In U-Bahnen explodieren Bomben, in Konzertsälen werden Kulturliebhabende über den Haufen geschossen, südlich der Sahara und im Nahen Osten sind viele Menschen auf der Flucht. Zu viele ertrinken im Mittelmeer. Mit den neuen Medien erreichen uns fast im Minutentakt solche katastrophale Meldungen. Was hat das mit uns zu tun?
Soziokulturelle Animation und ganz allgemein die Soziale Arbeit engagiert sich für mehr soziale Gerechtigkeit. Oder engagiert sich, dass möglichst viele Teil eines Ganzen werden und sich zugehörig fühlen. Ich behaupte, dass ein wichtiger Teil unserer Arbeit sehr viel mit Inklusion zu tun hat. Wir überlegen uns dauernd, wie können wir dieses «Einbeziehen» noch besser gestalten, welche Ansätze und Methoden unterstützen uns dabei. Die systematische Ausgrenzung und Abwertung von Jugendlichen und Teilen von Volksgruppen hat beängstigende Dimensionen angenommen. In zu vielen Quartieren von europäischen Grossstädten und Agglomerationen dominiert eine Perspektivlosigkeit, die diese erlebten extremen Auswüchse teilweise erklären können. Vor ein paar Jahren waren wir noch nicht so direkt betroffen. Diese Ereignisse fanden in anderen Kontinenten statt. Die Vordenker und Befürworter der Globalisierung – meist waren es Männer, erhofften sich eine bessere Verteilung des Reichtums und somit auch mehr Gerechtigkeit. Eingetroffen ist dies nicht. Die Ungerechtigkeiten nehmen weiterhin zu, die betroffenen Menschen müssen fliehen oder antworten immer öfter mit Gegengewalt.
Frankreich steht seit Monaten im Ausnahmenzustand. Überall nimmt die Kontrolle zu, auch bei uns. Ich befürchte sehr, dass wir auf diese Herausforderungen zu schnell mit Gegengewalt reagieren. Vordenker wie Mahatma Gandhi und Martin Luther King plädierten in diesen schwierigen Situationen im letzten Jahrhundert für einen gewaltfreien Widerstand. Damit waren sie sehr erfolgreich. Gewalt provoziert Gegengewalt und somit noch mehr Ungerechtigkeit. Die Ansätze der Gewaltlosigkeit taugen viel mehr, dies ist auch wissenschaftlich bewiesen. In der Geschichte der Sozialen Arbeit kennen wir wunderbare Beispiele, wie die von Saul Alinsky in den USA der 1970er Jahre. Als «Community Organiser» engagierte sich Alinsky mit witzigen, kreativen und frischen Kampagnen für die Rechte der Afroamerikanerinnen und -amerikaner. Oder das Beispiel der serbischen Oppositionsorganisation OTPOR und Srdja Popović, die Ende der 1990er Jahre den ultra Nationalisten Milošević und seine Belgrader Bande in die Wüste schickten. Heute berät Srdja Popović andere soziale Bewegungen in vielen Ländern (u. a. Tunesien, Ägypten, Malediven, Syrien). Einfache Rezepturen gibt es nicht. Es gilt immer die Betroffenen zu Beteiligten zu machen, ganz klein zu beginnen mit Humor und Kreativität die Arbeit anzupacken, die Spielregeln der Mächtigen gut zu kennen und eine klare Vorstellung der Zukunftsvisionen oder der sozialen Gerechtigkeit zu haben. Also Soziokultur «pur». «Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt», beschreibt Srdja Popović in seinem Buch «Protest», erschienen 2015. Dieser Popović kann wirklich ermutigen.
von: Bernard Wandeler
Kommentare
1 Kommentare
Rahel
Der Film "Everyday Rebellion" der Brüder Arman and Arash T. Riahi zeigt wunderbare friedliche Protestaktionen. Eine die mir gut in Erinnerung ist, ist jene bei der alle partizipieren können - ob Alt oder Jung: zu einer festgelegten Zeit werden die Lichter in den Häusern gelöscht und für einige Minuten zu einem flackern gebracht. Hier der Link zum Trailer: https://vimeo.com/59188605 und auf der Homepage zum Film wird ein Archiv von vielen weiteren Protestaktionen erstellt: http://www.everydayrebellion.net/
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.