«Das wird jetzt gemacht!». Der Ausruf, meist gefolgt von der haltlosen Begründung «Das haben wir immer so gemacht!», ist grundfalsch möchte man aufschreien und gleich hinterher: «So geht es nicht weiter!». Die Aufgabe der Innenentwicklung in den Gemeinden, verstärkt durch die Revision des Raumplanungsgesetztes 2014, wirft Fragen auf, wie es weiter gehen kann. Wenn Gemeinden sich baulich entwickeln, verdichten, erneuern wollen, dann auf lange Sicht vor allem dort, wo praktisch schon etwas steht. Also weiter bauen wie bisher – auf neuen Bauzonen nach Plänen direkt vom digitalen Reissbrett – das geht nicht.
Und dennoch: eine Grunderkenntnis aus dem ARE Modellvorhaben «Netzwerk Innenentwicklung» stimmt mit dem ersten Ausruf, den unsere Grosseltern mit ihrer Lebenserfahrung postulieren könnten, überein. Es geht um das Machen selbst. Handeln löst Blockaden, überwindet Hürden in verfahrenen Situationen. Eine Erkenntnis ist, dass die Kraft zur Entwicklung im Umsetzungsprozess von Planen zum Bauen liegt – nicht in Konzepten und Leitbildern. Leitbilder und Konzepte veranlassen nicht zum Handeln in den Gemeinden, sondern können Entwicklung wenn, dann ideell unterstützen. Sie sind Teil der Aufgabenstellung, aber nicht die Aufgabe selbst. Die Erfahrungen, was möglich ist, was überhaupt gebaut werden kann, werden beim Machen gewonnen. Das Grundverständnis der Planung zu «wissen wie es geht», stösst an seine Grenzen, oder besser: die Grenzen des geschlossenen Systems «Planung» werden nach und nach zugunsten eines offeneren Zugangs aufgelöst. Was bedeutet das für die Innenentwicklung? Es bedeutet, sich auch ohne konkreten Plan direkt in die Prozesse der Umsetzung zu begeben und möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. Aus diesen Erfahrungen wird lokal eine Planungslogik erwachsen können, die überkommene Instrumente oder Konflikte neu verhandelt.
Wir handeln ohne Plan
Bestehende Planungsvorgaben oder Eigentumsverhältnisse erscheinen auf den ersten Blick oft unangemessen starr oder unvereinbar mit den Entwicklungsabsichten Einzelner. Im Handeln nun gewinnen die Beteiligten vor allem eines: Flexibilität. Es bestehen vorab keine Verpflichtungen und die Ausgangslage ist für alle transparent, weil noch nicht vorgedacht oder konzipiert wurde. Das ist erstmal für alle Involvierten, die Verwaltungen, die Eigentümerschaft oder Politik äusserst ungewohnt, heisst es doch: keine Ahnung haben, was geht. Der erste Impuls ist meistens dann auch: Fachleute müssen her. Nur leider bleibt dann die Studie, das Konzept, der Entwurf oft in der Schublade. Keiner fühlt sich recht verantwortlich.
Im Modellvorhaben «Netzwerk Innenentwicklung» werden an konkreten Fallbeispielen, die zu einer Umsetzung von Bauprojekten führen sollen, die Inhalte für Pläne beim Machen selbst gesammelt. In moderierten Verfahren steigen wir direkt in medias res ein, in den Dialog. Die entscheidenden Beteiligten werden zu ihren Vorstellungen zu möglichen Entwicklungsrichtungen in Austausch gebracht. Gemeinsam wird über mögliche Vorhaben gesprochen. Die Erfahrungen zu diesen Prozessen geben Hinweise auf die Frage, wie die Innenentwicklungsplanung vonstattengeht und wer zu handeln vermag. Und vor allem bestärken sie, dass Bauen mit Planung beginnt und weisen darauf hin, dass Planung zuerst einmal keine Vorgaben macht, sondern diese mit den entscheidenden Akteuren/-innen, der Eigentümerschaft, zu ermitteln, ihre Aufgabe ist. Das klingt verdreht: Handeln ohne Plan? Ja durchaus, aber planvoll, das heisst mit einer Absicht und im direkten Auftrag der Gemeinde und/oder privater Beteiligter.
Lass uns das so machen
Dieses Handeln müssen die Beteiligten, die Gemeinden und Besitzenden, unmittelbar selbst übernehmen. Die Verantwortung und die Entscheidungen über das, was realisiert werden soll, lassen sich nicht abgeben. «Das wird jetzt gemacht», bestärkt den Weg, der in der Innenentwicklung aktiv einzuschlagen ist: zuerst gemeinsame Perspektiven gewinnen, sich verantwortlich zeigen und dann das Bauen abgestimmt planen. Die Gemeinde ist dabei Initiantin und/oder Organisatorin in der Sache. In der Verwaltung liegen die Unterlagen, die Entwicklungsschwerpunkte im Ort benennen oder konkrete Anliegen, die an die Gemeinde herangetragen wurden, auf dem Tisch. Eine Kontaktaufnahme mit der Eigentümerschaft auf den entsprechenden betroffenen oder angrenzenden Gebieten ist unmittelbar möglich. Die Gemeindeverwaltung überdauert die politischen Zyklen. Sie kann die Kommunikation am Laufen halten und ist Trägerin einer Gesamtsicht zur Ortsentwicklung.
Zuerst heisst es dann «Wo stehen wir?». Wer ist betroffen, wer soll mitmachen und wer will mitmachen? Einzelgänge produzieren Intransparenz und Ignoranz schafft Unmut. Es sollten so viele wie möglich und so wenig wie nötig mit eingebunden werden. Unterstützt wird eine Gemeinde im besten Fall durch eine professionelle Prozessbegleitung, durch eine soziokulturell und planerisch beflissene Fachperson. Ein Informationsaustausch über Absichten, Vorhaben und Einschätzungen zur Entwicklung in einem Gebiet ist der nächste Schritt. Von hier an kann über Möglichkeiten gesprochen werden: «Wo kann es hingehen?». Nun werden, wo notwendig, die professionell Planenden zugezogen; zu Themen wie Baurecht, Ökonomie und nicht zuletzt Gestaltung. Sukzessive entsteht so ein: „Da soll es hingehen!». Mit diesem Impuls wird dann aus einem dogmatischen «Das wird jetzt so gemacht!» ein kollektivierendes «Lass uns das machen!» – und zwar nicht so wie immer schon sondern «so wie wir das wollen».
Weitere Informationen:
Netzwerk Innenentwicklung
von: Alexa Bodammer
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