Rund 130 Studierende der Sozialen Arbeit an der Hochschule Luzern setzten sich im Rahmen der Internationalen Studienwoche intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander. In den Referaten, Workshops und Organisationsbesuchen ging es nicht allein um Ökologie, sondern um Nachhaltigkeit als ein umfassendes Konzept mit umweltpolitischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekten.
2015 verabschiedete die Schweiz – gemeinsam mit sämtlichen 192 weiteren UNO-Mitgliedstaaten – die Agenda 2030 mit 17 festgelegten Zielen, die vom Umweltschutz über die Verbesserung von Chancengleichheit und Beseitigung der Armut bis hin zur Friedensförderung reichen. Diesen Sustainable Development Goals (SDG) sind 169 konkret formulierte Unterziele zugeordnet – ein Mammutprojekt also.
Vernetzung in den Regionen
Angesichts dieses eindrucksvollen Zielekatalogs stellt sich die Frage: Was kann der oder die Einzelne beitragen, um einen namhaften Beitrag in einem offensichtlich sehr komplexen und globalen Problem der Nachhaltigkeit leisten zu können? Harald Klimenta, globalisierungs- und wachstumskritischer Publizist aus Regensburg meint dazu: «Die Leute müssen lauter werden und sich stärker in den Regionen engagieren und vernetzen.» Er plädiert dafür, wieder vermehrt auf die Grundbedürfnisse des Menschen einzugehen, der sich soziale Eingebundenheit, Autonomie/Selbstbestimmung und Wertschätzung wünsche. Diese für das Wohlbefinden zentrale Anliegen würden in einer globalisierten, konkurrenzbasierten Wirtschaft zunehmend unbedeutender. Genau das führe zu tiefer Unzufriedenheit und einer Abwehrhaltung, die unter anderem im Rechtspopulismus münden könne. Dagegen komme man nur an, wenn man auf überschaubarer, also regionaler Basis für einen besseren Zusammenhalt sorge, das Bewusstsein für die Umwelt schärfe und Verantwortungsbewusstsein fördere.
Nachhaltigkeit in der Soziokultur
Welche Rolle dabei insbesondere Soziokulturelle Animatorinnen oder Animatoren einnehmen sollten, zeigte Andrea Binder-Zehetner auf, die sich in Wien im Rahmen der Lokalen Agenda 21 zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern für eine nachhaltige Stadt- und Bezirksentwicklung engagiert. «Professionelle im soziokulturellen Bereich nehmen eine intermediäre Rolle ein. Es braucht Kontakt und fortwährenden Austausch unter den Leuten, damit überhaupt etwas passiert.» Auch sie findet, dass die Leute lauter werden müssen und gerade dabei können Soziokulturelle Animatoren und Animatorinnen ihre Expertise einbringen und unterstützen: «Beteiligungsprozesse und gemeinsames Gestalten sind wichtige Mittel, um den Bürgerinnen und Bürgern eine Stimme zu verleihen.» Bei einer diskursiven Begegnung auf Augenhöhe machen weniger Leute die Faust im Sack, weil sie gehört würden und sich direkt selbst einbringen können.
Mit aufsuchender Arbeit, Workshops, Ideenwettbewerben und einem Bürgerrat, bei dem jeweils ca. 15 zufällig ausgewählte Bürger und Bürgerinnen 1.5 Tage lang über ein Thema intensiv diskutieren, wird in Wien die Vernetzung unter den Bewohnenden und mit den Behörden gefördert. Dabei will gut Ding Weile haben, entsprechende Projekte nehmen gemäss Binder von der Idee bis zur konkreten Umsetzung im Regelfall vier Jahre in Anspruch. Während die Möglichkeit der Projektgestaltung an sich bereits nachhaltigen Prinzipien folgt, werden in Wien regelmässig auch konkret nachhaltige Themen wie Verkehrsberuhigung, das Fördern von Velofahren und zu Fuss gehen, Fassadenbegrünung, Urban Gardening, inklusive Landschaft, Weltstammtische oder Fair Trade in den Fokus der Bürger-Projekte gestellt.
Sich lokal in Schweizer Gemeinden einbringen
Wien geht mit gutem Beispiel voran, aber auch Schweizer Gemeinden haben einige spannende partizipative und nachhaltige Projekte zu bieten. Ein Beispiel ist Ortoloco, eine regionale Gartenkooperative im zürcherischen Dietikon, die nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft funktioniert. Auf 1.6 Hektaren Land wird von 3 Festangestellten mithilfe der freiwilligen Einsätze der Genossenschafterinnen und Genossenschafter das ganze Jahr über Gemüse für ca. 240 Haushalte produziert. Auf dem Hof nebenan werden nach dem gleichen Grundsatz Milchprodukte hergestellt und verteilt. Diese positiven Beispiele, die bereits existieren, machen Mut, den Kopf angesichts eines komplexen Problems mit vielen Aspekten nicht in den Sand zu stecken und sich, wie von Harald Klimenta und Andrea Binder-Zehetner empfohlen, regional zu engagieren.
Weitere Organisationen und Projekte, die in der Studienwoche vorgesellt wurden:
Während der internationalen Blockwoche vom 28. Januar bis 1. Februar 2019 blickten rund 130 Studierende der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit über die eigenen Grenzen hinaus. Während fünf Tagen haben sich die Studierenden mit der Agenda 2030 und den 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung – auch Sustainable Development Goals (SDGs) genannt – auseinandergesetzt. Diese gelten als globaler Kompass für nachhaltige Entwicklung, gehen auf die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Dimensionen von Nachhaltigkeit ein und vereinen zum ersten Mal Armutsbekämpfung und Umweltschutz. Gäste aus dem In- und Ausland haben Berichte, Forschungen, Projekte und Programme vorgestellt. Im Zentrum standen die Fragen: Welchen Beitrag kann die Soziale Arbeit zur Umsetzung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung in der Schweiz leisten? Wie sieht unsere globale Verantwortung aus? Und was können wir – als Professionelle der Sozialen Arbeit, als Mitglieder der Zivilgesellschaft und als Individuum – dazu beitragen, dass die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht werden können?
Vier Studierende haben zu dieser Blockwoche eine Blogreihe verfasst und erläutern unterschiedliche Perspektiven.
von: Milena Brasi
Kommentare
0 Kommentare
Danke für Ihren Kommentar, wir prüfen dies gerne.