«La Noire de…» – meine Filmperle dieses Jahres. Restauriert war er dieses Jahr in Locarno am Filmfestival zu sehen.
Sie, die Protagonistin, hat kaum Möglichkeiten, sich auszudrücken… nicht, weil sie das Französische nicht fliessend spricht. Sie würde auch dann nicht gehört. Sie ist die Subalterne im Haus der weissen «Master». Diese sind auf eine andere Art sprachlos. Sie finden keine Worte der Humanität; verfügen über keine Ideen, die von ihnen geschaffenen Verhältnisse zu reflektieren und in eine postkoloniale Kritik über zu führen. Sie nähren weiterhin lediglich die Faszination am «anderen». Und vergnügen sich erneut an ihrem weissen privilegierten Lifestyle in «Afrika».
Es ist ein unglaublich eindrücklicher Film. Deutlicher kann ein Film die Verwobenheit zwischen der Ruhigstellung (Unterdrückung) der (weissen) Frau und Menschen of Color wohl kaum darstellen. Der Regisseur Ousmane Sembène braucht dazu lediglich 59 Minuten und ein wachsames und kritisches Auge. Der Film wurde 1966 gedreht und ist ein wichtiges Zeitzeugnis, dessen Kritik noch immer aktuell ist – falls die Zuschauenden die Zusammenhänge erkennen wollen. Und nicht nur das, der Film macht durch eine einfache Handlung deutlich, wie kapitalistisch dieses imperiale Gebären ist. Glauben wir wirklich, dass Zufriedenheit und gar der Verlust eines Menschen mit ein paar Franc gekauft werden kann? Dass ohne Worte die Ungerechtigkeit weggekauft werden kann?
Keine Worte gefunden haben auch die Leute, die einen anderen Film im Rahmen der Retrospektive «black light» anpriesen. Aufgeschlossen und sensibel – was sich in einem anderen Zusammenhang erfreulicherweise zeigt und dann wieder sprachlos, suchend und damit wieder auf alte Stereotype zurück geworfen… «Mulatte!»
Beim Sprechen über race begegne ich immer wieder unserer Sprachlosigkeit. Wir wissen nicht, was adäquat ist und anstelle davon, diese Sprache zu lernen, sprechen wir lieber gar nicht über race. Ja, warum race und nicht «Rasse»? Warum Schwarze Menschen, wenn sie denn braun sind? Warum also nicht «farbig» aber «of Color»? Wir lernen es nicht. Und weshalb haben wir Worte für «die anderen», aber kaum solche für die Mehrheitsgesellschaft? Die Angst vor der braunen Ecke ist zu gross, das Sprechen über Rassismus entsprechend unbequem. Nur leider verschwindet dieser nicht, sondern wirkt subtil weiter. Doch das nehmen dann vor allem wiederum nur die einen war – die grosse Mehrheit muss es nicht zur Kenntnis nehmen.
Wenn wir nicht schon früh eine rassismuskritische Sprache erlernen, dann fallen wir regelmässig –wider besten Willens – in eine alte rassistisch-koloniale Sprache zurück, welche kreiert wurde, um die Hierarchisierung zwischen weissen und den andern zu festigen. Es ist auch die Sprache, die Wirklichkeit schafft. Umso mehr braucht es diese, Tag für Tag zu überdenken und neu einzutrainieren. Desto öfter ich von Schweizer*innen of Color gesprochen habe, desto flüssiger kann ich dies verwenden. Auch in Situationen in denen ich etwas nervös auf einer Bühne stehe.
Der Senegalese Ousmane Sembène hatte die Worte und Kritik bereits 1966 zur Verfügung. Ich wünschte, ich wäre dem Film früher begegnet. Er hätte mich wohl auf meiner Reise der Kritik unserer Verhältnisse massgeblich unterstützt.
Aber auch hier gilt – die Kritik ist nur verständlich, wenn Mensch diese auch hören will und bereit ist, sich damit auseinander zu setzen. Rassismuskritisches Denken gedeiht auf bereits fruchtbarem Boden.
von: Rahel El-Maawi
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