Freude herrscht am Röschibachplatz! Das abgeschlossene Projekt zur Neugestaltung hat dem zentral gelegenen Platz in Zürich Wipkingen einen Bronzenen Hasen in der Kategorie «Landschaft» beschert. Den Preis teilen sich der Quartierverein Wipkingen und das Tiefbauamt der Stadt Zürich. Mit dem Bronzenen Hasen zeichnen die Architekturzeitschrift Hochparterre und das Museum für Gestaltung Zürich besonders gelungene Gestaltungsprojekte aus.
Preis für unspektakuläre Gestaltung und gelungene Mitwirkung
Das Hochparterre schreibt in der Ausgabe vom Dezember 2016, dass die Gestaltung selbst zwar wenig spektakulär sei. Der Platz verbessere die städtebauliche Situation aber enorm und schaffe einen Mehrwert fürs ganze Quartier. Lobend erwähnt die Jury den erfolgreichen Mitwirkungsprozess und dass der Röschibachplatz eine exemplarische Antwort darauf gibt, wie sich Nutzerinnen und Nutzer einen öffentlichen Raum aneignen können.
Erwünschter Dialog mit den direkt Betroffenen
Die Initiative für eine Umgestaltung kam vom Quartierverein Wipkingen, gemeinsam mit der Bitte, dass Nutzerinnen und Nutzer, das Gewerbe und die Anrainer von Anfang an eingebunden werden sollen. In einem dreijährigen Mitwirkungsprozess wurde der Platz neu gestaltet und mit einer neuen Verkehrsführung (Begegnungszone mit Einbahnregime) belegt.
Jeder qualitative Beitrag zählt, jede Sichtweise hat ihren Wert
Ich wurde vom Tiefbauamt der Stadt Zürich ganz am Anfang des Prozesses im Jahr 2011 als externe Fachperson zugezogen. Mein Auftrag war, ein Konzept für die Mitwirkung bei der Neugestaltung auszuarbeiten und den Prozess als Moderator zu begleiten. Wenn eine gemeinsame Sprache gefunden wird, in einer Atmosphäre der gegenseitigen Akzeptanz und Mithelfens, entstehen erfahrungsgemäss nicht nur (politisch) tragfähigere, sondern auch qualitativ bessere Projekte. Da kommen auch die Bedenken und Nachteile von erarbeiteten Lösungen auf den Tisch. Mitwirkung ist nicht zu verwechseln mit lustiger Harmonie oder einem kreativen Methodenfeuerwerk der Moderatoren. Mitwirkungsverfahren brauchen kompetente Personen auf allen Seiten, soll die Mitwirkung nicht als «blosse Alibiübung» dienen.
Konsens muss erarbeitet werden, auch der Konsens über den Dissens
Am Röschibachplatz müssen eine Gruppe von Anrainern und ein Gewerbetreibender einen Nachteil in Form von Umwegfahrten in Kauf nehmen. Wir hatten einen Vertreter dieser Anrainer von Anfang in der Spurgruppe. Die Stadt Zürich hat die zu erwartenden Umwegfahrten berechnen lassen, die Signalisationen im Quartier geprüft und die Entscheidungskonsequenzen wurden offen besprochen. Dies förderte nicht nur die Legitimität der Arbeit der Spurgruppe. Eine grosse Gruppe aus dem Quartier – die zu Beginn den Platz ganz verkehrsfrei wünschte – konnte die Lösung mit der Begegnungszone so besser annehmen.
Analoge Mitwirkung wurde mit dem Internet digital verwoben
Neu für mich war die aktive Mitwirkung der Medien im Prozess. Wir liessen alle öffentlichen Veranstaltungen sowie die Workshops in der Spurgruppe vom Quartierfernsehen Tele Wipkingen filmen. Die Beiträge waren online – und alle im Quartier über das Internet stets up to date. Das öffentlich machen aller Arbeitsschritte, auch der unterschiedlichen Positionen und der Differenzen, diente einer erfolgreichen Mitwirkung. Dies verlangte von allen Beteiligten den Mut sich zu exponieren, von der Verwaltung den Mut ein solches Verfahren ergebnisoffen zu gestalten und von der Politik den Handlungsspielraum zu gewähren. Auch bei der Preisverleihung wurde der politische Wille als unverzichtbar für solche Prozesse beschrieben. Dem schliesse ich mich hier gerne an.
Bildquelle: wipkingen.net
Weiterführende Informationen:
Goldschmidt, Rüdiger (2014): Kriterien zur Evaluation von Dialog- und Beteiligungsverfahren. Konzeptuelle Ausarbeitung eines integrativen Systems aus sechs Metakriterien. Wiesbaden: Springer.
von: Roman Dellsperger
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