Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz ist heute wichtiger denn je – sie beeinflusst nicht nur das Wohlbefinden der Mitarbeitenden, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität von Unternehmen. Hohe Ausfallkosten, Produktivitätseinbussen und der zunehmende Fachkräftemangel machen ein gezieltes betriebliches Gesundheitsmanagement unverzichtbar. Valentina Smajli hat sich im Rahmen ihrer Weiterbildung an der HSLU – Soziale Arbeit intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt.
1. Warum haben Sie sich für das CAS Gesundheitsförderung und BGM in Organisationen entschieden?
Als Regionalsekretärin einer grossen Gewerkschaft erlebe ich täglich, wie das Fehlen eines strukturierten Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) viele Arbeitnehmende belastet. Noch immer setzen sich viele Unternehmen erst dann mit dem Thema auseinander, wenn die Probleme bereits unübersehbar sind. Dabei ist längst bekannt, dass ein fehlendes oder unzureichendes BGM nicht nur die Zahl der Krankheitsfälle erhöht, sondern auch Motivation, Leistungsfähigkeit und langfristig die wirtschaftliche Stabilität eines Unternehmens beeinträchtigt.
Ein nachhaltiges BGM integriert die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) gezielt in die Unternehmenskultur und schafft Rahmenbedingungen, die präventive Massnahmen wirksam werden lassen. BGM ist kein «nice to have» – es muss als strategischer Erfolgsfaktor fest in der Unternehmenskultur verankert sein. Oder anders gesagt: Ein gesunder Betrieb ist ein produktiver Betrieb. Deshalb wollte ich vertiefen, wie präventive Massnahmen konkret umgesetzt werden können und wie ein systematisches BGM langfristig Wirkung zeigt.
2. Welche Inhalte oder Erkenntnisse aus dem CAS waren für Sie besonders wertvoll?
Der ganzheitliche Ansatz hat mich sofort überzeugt. Hier geht es nicht um theoretische Konzepte, die in der Schublade verschwinden, sondern um wissenschaftlich fundierte und praxisnahe Methoden, die wirklich etwas verändern. Besonders spannend fand ich das Konzept der Salutogenese. Statt sich nur darauf zu konzentrieren, Krankheiten zu behandeln, geht es darum, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, dass Menschen langfristig gesund, leistungsfähig und motiviert hält. Denn gesunde Mitarbeitende sind nicht nur produktiver, sondern auch engagierter und innovativer. Ein weiteres zentrales Thema war die Führungskultur. Führungskräfte sind nicht nur Entscheidungsträger:innen, sondern auch Vorbilder. Wenn sie Gesundheit aktiv vorleben, hat das eine enorme Wirkung – es kann den Unterschied machen zwischen einem Betrieb, in dem Menschen arbeiten müssen, und einem, in dem sie gerne arbeiten.
3. Wo sehen Sie den grössten Handlungsbedarf?
Gesunde Unternehmen entstehen nicht zufällig – sie sind das Ergebnis bewusster Entscheidungen und einer klaren strategischen Ausrichtung. Das Personalmanagement (HR) spielt dabei eine zentrale Rolle. Statt sich auf administrative Aufgaben zu beschränken, muss HR zum aktiven Gestalter einer gesundheitsfördernden Unternehmenskultur werden.
Gesunde Unternehmen entstehen nicht zufällig – sie sind das Ergebnis bewusster Entscheidungen und einer klaren strategischen Ausrichtung.
Ein starkes Personalmanagement ist mehr als nur eine Verwaltungsinstanz: Es setzt sich aktiv für gesunde Arbeitsbedingungen, eine wertschätzende Führungskultur und nachhaltige Entwicklungen ein. Dazu gehört auch eine Unternehmenskultur, die Selbstwirksamkeit fördert. Gesundheit, Konfliktfähigkeit und Reflexionsstärke sind keine «Zukunftsskills» – sie müssen heute aktiv gelebt werden. Dazu gehört auch die Fähigkeit, Fehler einzugestehen und daraus zu lernen. Gesunde Führung, ein starkes Personalmanagement und selbstbestimmte Mitarbeitende sind der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg.
