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Empowerment in der Sozialen Arbeit – Selbstbestimmung als Schlüssel zur Veränderung

Empowerment in der Sozialen Arbeit – Selbstbestimmung als Schlüssel zur Veränderung

Empowerment ist ein zentrales Konzept in der Sozialen Arbeit und spielt eine entscheidende Rolle in der Gestaltung von Projekten. Es geht darum, Menschen zu befähigen, ihre eigenen Ressourcen zu nutzen, Selbstbestimmung zu erlangen und soziale Veränderungen aktiv mitzugestalten. Doch wie lässt sich Empowerment in der Praxis konkret umsetzen? Annina Friz liefert im Buch «Integrale Projektmethodik» wertvolle Antworten.

Empowerment beschreibt den Prozess, in dem Individuen oder Gruppen ihre Selbstbestimmung stärken, eigene Entscheidungen treffen und Handlungskompetenzen entwickeln. In der Sozialen Arbeit bedeutet dies, Menschen nicht nur zu unterstützen, sondern sie aktiv in Entscheidungsprozesse einzubinden und ihre Ressourcen zu mobilisieren. Dieses Prinzip ist eng mit Partizipation, Selbstwirksamkeit und sozialer Gerechtigkeit verknüpft.

Für Annina Friz bedeutet Empowerment, «Räume zu öffnen für echtes, gleichberechtigtes Lernen – zu begleiten, statt zu bestimmen. Teilhabe ist dabei nicht nur eine Methode, sondern vor allem eine Haltung. Ohne sie beginnt kein echter Empowerment-Prozess.»

In der «Integralen Projektmethodik» wird es als eine Strategie beschrieben, um nachhaltige Veränderungen in sozialen Projekten zu ermöglichen. Dabei geht es nicht nur um die Stärkung des Individuums, sondern auch um kollektive Ermächtigungsprozesse in Gruppen, Institutionen und Gemeinden.

Methoden zur Umsetzung von Empowerment

Die Umsetzung von Empowerment erfordert eine bewusste methodische Gestaltung sozialer Projekte. In der Praxis gibt es verschiedene Ansätze, die dabei helfen können:

  1. Partizipative Planung: Die Betroffenen werden von Beginn an in die Projektentwicklung einbezogen. Sie haben die Möglichkeit, ihre Anliegen, Bedürfnisse und Ideen aktiv einzubringen und mitzugestalten.
  2. Ressourcenorientierung: Der Fokus liegt auf den vorhandenen Stärken und Potenzialen der Menschen, nicht auf ihren Defiziten. So wird ein positives Selbstbild gefördert und Motivation geschaffen.
  3. Kritische Reflexion und Dialog fördern: In Empowerment-Prozessen ist es wichtig, einen Raum für kritische Reflexion zu schaffen. Hierbei wird den Teilnehmenden die Möglichkeit gegeben, ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven zu hinterfragen, ihre Denkweisen zu erweitern und alternative Sichtweisen zu entwickeln.
  4. Netzwerkbildung: Empowerment funktioniert besser in Gemeinschaften. Der Aufbau von Netzwerken ermöglicht gegenseitige Unterstützung, schafft Zugang zu Ressourcen und stärkt kollektive Handlungsmöglichkeiten.
  5. Selbstorganisation fördern: Menschen sollten ermutigt werden, eigene Initiativen zu ergreifen und selbstorganisierte Strukturen zu schaffen, um langfristige Veränderungen zu bewirken.

Professionelle Haltung als Voraussetzung für Empowerment

Empowerment setzt eine professionelle Haltung voraus, die auf einem optimistischen Menschenbild basiert. Fachkräfte der Sozialen Arbeit müssen sich bewusst gegen stereotype Zuschreibungen stellen und stattdessen die Ressourcen der Adressat:innen in den Mittelpunkt rücken. Dies gelingt durch aktives Zuhören und echtes Interesse an ihrer Lebenswelt: Welche Herausforderungen meistern sie? Welche Stärken bringen sie mit?

«Teilhabe ist dabei nicht nur eine Methode, sondern vor allem eine Haltung.»

