5. Dezember 2024
Wenn wir an Nachlass denken, kommen uns oft Immobilien, Ersparnisse oder andere greifbare Werte in den Sinn. Aber was passiert mit all den digitalen Spuren, die wir hinterlassen? Unser LinkedIn-Profil, die Urlaubsfotos in der Cloud oder der Disney-Account – auch sie gehören zu unserem Erbe, das wir der Nachwelt hinterlassen. Was genau ein digitaler Nachlass ist, wie man mit diesem digitalen Nachlass umgeht und was es in Zukunft zu beachten gilt, erklärt dieser Blogbeitrag.
Was ist eigentlich ein digitaler Nachlass?
Zum digitalen Nachlass gehören alle Daten und Konten, die eine Person im Internet hinterlässt. Dies umfasst beispielsweise:
Reto Ineichen, Dozent an der Hochschule Luzern – Wirtschaft und Rechtsanwalt, fasst den Begriff «digitaler Nachlass», in seinem Blogbeitrag wie folgt zusammen:
Laut einer neuen Studie von TA-SWISS «Der Tod im digitalen Zeitalter», erweist sich dieser Bereich als komplex: Viele Hinterbliebene wissen weder, welche Konten existieren, noch wie darauf zugegriffen werden kann. Oft bleibt wertvoller Inhalt unerreichbar oder digitale Profile spuken jahrelang weiter im Netz herum. Der digitale Nachlass ist nicht nur ein technisches oder rechtliches Thema, sondern auch ein emotionales. Oft entscheiden die Hinterbliebenen über die digitale „Erinnerung“ eines Verstorbenen – ein schwieriger Prozess ohne klare Vorgaben.
Der rechtliche Blickwinkel
In seiner ausführlichen, zweiteiligen Blogreihe „Der digitale Nachlass in der Praxis“ bringt Reto Ineichen Struktur in die wichtigsten juristischen Rahmenbedingungen, die rechtlichen Lücken in der Schweiz sowie bestehende Angebote der Privatwirtschaft, um dieses zunehmend wichtige Thema abzudecken.
Im ersten Teil erklärt der Autor unter anderem, dass der digitale Nachlass ähnlich wie ein physisches Erbe behandelt wird. Es sind jedoch insbesondere einige Dinge zu beachten:
Der zweite Teil der Blogreihe befasst sich mit der aktuellen Praxis in verschiedenen Schweizer Kantonen sowie konkreten Handlungsempfehlungen, um den Hinterbliebenen das Managen des digitalen Nachlasses zu vereinfachen. Hierbei sind vor allem folgende Punkte zu beachten:
In einer Zusatzstudie der TA-Swiss – «Tod im digitalen Zeitalter – Rechtliche Ergänzungen» – werden die rechtlichen Herausforderungen des «digitalen Todes» in der Schweiz beleuchtet, insbesondere in den Bereichen Erbrecht, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte. Sie zeigt, dass Persönlichkeitsrechte mit dem Tod enden, während Erben Informations- und Zugriffsrechte auf digitale Vermögenswerte haben. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei digitalen Avataren oder sogenannten Deadbots, die eine postmortale Weiterexistenz ermöglichen. Die sechs zentralen Empfehlungen der Studie sind unter anderem die Einführung einer digitalen Hinterlegung letztwilliger Verfügungen, spezifischer Regelungen für den Zugriff auf personenbezogene Daten Verstorbener sowie Weiterbildungen und Leitlinien für Fachpersonen.
Ein kürzlich erschienenes Video zur Studie von TA-Swiss zeigt die wichtigsten Erkenntnissen der Studie.
Was sind «Deadbots»?
Deadbots, auch Ghostbots oder Griefbots genannt, sind KI Programme, die mit Bild-, Sprach- und/oder Textmaterial von verstorbenen Personen trainiert werden, um entweder einen textbasierten Chatbot oder auch einen mit Virtual Reality nutzbaren Avatar der verstorbenen Person zu erstellen. Das gibt die Illusion, dass Hinterbliebene auch über den Tod hinaus mit verstorbenen Menschen kommunizieren können. Ihr Einsatz ist in der Schweiz noch nicht verbreitet und bringt rechtliche sowie ethische Diskussionen mit sich.
Da sich die digitale Welt und unser Verhalten darin rasant ändert, ist vor allem Eins wichtig in der digitalen Nachlassplanung: das kontinuierliche Aktualisieren der Informationen.
Fazit: jetzt handeln, nicht später
Ob es das Liebesgedicht im Chatverlauf oder der Blog ist, den man in den letzten Jahren gepflegt hat: Der digitale Nachlass gehört zur modernen Lebensplanung. Die digitale Welt vergisst nicht, aber sie braucht eine menschliche Handschrift – auch nach unserem Tod.
Quellen und weiterführende Literatur:
Der digitale Nachlass in der Praxis (Teil I) – Management and Law Blog
Der digitale Nachlass in der Praxis (Teil II) – Management and Law Blog
Der Tod im digitalen Zeitalter | TA-SWISS
Der Tod in Zeiten von Künstlicher Intelligenz – HWZ Digital
Trauern um den Trauerbot | Philosophie Magazin
Tod und Digitalisierung: Neue Studie zu Chancen und Risiken – News – SRF
Kommentare
1 Kommentare
Udo Jetschmanegg
6. Dezember 2024
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Das Bewusstsein dafür wächst, aber es. Liebt noch viel zu tun. Am besten gefällt mir der Hinweis, dass es mit einmal nicht erledigt ist, sondern man sich stetig darum kümmern darf. Eine Strategie im Umgang mit dem digitalen Fussabdruck ist daher wichtig.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.