Soziokultur

Smart City – Nur Menschen machen eine Stadt smart

Smart City – Nur Menschen machen eine Stadt smart

Alles wird smart – nicht nur Handys, sondern seit einiger Zeit auch Städte. Wenn wir im Internet das Stichwort Smart City eingeben, erscheinen Bilder von infrastrukturlastigen, geordneten und sauberen Stadtansichten, in denen die Menschen weitgehend fehlen. Alles Ungeordnete und Chaotische des städtischen Lebens bleibt weg. Das ist ziemlich langweilig.

Ein Blick auf die konzeptionellen Grundlagen der Smart City zeigt: «Smart» wird mit technologiegetrieben gleichgesetzt. Es geht um neue digitale Errungenschaften, die Lösungen für städtische Herausforderungen liefern und das Leben einfacher machen sollen. Solche Denkmuster wecken Erinnerungen an die Technikgläubigkeit der Sechzigerjahre – Technologie als Allheilmittel.

Wo bleiben die Stadt-Bewohnenden?
«Where are the citizens?» – um in der englischen Terminologie zu bleiben – ist man also geneigt zu fragen. Gemäss der Website smartcity-schweiz.ch soll eine Smart City den Bewohnerinnen und Bewohnern maximale Lebensqualität bieten und Nachhaltigkeit fördern. Nähme man diesen Anspruch beim Nennwert, dann müsste auch ein weiterer Aspekt angesprochen werden: die soziale Dimension. Städte sind nicht denkbar ohne Menschen, ohne gesellschaftliche Vielfalt, ohne den bunten Mix von Leuten allen Alters und jeglicher Herkunft. Nur sie füllen das Stadtleben mit ihren Geschichten und Aktivitäten.

Das Smart-City-Konzept könnte als ein neues Stadtideal betrachtet werden. Stadtideale sind genährt von der Idee, die Städte durch eine übergeordnete Vision für die Menschen besser zu machen – häufig verbunden mit einem wirtschaftlichen, ästhetischen und gesellschaftlichen Programm. Letzteres fehlt im Smart-City-Ansatz weitgehend.

Die Vertreter (meist Männer) dieses Konzepts unterliegen dem verbreiteten Fehlverständnis, dass Stadtentwicklung top-down verordnet werden kann. Doch zivilgesellschaftliche Akteure, die sich für oder gegen bestimmte Entwicklungen einsetzen oder wehren, prägen das Stadtgefüge in nicht zu unterschätzender Weise. Statt mit Planungshoheit und Kapital tun sie dies mit phantasievollen Aktionen, mit Initiativen wie Urban Gardening, mit kreativ-kulturellen Zwischennutzungen oder Aneignungen von Brachflächen. All das sind im Grunde lustvolle und begegnungsfördernde Ansätze, die eine Stadt nachhaltiger machen. Im Gegensatz zum Top-Down-Modell können wir dieses Engagement als «Stadtentwicklung von unten» bezeichnen. Eine attraktive, kreative, vibrierende Stadt lebt auch von solchen Impulsen.

Bottom-up-Initiativen bieten einen Gewinn
Soll das Smart-City-Konzept in Städten Erfolg haben, müssen deren Vertreter  zivilgesellschaftliche Kräfte miteinbeziehen: Nicht nur im Sinne von eingeladener Partizipation, sondern auch durch die Anerkennung und den Einbezug von zivilgesellschaftlichen Initiativen aller Art. Diese könnten dazu verhelfen, eine Smart City anzureichern und lebendig zu machen.

Der frühzeitige Einbezug der Bevölkerung und von Bottom-up-Initiativen in ein Smart City Projekt ist ein mehrfacher Gewinn: Bedenken und Befürchtungen kann von Anfang an Rechnung getragen werden, aus Betroffenen werden Beteiligte. Und: Lokales Wissen und Ressourcen fliessen in das Vorhaben ein.

Smart ist eine City somit erst richtig, wenn die Nachhaltigkeit ganzheitlich betrachtet und die Beteiligung ihrer Menschen gefördert wird. Innovation soll nicht nur für die Technik gelten, sondern auch für die Formen der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren. Technologie kann zu alldem einen wichtigen Beitrag leisten, soll aber kein Selbstzweck sein.


von: Alex Willener

Kommentare

1 Kommentare

Martin Steffen

San Diego (Suchbegriffe "San Diego Überwachung") veranschaulicht eindrücklich, was uns blüht, wenn wir weiter auf dieser "smarten" Welle mitreiten - am Ende regieren die Misstrauensgesellschaft, der Daten-Totalitarismus! Und die zufriedenen Sklaven sind begeistert! Und mir soll niemand sagen: "Nein, ganz bestimmt nicht bei uns - so etwas ist bei uns gar nicht möglich!" - FALSCH: Schaut Euch die E-Sklaven unserer Zeit doch an - überall, allgegenwärtig! Kalifornier bestimmen schon längst einen grossen Teil unseres Lebens, amerikanische Gehirnwäsche und Technologien durchdringen all unsere Lebensbereiche! Big Data horten die Amis! Privatsphäre gilt schon heute vielfach als "steinzeitlich" und "fortschrittshemmend", als Sicherheitsrisiko, als anrüchig, gar als kriminell! Ich kämpfe für die Privatsphäre, die Freiheit, für Selbstbestimmung und gegen die "smarte" Versklavung unserer Gesellschaft - BASTA!

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