«Kulturelle Teilhabe ist eine mögliche Antwort auf die Herausforderungen des sozialen Zusammenhalts und der demokratischen Mitgestaltung.» Dieser Satz von Isabelle Moroni (Newsletter «focus» 1/17, Seite 3, Schweizerischer Städteverband) begleitet mich bei der Entwicklung von neuen Ideen für Projekte zur kulturellen Teilhabe. Nach meiner Tätigkeit als Verantwortliche von Kulturvermittlungsprojekten an einem Theater weiss ich, dass die Soziokulturelle Animation ihre Funktion als Brückenbauerin auch innerhalb einer Kulturinstitution übernehmen kann. Für eine Kulturinstitution bieten die Herangehensweisen der Soziokultur neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit dem Publikum und eine Chance, eine Stadt oder ein Quartier an Kulturprojekten direkt zu beteiligen. Zudem zeigen die Methoden der Soziokulturellen Animation auf, wie man mit Gruppen zu den Themen Kulturelle Teilhabe und Kulturvermittlung arbeiten kann.
Mitte April fand ich in der NZZ den Zeitungsartikel «Theater macht fit fürs Leben». Die Aussagen «Eine Theatererfahrung ist der Weg aus der Vereinzelung hinein in eine Gemeinschaft» und «Theater ist Partizipation, Inklusion, und Theater ist Gemeinschaft, auf der Bühne genauso wie im Zuschauerraum» stimmen mit meinen eigenen Erfahrungen überein. Sie beziehen sich auf die Kunstform Theater, sind aber meines Erachtens kunstspartenübergreifend gültig.
Diese Aussagen erinnerten mich an die Forderung die Doug Borwick, in seinem Buch «Building Communities, not Audiences» an Kulturinstitutionen stellt. Sie sollen nicht mit Kulturmarketing-methoden versuchen ein neues Publikum heranzubilden, sondern sich dem Publikum gegenüber programmatisch so öffnen, dass sie neu eine Gemeinschaft mit den Menschen aus der Region eingehen können. Er schlägt Kulturinstitutionen als neue Zielperspektive vor, ihre Bedeutung als Produzentinnen und Bewahrerinnen von Kunst und Kultur zu erweitern und als «gute Nachbarin» Verantwortung für das gemeinsame soziale und kulturelle Leben in einer Nachbarschaft/Region/Kommune zu übernehmen. Kulturinstitutionen sollen ihre Kompetenzen und die ihrer Mitarbeitenden dafür einsetzen, bedeutungsvolle Beziehungen mit der Nachbarschaft aufzubauen, in der sie leben. Community Engagement ist somit nicht als zusätzliche Aufgabe sondern als Kern der Arbeit einer Kulturinstitution zu begreifen.
Doch wer übernimmt die Aufgabe, diese Beziehungen aufzubauen? Wie erreicht eine Kultur-institution das Ziel, eine Community vor Ort zu bilden? Die Soziokulturelle Animation kann und soll solche Prozesse an- und begleiten. Sie kann die Übersetzungsarbeit zwischen Kunst und Gemeinschaft vor Ort leisten. Indem neue Freiräume für kulturelle Betätigungen geschaffen werden, wird die Community zu einem sichtbaren Teil innerhalb der Institution.
Da sich Professionelle der Soziokulturellen Animation für diese Aufgaben besonders gut eignen, ist es meine Hoffnung, dass sie sich beispielweise vermehrt blind an einem Theater bewerben oder gezielt Projekte aus dem Quartier mit Kulturinstitutionen andenken, verknüpfen und von Seiten der Quartier-, Jugend,- oder Generationenarbeit an die Kulturinstitution herantreten und gemeinsam Projekte lancieren.
Die Hochschule Luzern – Soziale Arbeit bietet zu diesem Thema das Fachseminar «Kulturelle Teilhabe durch Soziokultur» am 8. und 9. Juni 2017 an.
Alle Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.
von: Isabelle Odermatt
Kommentare
1 Kommentare
Boris Weibel
Danke für den guten Artikel. Im Rahmen eines Quartierprojekts in Bern, habe ich mich mit dem gemeinnützigen Verein Keywork e.V. (http://keywork.info/) aus Düsseldorf befasst. Könnte evt. noch interessante Aspekte enthalten.
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.