Sozialmanagement und Sozialpolitik,
In einer Arbeitswelt, die sich stetig verändert, sind Mitarbeitende gefragt, die mitdenken, mitgestalten und Verantwortung übernehmen. Dieser Mut lässt sich nicht einfordern – er wächst dort, wo Vertrauen spürbar ist, Beteiligung gewollt und Sinn erlebbar. Doch wie lässt sich eine Kultur schaffen, in der Menschen sich einbringen und entfalten können?
Der Beitrag wurde von Valentina Smajli verfasst, Absolventin des MAS Betriebliches Gesundheitsmanagement.
Wer heute über leistungsstarke und resiliente Mitarbeitende spricht, muss über mehr sprechen als Zielerreichung und Effizienz. Erfahrungen aus der Praxis zeigen: In Zeiten hoher Dynamik, wachsender Anforderungen und struktureller Veränderungen genügt es nicht, wenn Menschen nur «funktionieren». Sie müssen sich einbringen können.
Mutige Mitarbeitende stellen Fragen, denken quer, übernehmen Verantwortung und sprechen auch unbequeme Wahrheiten an, nicht um zu stören, sondern um Prozesse zu verbessern, Entwicklungen anzustossen und Lösungen zu ermöglichen. Doch diese Haltungen entstehen nicht von selbst. Sie entwickeln sich dort, wo Beteiligung möglich, Vertrauen spürbar und Sinn nachvollziehbar ist.
Ein zentrales Element, das Mut und Mitgestaltung fördert, ist das sogenannte Kohärenzgefühl. Es beschreibt das subjektive Empfinden, dass Anforderungen verständlich, bewältigbar und sinnvoll sind und gilt als zentrale Gesundheitsressource. Dieses Konzept geht auf den Medizinsoziologen Aaron Antonovsky zurück.
Wo ein starkes Kohärenzgefühl vorhanden ist, steigt nicht nur das persönliche Wohlbefinden, sondern auch die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und sich aktiv einzubringen. Vor allem zurückhaltende Mitarbeitende können durch ein solches Umfeld gestärkt werden, wenn sie spüren: «Ich verstehe, worum es geht, ich kann es bewältigen und es macht Sinn.»
Erfahrene, reflektierte Mitarbeitende agieren oft weniger laut, aber mit grosser Wirkung. Sie lassen sich nicht leicht übersteuern, sondern handeln überlegt und verantwortungsvoll insbesondere in herausfordernden Situationen. Diese Reife entsteht in einer Kultur, die Vertrauen, Beteiligung und gegenseitige Wertschätzung systematisch stärkt. Solche Mitarbeitenden brauchen keine ständige Anleitung, sondern Klarheit, Orientierung und die Möglichkeit, ihre Erfahrung wirksam einzusetzen.
1. Psychologische Sicherheit: Ohne Angst sprechen können
Psychologische Sicherheit bedeutet, dass Menschen sich trauen, offen zu sprechen, auch wenn sie Kritik äussern oder neue Ideen einbringen. Fehler dürfen thematisiert werden, ohne Schuldzuweisungen. Fragen sind erlaubt, nicht peinlich.
Diese Sicherheit ist die Basis für Innovation, Lernen und echtes Engagement. Sie entsteht durch respektvolle Kommunikation, transparente Entscheidungswege und eine Kultur, die zuhört, unabhängig von Hierarchie oder Rolle.
2. Gesundheitsorientierte Führung: Belastungen ernst nehmen
Führungskräfte prägen das Klima im Team. Gesundheitsorientierte Führung erkennt Belastungen frühzeitig, stärkt Ressourcen und gibt Orientierung. Sie fördert Handlungsspielraum, gegenseitige Unterstützung und ein realistisches Erwartungsmanagement. Das stärkt nicht nur die psychische Gesundheit, sondern schafft Zugehörigkeit und Vertrauen.
3. Shared Leadership: Mitentscheiden statt nur mitdenken
In Teams mit geteilter Verantwortung gestalten nicht nur Führungskräfte auch Mitarbeitende entscheiden mit. Shared Leadership bedeutet: Verantwortung ist verteilt, Perspektiven sind vielfältig, Entscheidungsprozesse transparent und klar.
Solche Strukturen stärken das Kohärenzgefühl und erhöhen die Identifikation mit der Arbeit. Beteiligung kann dabei je nach Reifegrad und Kontext unterschiedlich gestaltet sein z. B. durch Konsentverfahren, gemeinsame Zieldefinition oder das aktive Einholen von Rückmeldungen.
4. Strukturelle Prävention: Gesundheit systematisch sichern
Gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen entstehen nicht zufällig, sondern durch Gestaltung. Strukturelle Prävention bedeutet, Belastungen früh zu erkennen und systematisch zu reduzieren, etwa durch klare Rollen, funktionierende Schnittstellen, realistische Arbeitsziele und Erholungsräume.
Organisationen, die Prävention in ihre Prozesse integrieren, schaffen langfristig stabile Grundlagen für Leistung, Motivation und Gesundheit.
Organisationen, die auf psychologische Sicherheit, kohärente Strukturen, gesundheitsorientierte Führung und geteilte Verantwortung setzen, fördern eine Kultur des Vertrauens und der Wirksamkeit. So entstehen leistungsfähige, motivierte Teams, wobei die Wirkung dieser Faktoren je nach Alter, Erfahrung und spezifischem Kontext variieren kann.
Denn eines ist klar: Mut ist eine Schlüsselkompetenz, um die Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern, tragfähige Entscheidungen zu treffen und die Arbeitswelt zukunftsfähig zu gestalten..
Valentina Smajli verfasste ihre MAS-Abschlussarbeit im Studiengang Betriebliches Gesundheitsmanagement bei Christina Meyer zum Thema: «Qualitative Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Kohärenzgefühl und Arbeitsengagement in der Netzinfrastruktur».
Bild: Adobe Stock
Datum: 27. Mai 2025
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Der CAS richtet sich an Fach- und Führungskräfte, die sich mit Gesundheitsförderung und betrieblichem Gesundheitsmanagement in ihren Organisationen befassen. Der Studiengang vermittelt praxisnahe Methoden zur Analyse und Verbesserung gesundheitsrelevanter Arbeitsbedingungen. Schwerpunkte sind unter anderem die Identifikation physischer und psychischer Belastungen am Arbeitsplatz, die Entwicklung von Präventionsstrategien sowie die Implementierung nachhaltiger BGM-Konzepte.
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Valentina Smajli ist Expertin für Betriebliches Gesundheitsmanagement, Organisationsentwicklung und systemische Prävention. Ihren MAS in Betrieblichem Gesundheitsmanagement absolvierte sie 2024 an der Hochschule Luzern. Als langjährige Interessenvertreterin der Arbeitnehmenden bringt sie umfassende Erfahrung aus der ICT- sowie der Infrastrukturbau-Branche mit. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit der zentralen Frage, wie gesunde und beteiligungsorientierte Arbeitskulturen entstehen – insbesondere im Spannungsfeld von Transformation, Führung und steigenden Leistungsanforderungen.
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