Gemeinde-, Stadt- und Regionalentwicklung,
Im Ausgang laue Sommerabende geniessen, anregenden Gespräche lauschen, bis spät abends im Freien sein – immer mehr Menschen finden Gefallen daran. Wie die sogenannten «Mediterranen Nächte» wahrgenommen werden und ob sie konfliktanfällig sind, haben Forschende der HSLU untersucht: mit positiven Ergebnissen.
Von Menschenstimmen und leiser Jazzmusik umgeben, die Haut noch leicht gewärmt von der Sonne und einen erfrischenden Aperol Spritz in der Hand: Laue Sommerabende in der Stadt – das möchten immer mehr Menschen erleben.
Aufgrund des Bedürfnisses draussen länger im Ausgang zu sein, wurden die Regeln für die Boulevard- und Terrassengastronomie im Sommer in mehreren Schweizer Städten diskutiert. Haben aber alle Verständnis für dieses Bedürfnis? Führt das zu mehr Lärm in den Städten? Und wie angenehm ist das für die Anwohner:innen, die dort leben und abends gerne schlafen möchten? Lassen sich die unterschiedlichen Interessen vereinen oder gehen sie gar nicht so weit auseinander, wie man meinen könnte?
Umfassende Studie mit sieben Städten
Um das Thema umfangreich zu analysieren und den Erfahrungsaustausch zwischen den Städten zu fördern, hat die Konferenz der Städtischen Sicherheitsdirektorinnen und- direktoren (KSSD) eine Studie in Auftrag gegeben. Daran beteiligt waren sieben Städte. Einige davon, wie Basel, Bern, Zürich, Thun, Winterthur und St. Gallen, hatten vorher bereits Massnahmen ergriffen, um die Öffnungszeiten im Bereich der sogenannten Aussengastronomie zu verlängern, oder haben entsprechende Pilotversuche durchgeführt. Für diese Erweiterungen steht das Synonym «Mediterrane Nächte», mit deren Folgen sich die Studie der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit befasste.
Kaum Lärmklagen
Die Ergebnisse sind überraschend positiv. Bezüglich der Mediterranen Nächte gab es kaum Lärmklagen. Dass die Anwohner:innen offener und gelassener reagieren als angenommen, hat aber auch seine Gründe. Unter anderem liegt es daran, dass die Massnahmen sowohl räumlich wie auch zeitlich begrenzt sind. Es dürfen nicht alle Restaurants länger geöffnet bleiben, sondern vorwiegend diejenigen in den «Ausgehmeilen». Damit konzentriert sich der Lärm auf bestimmte Zonen und weitet sich weniger auf die ruhigen Wohnquartiere aus.
Des Weiteren ist in den meisten Städten am Wochenende spätestens um 2 Uhr morgens Schluss und auch eine Erweiterung der Zeiten steht nicht zur Debatte. Das ist auch im Sinne der Lokalbetreiber:innen. Viele möchten gar keine späteren Schliesszeiten. Einerseits rechnen sie dann wirklich mit mehr Reklamationen, andererseits wäre es auch nicht so lukrativ. Denn viele Nachtschwärmer:innen gehen gar nicht so lange aus, wie man meinen könnte.
Die positiven Ergebnisse sind darauf zurückzuführen, dass die Erweiterung der Öffnungszeiten räumlich und zeitlich begrenzt ist.
Ein weiterer wichtiger Effekt der Mediterranen Nächte, der vielleicht überrascht, sich aber über die Pilotversuche bestätigt hat: Längere Öffnungszeiten wirken sich auch positiv auf die Sicherheit in den Städten aus: Die Massnahmen beleben die Gassen und tragen dazu zur Ordnung und Durchmischung bei. So mussten Sicherheitsdienste gar nicht oft beansprucht werden, aber ihre Präsenz allein hat offenbar die Akzeptanz der Regelungen weiter gefördert.
«Die Studie zeigt die unterschiedlichen Bedürfnisse auf, die in einer Stadt abgedeckt werden müssen. Dazu gehört Ruhe, aber auch Unterhaltung.»
Tom Steiner
Gesunde Balance zwischen unterschiedlichen Interessen
Das Interessante an dieser Untersuchung ist, dass die Diskussionen und Pilotversuche im Rahmen der Projekte einerseits den Wandel unserer Gesellschaft reflektieren. Projektleiter Tom Steiner: «Es zeigt die unterschiedlichen Bedürfnisse auf, die in einer Stadt abgedeckt werden müssen.» Das Verlangen nach Unterhaltung und Nachtleben hat seine Berechtigung, genauso wie aber selbstverständlich das Bedürfnis nach Ruhe und Frieden.
Andererseits zeigt die Studie auch, dass eine gesunde Balance zwischen Genuss und Ruhe möglich ist, wenn man offen kommuniziert und die Betroffenen einbezieht. Bei den «Mediterranen Nächten» wurde das seitens der Behörden so gehandhabt und die Anliegen aller Seiten eingeholt. Transparenz und Planbarkeit sind also zentral, um divergierende Interessen unter einen Hut zu bringen.
Tom Steiner ist Dozent und Projektleiter am Institut für Soziokulturelle Entwicklung und verantwortlich für das Kompetenzzentrum Stadt- und Regionalentwicklung. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u. a. Themen wie öffentlicher Raum, Quartierentwicklung sowie Lärm/Akustik.
Zudem leitet der Evaluationsexperte zusammen mit Stephanie Weiss den neuen Bachelor-Studiengang in Sozialer Arbeit neue Konzepte und Innovation. Interessiert? Dazu mehr erfahren.
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Von: Emma Schürmann und Anette Eldevik
Bild: Getty Images
Veröffentlicht am: 31. Juli 2023
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