Diplomierte Pflegefachpersonen kommen meist früh in ihrer Laufbahn mit Führungsthemen in Kontakt, wenn sie beispielsweise Teammitglieder fachlich anleiten, begleiten und unterstützen. Gastdozent Dieter Rung bietet im Bachelor-Studiengang für diplomierte Pflegefachpersonen im Wahlmodul «Leadership» einzelne Lektionen an. Er sagt: «Man kann sich gar nicht früh genug mit seinen Führungskompetenzen auseinandersetzen.»
Menschen führen, anleiten und coachen, ohne «Chef:in» zu sein? Das kommt in flachen Hierarchien oder Projektteams häufig vor und nennt sich «laterales Führen». Laterales Führen bedeutet: Führen in Funktionen ohne Weisungsbefugnis. «Laterales Führen kommt in allen Branchen vor. Viele Pflegefachpersonen führen lateral, das heisst: nicht über die Linie, sondern über ihr Expert:innentum», sagt Dieter Rung, Gastdozent für Leadership an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. «Das können zum Beispiel Pflegeexpert:innen oder Fachexpert:innen sein, die ein Team fachlich begleiten, oder diplomierte Pflegefachpersonen, die aufgrund ihrer Qualifikation anderen Teammitgliedern fachlich vorgesetzt sind.»
Dieter Rung kommt ursprünglich aus der Bankenbranche, hat ein Studium in Betriebswirtschaftslehre, einen Master in Leadership, eine Coaching-Ausbildung und ausserdem die Ausbildung zum Pflegefachmann HF absolviert. Im Wahlmodul «Leadership» lernen die Studierenden unter anderem von ihm, wie laterale Führung gelingt. «Lateral führen heisst, Wissen, Kommunikation, verbindende Werte und Beziehungen zu nutzen. Man überzeugt das Umfeld von dem, was man erreichen möchte, und gelangt gemeinsam ans Ziel, statt gegen Widerstände anzukämpfen.»
Gerade in der Pflege sei es wichtig, dass Leadership-Grundlagen schon in der Ausbildung zum Thema würden, betont der in Deutschland geborene Wahlwinterthurer. «Viele diplomierte Pflegefachpersonen finden sich kurz nach dem Studium in einer formellen oder informellen Führungsrolle wieder – gerade auch in Zeiten des Fachkräftemangels», erklärt er. Sie führten, häufig aber ohne die entsprechenden Führungskompetenzen gelernt zu haben. «Leadership ist eines der wichtigsten Themen in Unternehmen», gibt der 62-Jährige zu bedenken. «Ich finde es toll, dass die Hochschule Luzern Leadership-Grundlagen schon in der Ausbildung vermittelt.» Er habe sich sehr gefreut über die Anfrage, im Wahlmodul Leadership mitwirken zu können, und sofort zugesagt.
Sever Draganescu, Studiengangleiter Bachelor für diplomierte Pflegefachpersonen, hat den Anstoss für das neue Leadership-Modul gegeben. Er sagt: «Diplomierte Pflegefachpersonen begegnen schon früh Situationen, in denen sie zum Beispiel die fachliche Verantwortung übernehmen, koordinieren oder andere fachlich begleiten – oft ohne formelle Führungsfunktion. Umso wichtiger ist es, dass Studierende im Wahlmodul die Grundlagen von Leadership kennenlernen und ein erstes, praxisnahes Verständnis davon entwickeln können.»
Laterale Führung sei die für ihn nachhaltigste mögliche Führungsform, erklärt Rung, der bei der Stadt Winterthur die Unternehmensentwicklung und den interprofessionellen medizinischen Fachdienst im Bereich Alter und Pflege leitet. Sie brauche aber ein wenig Geduld. «Als lateral führende Person kommuniziere ich mit meinen Teammitgliedern auf Augenhöhe. Ich übernehme die Leitung, weil ich zum Beispiel eine grosse Expertise in einem bestimmten Fachgebiet habe, und nicht, weil ich «Chef:in» bin. Deshalb <regiere ich nicht durch>, sondern wir kommen gemeinsam zu einem Entscheid, den alle akzeptieren.»
