Soziokultur,

Weiterbildung

«Community Music ist gelebte Demokratie»

«Community Music ist gelebte Demokratie»

Musik ist mehr als Klang – sie kann Begegnung stiften, Vertrauen schaffen und soziale Räume öffnen. Mit dem neuen CAS Community Music bietet die HSLU eine Weiterbildung an der Schnittstelle von Musik und Sozialer Arbeit. Programmleiterin Johanna Ludwig erklärt, wie gemeinsames Musizieren gesellschaftliche Prozesse anstossen kann – und warum dabei alle etwas lernen.

1. Johanna Ludwig, wie würden Sie Community Music beschreiben und was bringt sie konkret?

Unter Community Music versteht man das Musizieren in Gemeinschaft.Im Zentrum steht nicht das perfekte Spiel, sondern der Prozess, das gemeinsame Erleben. Dabei ist der jeweilige Kontext zentral: Menschen bringen ihren kulturellen Rucksack, ihre musikalische Sprache und persönliche Ausdrucksformen mit. In sozialen Einrichtungen, im Freizeitbereich, in Quartiertreffpunkten, an Schulen oder musikpädagogischen Projekten schafft Community Music damit Räume der Begegnung. Für die Arbeit mit Menschen in sozialen Handlungsfeldern ist das besonders wertvoll: Community Music stärkt das Individuum, ermöglicht sinnstiftende Erfahrungen und schafft Verbindungen.

2. Wir befinden uns in einer Zeit, in der gesellschaftliche Gräben tiefer werden und viele sich nicht mehr gehört oder verstanden fühlen: Wie kann Community Music dem entgegenwirken?

Community Music gab es schon, bevor der Begriff oder das dazugehörige Forschungsfeld überhaupt benannt wurden. Diese Praxis passt sehr gut zu unserer heutigen Gesellschaft und den Werten, auf denen sie basiert. Sie nimmt unsere plurale Gesellschaft ernst und macht sie zum Ausgangspunkt des musikalischen Handelns. In diesem Sinn ist Community Music auch ein Ausdruck von gelebter Demokratie. Und gerade diese Haltung gilt es heute besonders zu schützen – und auch aktiv zu praktizieren. Gleichzeitig ist wichtig zu betonen: Musizieren ist nicht einfach Mittel zum Zweck. Es geht um individuelle Erfahrungen, um Sinn, um Freude – und um ästhetische Erlebnisse, die Menschen in ihrer Entfaltung stärken können.

3. Dieser CAS ist in Zusammenarbeit zwischen den Departementen Musik und Soziale Arbeit entstanden. Wo wird diese Verbindung im Programm spürbar?

Das volle Potenzial dieser Verbindung wird sich wohl erst ganz zeigen, wenn das Programm wirklich startet. Aber schon jetzt zeigt sich der Brückenschlag in der Zusammensetzung des Teams: Die Dozierenden bringen ein breites Fachwissen sowohl aus der Sozialen Arbeit als auch aus der Musikpädagogik mit. Ich sehe da einen sehr fruchtbaren Boden zwischen den Departementen Musik und Soziale Arbeit. Besonders spannend ist die Verschränkung der jeweiligen Netzwerke: Wir können auf bestehende Netzwerke der Sozialen Arbeit und der Musik zurückgreifen. Gleichzeitig entsteht ein wertvoller Wissenstransfer in beide Richtungen, wo sich auch neue Handlungsfelder eröffnen können. Die Bedingungen sind auch deshalb so gut, weil wir dieses Programm wirklich gemeinsam, unter einem Dach, entwickeln konnten. Diese fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Hochschule Luzern ist ein grosser Gewinn.

Haltung zum kreativen Ausprobieren: «Es braucht Raum zum Fragen, Ausprobieren, Erfahren – und Scheitern.»

4. In der Community Music ist viel von offenem Prozess und kreativem Ausprobieren die Rede. Welche Haltung steckt dahinter – und weshalb ist sie für die Praxis so zentral?

Das Feld der Community Music ist so vielfältig wie die Menschen, die darin tätig sind. Deshalb möchten wir die Teilnehmenden darin bestärken, herauszufinden, wer sie als Community Musicians sind – oder wer sie werden können. Es geht darum, die eigene Rolle zu entwickeln: In welchen Settings fühle ich mich wohl? Wo kann ich meine Stärken einbringen? Dafür braucht es Raum. Raum, um Fragen zu stellen, Dinge auszuprobieren, Erfahrungen zu machen – und auch zu scheitern. Denn gerade aus dem Scheitern kann viel gelernt werden. Für Menschen, die bereits lange in diesem Feld arbeiten, bietet der CAS zudem die Chance, einen frischen Blick von aussen zu gewinnen, die eigene Praxis zu reflektieren und neue Impulse aufzunehmen – im Austausch mit den Dozierenden und der Gruppe.

5. Sie haben gesagt, dass es im CAS darum geht, die eigene Rolle zu entdecken und neue Wege auszuprobieren. Für wen eignet sich dieser Prozess – und was sollte man mitbringen?

Ich kann mir vorstellen, dass aus dem musikalischen Bereich vor allem Personen kommen, die ihr Handwerk beherrschen, aber merken, dass sie in ihrer Praxis zusätzliche Kompetenzen brauchen, um mit der sozialen Dimension professionell umzugehen. Umgekehrt könnten aus der Sozialen Arbeit Menschen angesprochen sein, die selbst aktiv Musik machen und diesen Zugang bereits nutzen – aber Lust haben, diesen Schwerpunkt zu vertiefen und neue fachliche wie methodische Impulse aus der Musik mitzunehmen.

In dieser Vielfalt liegt grosses Potenzial. Jeder Jahrgang wird wohl ganz unterschiedlich zusammengesetzt sein – und genau das ist bereichernd. Es entsteht ein gemeinsames Lernen, nicht nur von den Dozierenden, sondern auch unter den Teilnehmenden. Ich glaube, dass viele mit einem gestärkten Selbstverständnis in ihre jeweilige Praxis zurückgehen werden.

Von: Ismail Osman
Veröffentlicht: 24. April 2025

CAS Community Music – Musik und Soziale Arbeit verbinden

Das neue CAS-Programm richtet sich an Musiker:innen, Pädagog:innen und Fachpersonen aus sozialen Berufen, die Musik als verbindende Kraft nutzen möchten. Im Zentrum steht das gemeinsame Musizieren als Mittel zur Teilhabe, Stärkung und Sinnstiftung in vielfältigen sozialen Kontexten. Das praxisnahe und interdisziplinäre Curriculum eröffnet neue berufliche Perspektiven und stärkt individuelle Kompetenzen.

Anmeldeschluss: 1. Mai (Nachmeldungen möglich)

Das Programm umfasst:

  • Inspirierende Toolboxes und Grundlagenworkshops in Präsenz
  • Gruppendynamische Prozesse erleben, reflektieren und gestalten
  • Praxisprojekte und individuelle Coachings
  • Kreative Labore zum Ausprobieren und Entwickeln von Ideen

Mehr Informationen: Webseite CAS Community Music

Kommentare

1 Kommentare

Andreas Hess

Sehr spannend, vielen Dank für diesen Beitrag. Im September beginnt mein Bachelor Studium Soziale Arbeit mit Vertiefung Soziokultur, mich würde dieser CAS im Laufe meiner Ausbildung sehr interessieren.

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