gearbeitet. Also, der Rahmen ist gesetzt, aber wir lassen viel Raum für Flexibilität.
Und wenn es mal nicht so läuft… Dani, was machen wir dann?

Daniel Girsberger: Das Schöne ist dann ja, dass man eine Szene noch ein zweites oder drittes Mal drehen kann.

Katharina Windler: Wie seht ihr den praktischen Nutzen des Videos für die Lernenden?

Susann Bongers: Das Video kann sowohl kapitelweise zur gezielten Vertiefung einer bestimmten Phase in der Mediation genutzt werden als auch als Ganzes, um den gesamten Mediationsprozess besser zu verstehen. Es eignet sich auch hervorragend für Intervisionsgruppen.

Daniel Girsberger: Ich hoffe, dass es den Studierenden hilft, sich stärker mit dem Thema zu identifizieren, besonders da es in einem schweizerischen Kontext entstanden ist. Aber auch, dass die Studierenden das Video näher an sich heranlassen, weil es von ihren Dozierenden gemacht wurde.

Susann Bongers: Und ich denke, es ist auch für Unternehmen spannend, die intern Mediator:innen ausbilden. Oder auch wenn HR-Abteilungen sich einmal mit dem Thema auseinandersetzen möchten. Dass man ihnen einmal zeigen kann, wie sowas abläuft und funktioniert. Weil es sich um einen klassischen Arbeitskonflikt handelt, wie er in vielen Unternehmen vorkommt.

Katharina Windler: Wenn nun jemand das Video sehen möchte – sei es für die Aus- oder Weiterbildung, den Einsatz in einem Unternehmen oder einfach aus Interesse – wie kann man darauf zugreifen?

Susann Bongers: Wir planen, das Video online als Download verfügbar zu machen. Details werden noch entschieden.

Katharina Windler: Habt Ihr schon Feedback zu Eurem Vorhaben erhalten?

Susann Bongers: Alle warten gespannt auf das Video. Es gibt auch einen gewissen Leistungsdruck, weil es verschiedene Schulen und Stile der Mediation gibt. Es wird auch kritische Stimmen geben, das gehört dazu, aber wir tun unser Bestes.

Daniel Girsberger: Ich bin gespannt, wie es ankommen wird und welche weiteren Projekte daraus entstehen könnten.

Katharina Windler: Gibt es denn schon Ideen für weitere Projekte in dieser Richtung?

Susann Bongers: Wir haben schon darüber gesprochen, dass wir analog der bevorstehenden Abendveranstaltung auch interaktive Theater bei Mediationskongressen oder in grossen Firmen anbieten könnten. Es gibt da einige Einsatzmöglichkeiten.

Daniel Girsberger: Wenn das Video Erfolg hat, könnten wir auch über eine Fortsetzung nachdenken, etwa zu B2B-Mediation, die doch etwas anders ist.

Katharina Windler: Herzlichen Dank, liebe Susann, lieber Daniel, für die spannenden Einblicke und Eure Zeit.


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