Die Vorteile des lateralen Führungsstils: Die offene Kommunikation schafft angstfreie Zonen, gibt psychologische Sicherheit und beugt Machtmissbrauch vor. Entscheide werden gemeinsam gefällt und getragen. Die Mitarbeitenden erhalten Freiraum zur Entfaltung. Gerade in interprofessionellen Teams – wie sie in der Pflege mit Ärzt:innen, Pflegefachpersonen, Mitarbeitenden der Hauswirtschaft, Verwaltung oder Gastronomie häufig vorkommen – wächst das Verständnis der unterschiedlichen Berufsgruppen füreinander. Der Teamgeist wird gefördert.
Die Studierenden, die das Leadership-Modul von Dieter Rung belegen, kommen zudem in den Genuss eines Einzel-Coachings bei ihm. «Im Coaching geht es mir darum, dass sich die Studierenden mit ihren Eigenheiten und Triggerpunkten besser kennenlernen. Es geht um Selbstreflexion und Selbstwirksamkeit. Denn: Wer sich selbst gut kennt, führt besser», erläutert Rung. Sever Draganescu hebt weitere Vorteile der Einzelcoachings hervor: «Besonders wertvoll ist, dass Dieter Rung die Studierenden nicht nur im Unterricht, sondern auch im Rahmen von Einzelcoachings begleitet. Dieses Coaching ermöglicht ihnen, ihre eigene Wirkung besser zu verstehen, persönliche Muster anhand der canMEDS-Rollen – der sieben Kompetenzbereiche, welche die Fähigkeiten von medizinischem Fachpersonal abbilden – zu reflektieren und sich sicherer in anspruchsvollen Alltagssituationen zu bewegen. So entsteht ein Lernraum, der sowohl fachlich fundiert als auch persönlich bereichernd ist – und den Übergang in die Praxis spürbar stärkt.»
Dieter Rung freut sich darüber, nun Wissen aus all den Bereichen zu vermitteln, in denen er schon tätig war oder sich weitergebildet hat. «Es motiviert mich, etwas zu bewirken», sagt er und schmunzelt: «Und es ist ein möglicher Ausblick darauf, was ich nach meiner Pensionierung in zweieinhalb Jahren anpacken könnte.»
Von: Eva Schümperli-Keller
Veröffentlicht: 16. Dezember 2025
Neue Pflege-Studiengänge an der Hochschule Luzern
Die Hochschule Luzern trägt mit ihren innovativen Ausbildungen dazu bei, den Bedarf an hochqualifizierten Pflegefachpersonen in der Region zu decken. Der Bachelor of Science in Pflege bereitet Maturand:innen auf vielseitige Karrieren im Gesundheitswesen vor. Diplomierte Pflegefachpersonen bauen ihre Kenntnisse in Praxis und Wissenschaft mit einem berufsbegleitenden, verkürzten Bachelor in Pflege weiter aus. Der Master of Science in Pflege vertieft diese Kompetenzen weiter, um Pflegefachpersonen gezielt auf erweiterte und spezialisierte Rollen in der Gesundheitsversorgung vorzubereiten.

Nach einer beruflichen Tätigkeit im Finanzbereich, einem längeren Aufenthalt in Lateinamerika und einem Studium in Betriebswirtschaft liess sich Dieter Rung zum Pflegefachmann HF ausbilden. Er war viele Jahre in unterschiedlichen Funktionen und Führungspositionen im Gesundheitswesen tätig, bevor er seine jetzige Stelle als Leiter Unternehmensentwicklung/Interprofessioneller medizinischer Fachdienst im Bereich Alter und Pflege bei der Stadt Winterthur antrat. Zudem absolvierte er einen Master in Leadership und eine Coaching-Ausbildung am Institut für Angewandte Psychologie der ZHAW. Seit Herbst 2025 unterrichtet Dieter Rung als Gastdozent an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit Leadership mit Themen wie laterale Führung, Generationen-Mix und Coaching. Zudem ist er als selbstständiger Coach tätig.
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