«Soziale Bewegungen – welchen Auftrag hat die Soziale Arbeit?» das Thema der diesjährigen internationalen Studienwoche (1. bis 5. Februar 2021) war breit gefächert. Einen Beitrag leistet auch Islam Alijaj mit seinem Interview über die Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigung. Eins vorneweg: Es ist ein sehr eindrückliches Interview. Islam Alijaj, der aufgrund angeborener Beeinträchtigungen aus eigenen Erfahrungen erzählt, fordert eine nachhaltige Behindertenpolitik. Er ist der Ansicht, dass «auf zivilgesellschaftlicher sowie parteipolitischer Seite ein fundamentaler Strukturwandel stattfinden muss, damit der Traum von Gleichstellung wahr werden kann». Islam Alijaj ist eine beeindruckende Persönlichkeit, mit einer guten Portion Optimismus und Realismus. Im Interview spricht er zentrale Punkte der Sozialen Arbeit an. Wer dieses Interview gehört hat, wird geneigt sein, sich der Meinung anzuschliessen, dass es grundsätzlich ein Umdenken in der Sozialen Arbeit benötigt. Es braucht mehr Partizipation und Empowerment in der individuellen Ausübung des Berufes, wie aber auch in den Strukturen der Institutionen selbst. Die Soziale Arbeit sollte vermehrt die betroffenen Menschen miteinbeziehen. Es ist fundamental, dass ihre Anliegen von Anfang an mit einbezogen werden, da so die Soziale Arbeit viel effektiver wirken kann. Islam Alijaj bemängelt, dass in der Sozialen Arbeit aktuell eine systematische Bevormundung stattfindet. Die Kritik, dass die Betroffenen selber zu wenig miteinbezogen und unterstützt werden, ist mehr als bloss bedenkenswert. Aber wo liegt die Grenze zwischen Bevormundung und Fürsorge? Ist das eine persönliche Ansichtssache oder ein institutionelles Paradigma der Sozialen Arbeit? Es ist mitunter ein schmaler Grad, auf dem jeder einzelne von uns Sozialarbeitenden geht mit dem eigenen Rucksack an Erfahrungen, Werten und Visionen.
Die Schweiz braucht mehr engagierte Menschen wie Islam Alijaj, damit die Diskriminierung von Menschen mit Beeinträchtigung aufhört und die Gleichstellung nicht mehr nur ein Traum ist, sondern Tatsache wird.
Dieser Artikel wurde am 12. Februar 2021 von Nicole Berlinger verfasst und auf dem Soziokulturblog veröffentlicht.
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