4. Wie profitieren Sie in Ihrer aktuellen Tätigkeit vom CAS?
Mein Wissen ermöglicht es mir, Unternehmen gezielt bei der Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Gesundheitsstrategien zu unterstützen. In meiner Beratungstätigkeit analysiere ich Einflussfaktoren auf individueller und organisatorischer Ebene, entwickle praxisnahe Lösungsansätze und setze gezielt Impulse für Veränderungsprozesse.
Viele Unternehmen sind sich der Bedeutung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements bewusst, doch oft fehlt es an Know-how oder einer klaren Strategie, um wirksame Massnahmen in den Arbeitsalltag zu integrieren. Manchmal fehlt jedoch auch der Mut, die Dinge klar zu benennen – genau hier setze ich an. Ich scheue mich nicht, auch heikle Themen aufzugreifen und Veränderungen anzustossen. Das CAS hat mir wertvolle Werkzeuge an die Hand gegeben, mit denen ich Organisationen dabei unterstütze, Herausforderungen zu erkennen, tragfähige Lösungen zu entwickeln und Gesundheitsstrategien gezielt auf Führungsebene zu verankern.
Unternehmen müssen gezielt in Gesundheitsförderung investieren, um die Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden zu stärken. Das steigert nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Produktivität.
5. Warum haben Sie sich nach dem CAS entschieden, den gesamten MAS Betriebliches Gesundheitsmanagement zu absolvieren?
Das CAS war der erste Schritt, aber ich wollte tiefer in das Thema eintauchen. Gesundheitsmanagement ist kein statisches Wissen, sondern ein dynamischer Prozess – und genau deshalb ist lebenslanges Lernen essenziell. In meiner Masterarbeit habe ich untersucht, wie sich Stress, Überlastung und fehlende Ressourcen auf das Arbeitsengagement auswirken. Die zentrale Erkenntnis: Unternehmen müssen gezielt in Gesundheitsförderung investieren, um die Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden zu stärken. Das steigert nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die Produktivität. Der MAS hat mir zudem ermöglicht, mich mit Fachleuten aus verschiedenen Branchen auszutauschen und aktuelle Herausforderungen interdisziplinär zu betrachten. Heute bin ich mehr denn je überzeugt: Unternehmen, die frühzeitig in Gesundheit investieren, schaffen nicht nur resilientere Arbeitsumfelder, sondern sichern sich langfristig ihren Erfolg
Von: Daniel Schriber
Bild: Priska Ketterer
Veröffentlicht: 18. März 2025
CAS Gesundheitsförderung und BGM in Organisationen
Der CAS richtet sich an Fach- und Führungskräfte, die sich mit Gesundheitsförderung und betrieblichem Gesundheitsmanagement in ihren Organisationen befassen. Der Studiengang vermittelt praxisnahe Methoden zur Analyse und Verbesserung gesundheitsrelevanter Arbeitsbedingungen. Schwerpunkte sind unter anderem die Identifikation physischer und psychischer Belastungen am Arbeitsplatz, die Entwicklung von Präventionsstrategien sowie die Implementierung nachhaltiger BGM-Konzepte. Der CAS dauert sieben Monate und umfasst 19 Unterrichtstage.
Programmstart: 15. Mai 2025
Mehr Infos: Webseite CAS Gesundheitsförderung und BGM in Organisationen
Valentina Smajli ist Gewerkschafterin, Beraterin und Expertin für Betrieblichen Gesundheitsmanagements, Organisationsentwicklung und Führungskultur. Mit langjähriger Erfahrung in der Gewerkschaftsarbeit setzt sie sich für gesunde und nachhaltige Arbeitsbedingungen ein. Ihr Fokus liegt auf der strategischen Gesundheitsförderung, der Stärkung von Führungskräften und der Entwicklung resilienzfördernder Unternehmenskulturen. Durch ihre Ausbildung im MAS Betriebliches Gesundheitsmanagement sowie ihre Forschungsarbeit zu Arbeitsengagement und Kohärenzgefühl verbindet sie wissenschaftliche Erkenntnisse mit praxisnahen Lösungen. Ihr Ziel: Unternehmen dazu befähigen, Gesundheitsmanagement nicht als Pflicht, sondern als strategische Chance zu begreifen – für mehr Produktivität, Motivation und langfristigen Erfolg.
Kommentare
1 Kommentare
L. Akrima
Es wäre wünschenswert, dass die HSLU, das, was sie in CAS/MAS lehrt, auch selber implementiert und umsetzt. In Sachen BGM gibt es noch viel zu tun.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.