Erziehung, Bildung und Betreuung,
Die «Hobby Lobby» ist ein Social Start-up aus Wien, das kostenlose Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch benachteiligten Familien organisiert. Im Interview erfährst du von der Gründerin Rosa Bergmann, wie du deine eigene Idee zur Lösung eines sozialen Problems in die Tat umsetzen kannst.
Rosa Bergmann, wie seid ihr auf eure Idee gekommen und was waren die ersten Schritte?
Ich habe 2017 angefangen über «Teach for Austria» in besonders herausfordernden Schulen zu unterrichten. Dort habe ich in einer Mittelschule in Wien Kinder und Jugendliche kennengelernt, die sehr stark von Bildungsungerechtigkeit betroffen waren. Ich hatte Jugendliche, die nachmittags im Unterricht sitzen bleiben wollten: «Was sollen wir sonst machen?» Die ganzen Freizeitaktivitäten wie Tanzen, Klavier oder Fussball waren für sie zu teuer.
Als ich dieses Problem in der «Teach for Austria» Community ansprach, meldeten sich viele andere, dass es an ihren Schulen genauso war. So entstand die Idee, gratis Kurse für die Kinder anzubieten.
Die ersten Schritte im Gründungsteam umfassten erste Meetings, Ideensammlung, die Suche nach einem passenden Namen und die Ausarbeitung des Projekts. Nach einem halben Jahr Planung starteten wir dann die erste Pilotphase.
Was hat euch in der Startphase geholfen?
Ganz wichtig ist, dass man seine Zielgruppe und das zugrundeliegende Problem wirklich kennt und gut versteht. Ebenso entscheidend ist es, dass man gut unterstützt wird. Man muss nicht alles neu erfinden, sondern sich Ressourcen zusammensuchen und schauen: Wie haben es andere gemacht? Was sind erste Schritte?
In der Anfangsphase hat es uns geholfen, dass wir an Start-up-Programmen teilnahmen, die uns finanzielle Unterstützung boten. Zudem half uns ein Begleitprogramm, das Expertise in Bereichen wie Finanzen oder rechtlichen Aspekten zur Verfügung stellte. Wenn Wissen im Team fehlt, muss man sich gezielt Expertise in Kernbereichen wie Funding, Budgetierung und Projektmanagement ins Boot holen.
Es ist auch ganz essenziell, Sachen auszuprobieren – Learning by Doing – und dann anzupassen. Zudem hilft es mit Leuten zu sprechen, die schon mal gegründet haben.
Was ist wichtig für ein gutes Gründungsteam?
Ich glaube, damit man sich als Co-Founding Team findet und über die Jahre bestehen bleibt, muss man ganz stark über die Erwartungen sprechen, die man hat. Das Team muss über die Rollenverteilung sprechen und darüber, wo es hingehen soll. Da sich die Lebensumstände der Mitglieder unterscheiden, ist es wichtig, regelmässig den Status zu überprüfen und sicherzustellen, dass man gemeinsam auf Kurs bleibt.
Was war bisher euer grösster Erfolg?
Es fällt mir schwer, einen einzelnen Erfolg hervorzuheben. Besonders stolz sind wir auf Kinder, die von Anfang an Teil der Hobby Lobby waren, inzwischen die Matura abgeschlossen haben und heute selbst als Kursleitende aktiv sind. Das ist sicher mit der grösste Erfolg.
Ein weiterer Meilenstein war die Veröffentlichung einer externen Wirkungsmessung: Die Social Return on Investment Studie mit der WU Wien. Diese zeigt, dass jeder in die Hobby Lobby investierte Euro einen gesellschaftlichen Mehrwert von EUR 21,27 schafft.
Im April haben wir nach Deutschland expandiert und eröffnen gerade in Rumänien einen Standort – das ist auch sehr cool. Im November wurden wir ausserdem beim European Social Economy Award aus 270 Einreichungen auf Platz 1 für soziale Innovation gewählt – eine schöne Bestätigung unserer Arbeit. Neben diesen grossen Erfolgen freuen wir uns auch über die vielen einzelne Erfolgsstories.
Was hat nicht so funktioniert, wie ihr euch das vorgestellt habt?
Eine Challenge war definitiv Corona. Richtig angelaufen ist die Hobby Lobby im Herbst 2019 mit vielen teilnehmenden Kindern. Die zweite Phase hat im März 2020 gleich wieder ein Ende genommen.
Fortlaufende Herausforderungen sind das schnelle Wachstum zu begleiten und zur richtigen Zeit die passenden Leute ins Team zu holen. Wir sind immer ein bisschen unterbesetzt und am Limit unserer Kapazität. Hinzu kommt, dass es schwierig sein kann, wenn sich Organisationsstrukturen bereits gefestigt haben und dann plötzlich Anpassungen notwendig werden.
Was würdest du anderen mitgeben, die ihre Idee umsetzen möchten?
Es ist wichtig voll für die Sache zu brennen und sich nicht abbringen zu lassen. Gleichzeitig muss man einen guten Mix finden: die Idee gut rüberbringen und sich reinbeissen, ohne zu aufdringlich oder zu direkt zu sein, dass Leute genervt sind von dir. Beharrlichkeit gepaart mit Feingefühl ist der Schlüssel, um nachhaltig erfolgreich zu sein.
Viele Menschen haben eine romantische Vorstellung vom Gründen, aber die Realität sieht anders aus. Es ist zu 80 Prozent wirklich anstrengend, und nur zu 20 Prozent ist es aufregend – dann, wenn du auf einem Endorphinrausch bist, weil du einen Erfolg feierst. Du musst dir gut überlegen, ob du bereit bist für diesen Weg. Dann musst du dein Problem und deine Lösung gut kennen, um deine Zielgruppe zu erreichen. In der Umsetzung ist das Wichtigste, das Rad nicht neu zu erfinden. Während du dein Geschäftsmodell, deine Dienstleistung oder dein soziales Produkt neu gestalten solltest, kannst du die Prozesse wie Finanzierung oder rechtliche Aspekte von anderen lernen.
Von: Anja Thöni
Bilder: Alexandra Reichinger
Veröffentlicht: 28. November 2024
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