Eine solche Haltung betrachtet Menschen nicht als hilfsbedürftige Empfänger:innen, sondern als eigenständige Akteur:innen mit Gestaltungskraft. Sie ermutigt dazu, eigene Lösungen zu entwickeln und sich aktiv für die eigenen Interessen einzusetzen. Gleichzeitig erfordert sie eine kritische Reflexion über soziale Strukturen, um nicht nur individuelle, sondern auch gesellschaftliche Veränderungsprozesse anzustossen.

Empowerment in der Praxis: ein Beispiel

Das Projekt «Vereinbar» ist eine Kooperation zwischen der Stiftung Rodtegg und dem Kulturhaus Neubad in Luzern. Seit Oktober 2022 verlegt die Rodtegg einen Teil ihrer geschützten Arbeitsplätze ins Neubad. Dort arbeiten Menschen mit körperlicher und mehrfacher Behinderung gemeinsam mit anderen Akteur:innen des Kulturhauses und übernehmen vielfältige Aufgaben – von administrativen Tätigkeiten über die Organisation von Veranstaltungen bis hin zur Mitarbeit im Bistro.

Begleitet wird das Projekt von einer Soziokulturellen Animatorin, die die Vernetzung fördert und Räume für Begegnung sowie gleichberechtigtes Lernen schafft. «Vereinbar» lebt Inklusion im Alltag und zeigt eindrücklich, wie Empowerment durch echte Teilhabe und gemeinsame Gestaltung gelingen kann.

Herausforderungen bei Empowerment

Trotz der positiven Aspekte ist Empowerment kein einfacher oder geradliniger Prozess. Oft gibt es strukturelle Barrieren, wie ungleiche Machtverhältnisse, begrenzte Ressourcen oder institutionelle Widerstände. Zudem kann es herausfordernd sein, Menschen zur aktiven Teilnahme zu motivieren, insbesondere wenn sie über lange Zeit hinweg gesellschaftlich marginalisiert wurden.

Hier sind Fachkräfte der Sozialen Arbeit gefragt: Sie müssen eine Balance zwischen Unterstützung und Eigenverantwortung finden, Sensibilität für bestehende Machtstrukturen entwickeln und Rahmenbedingungen schaffen, die echte Teilhabe ermöglichen. Dafür braucht es jedoch auch Ressourcen für Fachkräfte selbst – um sich mit der eigenen Haltung auseinanderzusetzen, in Teams zu reflektieren und ihr eigenes professionelles Empowerment zu stärken. Solche Prozesse sollten bereits in der Ausbildung verankert sein – kritisch, politisch und bewusst, so Annina Friz.

Erfolgreiche Projekte durch Empowerment

Empowerment zählt zu den wirkungsvollsten Ansätzen der Sozialen Arbeit, wenn es um nachhaltige Veränderung geht. Durch Partizipation, Ressourcenorientierung und Selbstorganisation werden Menschen gestärkt, ihre Lebensrealität aktiv zu gestalten und Einfluss auf gesellschaftliche Strukturen zu nehmen.

Empowerment gibt den Beteiligten eine Stimme und stärkt ihr Selbstvertrauen. Gemeinsame Erfolgserlebnisse fördern Motivation und Gemeinschaftsgefühl. So entstehen neue Perspektiven – nicht nur für die Teilnehmenden, sondern auch für Fachkräfte, die aus diesen Prozessen Inspiration und Energie für zukünftige Projekte gewinnen.

Von: Roger Ettlin
Bild: Hannah Busing auf Unsplash
Veröffentlicht: 12. August 2025

Buch: Integrale Projektmethodik von Alex Willener & Annina Friz (Hrsg.)

Die «Integrale Projektmethodik» bietet eine praxisnahe Anleitung für die Planung und Umsetzung sozialer Projekte – mit Fokus auf Empowerment, Partizipation und Nachhaltigkeit. Basierend auf Erfahrungen aus der soziokulturellen Animation zeigt das Buch, wie Projekte ganzheitlich, kreativ und transdisziplinär gestaltet werden können. Ideal für Fachpersonen, die Projekte leiten oder begleiten.

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