Behinderung und Lebensqualität,
Das Theater HORA in Zürich zeigt, wie künstlerische Ermächtigung und gelebte Inklusion funktionieren. Im HORA-Labor arbeiten Schauspieler:innen mit und ohne kognitive Beeinträchtigung gemeinsam an neuen Ausdrucksformen. Ein inspirierender Besuch im Rahmen der Internationalen Studienwoche offenbarte: Hier wird Teilhabe nicht nur ermöglicht, sondern aktiv gestaltet – auf und hinter der Bühne.
Von Andrea Guyer – Bachelor-Studentin Soziale Arbeit im 6. Semester
Am 28. Januar 2025 besuchten wir im Rahmen der Internationalen Studienwoche das Theater HORA in Zürich. Das Theater ist nicht nur eine der bekanntesten freien Theater-, Tanz- und Performance-Gruppen der Schweiz, sondern auch eine kulturelle Werkstatt, die Menschen mit Lernschwierigkeiten eine künstlerische Plattform bietet.
Gegründet wurde das Theater HORA im Jahr 1993. Seither hat es sich zu einer Pionierin in der inklusiven Theaterarbeit entwickelt. Seit 2003 ist es Teil der Stiftung Züriwerk, die sich für die soziale und wirtschaftliche Teilhabe von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung engagiert. Das Theater hat sich nicht nur in der Schweiz, sondern auch international einen Namen gemacht und zahlreiche Preise für seine innovativen Produktionen erhalten.
Internationale Studienwoche: Die Kunst der Ermächtigung
Während der Internationalen Studienwoche 2025 stand die Bedeutung künstlerischer Praktiken in der Sozialen Arbeit im Mittelpunkt. Expert:innen präsentierten aktuelle Forschungsansätze und Methoden aus den Bereichen bildende Kunst, Musik, Tanz, Theater und experimentelles Spiel. In Vorträgen, Workshops und praxisorientierten Projekten setzten sich die Studierenden intensiv mit den Möglichkeiten künstlerischer Arbeit auseinander. Auf dieser Grundlage wurde diskutiert, wie durch kreative Verfahren Gestaltungsräume eröffnet werden, kulturelle Teilhabe gefördert und die Selbstwirksamkeit sowie Identitätsbildung gestärkt
Schon beim Betreten des HORA-Labors spürten wir die besondere Atmosphäre: Schuhe aus, rauf auf den Tanzboden – ein direkter Zugang zur Bühne, ohne Barrieren. Das gemeinsame Einwärmen zur Labor-Playlist liess uns sofort Teil des kreativen Prozesses werden.
Als Herzstück der künstlerischen Weiterbildung bietet das HORA-Labor ein ganzjähriges Trainingsprogramm in Schauspiel, Tanz, Performance und Bühnenbild. Geleitet von Amadea Schütz und Ivna Žic, zielt es darauf ab, die Ensemble-Mitglieder in ihrer Eigenständigkeit und künstlerischen Ermächtigung zu stärken.
Dann führte uns Amadea Schütz in die aktuelle Arbeit mit dem Genre Melodram ein. Statt Emotionen von innen zu empfinden, sollten wir sie bewusst von aussen darstellen – etwa Angst durch Mimik, Bewegung und Körperspannung ausdrücken. Anschliessend reflektierten wir gemeinsam unsere Erkenntnisse. Dieser Ansatz erinnerte an das Konzept des «Doing Culture», dass Kultur als dynamischen Prozess begreift. Auch hier wurde deutlich: Empowerment bedeutet, sich neue Ausdrucksweisen anzueignen und mutig auszuprobieren.
Im Gespräch mit Amadea Schütz und Schauspielerin Caitlin Friedly erfuhren wir, dass das Ensemble aus Schauspieler:innen mit unterschiedlichsten Hintergründen besteht. Alle sind zu 100-% angestellt und übernehmen aktiv Verantwortung – auf der Bühne und hinter den Kulissen. Diese Form der Mitgestaltung stärkt nicht nur die künstlerische Qualität, sondern auch das Selbstbewusstsein jedes Einzelnen.
Empowerment ist hier nicht bloss ein Konzept, sondern gelebte Realität. Die Schauspieler:innen werden als Künstler:innen ernst genommen, bringen eigene Ideen ein und gestalten aktiv mit. Diese inklusive Struktur macht Teilhabe nicht zur Ausnahme, sondern zur Grundlage des kreativen Schaffens. Dabei geht es nicht nur um künstlerische Ausdrucksformen, sondern auch um die Förderung von Organisationstalent und Verantwortungsbewusstsein.
Das Theater HORA versteht Empowerment nicht als einseitigen Prozess. Hier geht es nicht nur darum, den Schauspieler:innen eine Stimme zu verleihen, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, selbst zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen. Diese Praxis hat uns nicht nur künstlerisch bereichert, sondern auch einen Perspektivwechsel für unsere Arbeit in der Sozialen Arbeit ermöglicht. Kulturelle Teilhabe, wie sie bei Theater HORA praktiziert wird, ist mehr als ein theoretisches Konzept – sie ermöglicht es Menschen, sichtbar zu werden und ihre Stimme selbstbewusst zu erheben.
Welche weiteren Möglichkeiten bietet Kunst für die soziale Arbeit?
Von: Andrea Guyer
Bilder: Mali Lazell, Jos Schmid, Philip Frowein
Veröffentlicht: 15. April 2025
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