Erziehung, Bildung und Betreuung,
Die Wiedereingliederung ehemaliger Gefangener in den Arbeitsmarkt ist ein komplexer Prozess mit individuellen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Der Verein «Gefangene helfen Jugendlichen, Schweiz» arbeitet präventiv, um Jugendliche über die Konsequenzen strafbaren Verhaltens aufzuklären. Indirekt befassen sie sich dabei auch mit den Folgen von Straffälligkeit. Deshalb beauftragten sie die Bachelor-Studentinnen Lisa Bettoni und Tanja Labhardt, förderliche und hinderliche Faktoren für die Wiedereingliederung zu identifizieren.
Der Wiedereingliederungsprozess beginnt bereits während der Haft. In der Schweiz erfolgt dies meist durch den Progressionsvollzug, bei dem schrittweise Lockerungen gewährt werden, um die Häftlinge auf ihre Entlassung vorzubereiten. Trotz dieser Massnahmen stehen viele ehemalige Gefangene nach der Haft vor erheblichen Hürden. Stigmatisierung, fehlende Ausbildungsmöglichkeiten während der Haft und mangelnde Unterstützung beim Übergang in den Arbeitsmarkt sind nur einige der Probleme, die sie bewältigen müssen.
Um die Herausforderungen und Chancen der Wiedereingliederung zu verstehen, führten Lisa Bettoni und Tanja Labhardt im Modul «Praxisprojekt Sozialarbeit» qualitative Interviews mit ehemaligen Gefangenen und Arbeitgeber:innen durch. Ergänzt wurden diese Interviews durch den Austausch mit Fachpersonen und eine umfangreiche Literaturrecherche.
«Eine der grössten Herausforderungen für ehemalige Gefangene ist die gesellschaftliche Stigmatisierung», sagt Lisa Bettoni. Und Tanja Labhardt ergänzt: «Arbeitgeber:innen zögern oft, Menschen mit einem Strafregister einzustellen. Hier können gezielte Sensibilisierungskampagnen und persönliche Kontakte helfen, Vorurteile abzubauen.» Positive Beispiele aus der Praxis zeigen zudem, dass vor allem kleinere Betriebe eher bereit sind, ehemaligen Gefangenen eine Chance zu geben.
Während der Haft sind die Möglichkeiten zur beruflichen Qualifizierung oft begrenzt. Eine Ausweitung der Ausbildungsangebote könnte die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessern. Kurzqualifizierungen und praxisnahe Schulungen wären hierbei besonders wertvoll, da sie den Inhaftierten nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Erfolgserlebnisse und Motivation bieten.
Ein stabiler Arbeitsplatz kann die Rückfallquote deutlich senken. Daher ist es wichtig, nicht nur kurzfristige Arbeitsverhältnisse zu schaffen, sondern langfristige Perspektiven zu bieten. Die Zusammenarbeit zwischen Justizvollzugseinrichtungen, Sozialdiensten und der freien Wirtschaft muss daher intensiviert und kontinuierlich weiterentwickelt werden.
Die Wiedereingliederung von ehemaligen Gefangenen in den Arbeitsmarkt ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die sowohl Engagement als auch Ressourcen erfordert. Der Verein «Gefangene helfen Jugendlichen, Schweiz» leistet hierbei wertvolle Arbeit, die durch wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen kontinuierlich verbessert wird. Durch gezielte Massnahmen, individuelle Unterstützung und eine offene Gesellschaft kann es gelingen, ehemaligen Gefangenen eine zweite Chance zu bieten und damit nicht nur ihre Lebensqualität zu verbessern, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit und Stabilität in der Gesellschaft zu leisten.
Der vollständige Projektbericht mit detaillierten Ergebnissen und weiteren Empfehlungen steht interessierten Fachkräften und Organisationen zur Verfügung und kann hier bezogen werden.
Dieser Beitrag basiert auf dem Projektbericht von Tanja Labhardt und Lisa Bettoni, eingereicht an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit. Die Arbeit wurde von Prof. Dr. Sven Huber begleitet.
Von: Oliver Tubic
Bilder: Adobe Stock
Veröffentlicht: 8. Oktober 2024
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