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Jugend und Social Media – Wie ernst nehmen wir das Thema?

Jugend und Social Media – Wie ernst nehmen wir das Thema?

In der Presse wird gern darüber diskutiert, in der alltäglichen Präventionsarbeit aber wird der Bereich noch oft stiefmütterlich behandelt: Social Media und die Auswirkungen auf Jugendliche. Luca Petrecca und Benjamin Cucchi sind in ihrer Arbeit auf die Baustellen gestossen.

Früher witzelten die Leute noch, sie hätten sich bis ans Ende einer Plattform gescrollt. Mit dem Spruch jedoch ist schon eine Weile Schluss. Wer an seinem Smartphone hängt und sich durch die sogenannten Sozialen Medien bewegt, kann endlos scrollen – Stunden gar Nächte damit verbringen. Das sogenannte Doomscrolling ist jedoch nur eines von vielen Themen der digitalen Entwicklungen. Immer mehr Platz nehmen dabei Social Media ein.

Luca Petrecca, der in der Schulsozialarbeit tätig ist, und Benjamin Cucchi, der im begleiteten Wohnen mit Jugendlichen arbeitet, begegnet dieses Thema häufig. Ihnen werden die Auswirkungen der digitalen Medien auf Jugendliche und Kinder täglich vor Augen geführt. Aus diesem Grund, aber auch aus persönlichem Interesse, entschieden sich die beiden Studenten bei ihrer Bachelorarbeit für das Thema: Soziale Medien und Jugendliche – Algorithmen und Doomscrolling.

Konkret wollten sich die beiden der Frage widmen, wie Präventionsarbeit der Sozialen Arbeit in Bezug auf die Veränderungen im Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen überarbeitet werden muss. Dazu recherchierten sie erstmal zu den Veränderungen bei Jugendlichen in der Interaktion mit Social Media in den letzten zehn Jahren und in einem zweiten Schritt auch zu den neu entstandenen Risiken durch den veränderten Konsum.

Das Bewusstsein, ein Trugschluss

Die zunehmende Verschiebung der Lebenswelt Jugendliche in die undurchsichtige, digitale Welt und auf die sogenannten sozialen Medien bringt neue Gefahren mit sich. Endless-Scrolling und Algorithmen treiben Isolierung, Bildung von Echokammern, Suchtpotenziale und Extremisierung voran. Sichtbare und gesellschaftlich diskutierte Phänomenen wie Fake-News oder Cybermobbing sind zwar präsent. Doch Jugendliche machen auf den Plattformen breit gefächert andere Erfahrungen als vorherigen Generationen: Sozialisierung und die neurologischen Entwicklungen des Gehirns, die sich durch die neuen Einflüsse verändern, gehören dazu und müssen im Bereich der Sozialen Arbeit proaktiv und präventiv mitgedacht und -gestaltet werden.

Dass im Bereich der digitalen Medien eine ständige Weiterbildung der Fachkräfte und ein stärkeres Bewusstsein für die Gefahren bei den Erziehungsberechtigten braucht, das jedoch scheint nicht neu, hört und liest man davon doch bereits seit Jahren. Doch was ist die neue Erkenntnis, die Petrecca und Cucchi aus ihrer Arbeit mitnehmen? Die Antwort ist klar: «Die grösste Erkenntnis war, wie schwierig es ist, die Erziehungsberechtigten, aber auch die Jugendlichen zu erreichen. Die Annahmen, dass die breite Bevölkerung über die Nebenwirkungen von Social Media auf die Entwicklung von Kindern Bescheid weiss, ist ein Trugschluss», sagt Luca Petrecca. Viele Eltern und Kinder, aber auch Fachkräfte wie beispielsweise Lehrpersonen seien sich der Gefahren von Endless-Scrolling, den Auswirkungen aus die Sozialisierung, die Verbreitung von Fake-News und dem Suchtpotenzial nur sehr oberflächlich bewusst.

In der bestehenden Präventionsarbeit seien es deshalb nicht die grundlegenden Methoden, die überarbeitet werden müssen, sagt Petrecca: «Die Angebote sind gut gestaltet, finden jedoch zu wenig Verbreitung.» Eine effizientere Prävention braucht es deshalb und eine stetige Weiterbildung seitens der Fachkräfte. Es sei extrem wichtig, die eigene Medienkompetenz und das eigene Fachwissen stetig zu hinterfragen und aufzufrischen.

«Eine wirklich engmaschige Präventionsarbeit,
die alle Kinder erreicht, die fehlt.»

Luca Petrecca

Die grösste Schwierigkeit sei die mangelnde Medienkompetenzen bei Fachkräften, sind sich die Studenten einig. Dazu kommt auch die fehlende Aufsicht über die Jugendlichen in dem Bereich. Erziehungsberechtigten sind die zentralen Akteur*innen bei der Medienprävention. Alle an sie gerichteten Angebote jedoch müssen diese aktiv aufsuchen. Fehlt also das Bewusstsein für die Problematiken, haben sie keinen Grund dazu. «Es zwar gibt durchaus Organisationen, welche Eltern, die so oder so schon interessiert an der Thematik sind, weiterbilden. Aber eine wirklich engmaschige Präventionsarbeit, die alle Kinder erreicht, die fehlt», so Luca Petrecca. Das liege womöglich auch in Teilen daran, dass auch die Politik in diesem Bereich noch oft blind sei.

Es brauche eine aufmerksame und nicht dramatisierende Beobachtung dieser Weiterentwicklungen. Besonders in der Sozialen Arbeit. Es muss eine grössere Sensibilisierung angestrebt, eine intensivere Vernetzungs- und Weiterbildungsarbeit geplant werden, so das Fazit der Arbeit. Denn ein Ende, selbst eine Verlangsamung der Weiterentwicklung digitaler Medien ist noch lange nicht in Sicht.

Von Jana Avanzini
Bilder: Adobe Stock
Veröffentlicht: 11. Dezember 2023

Die Bachelorarbeit «Algorithmen und Doomscrolling: Welche neuen Risiken für Jugendliche im Umgang mit sozialen Medien entstehen und wie die Soziale Arbeit sie im Umgang damit unterstützen kann» ist online abrufbar.

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