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Dario Sulzer und sein Weg von der Soziokultur in die Politik

Dario Sulzer und sein Weg von der Soziokultur in die Politik

Dario Sulzer hat den Master in Sozialer Arbeit und ist seit vielen Jahren Wiler Stadtrat und St. Galler Kantonsrat. Für ihn war der Weg vom Jugendarbeiter zum Berufspolitiker keine Kehrtwende, sondern ein nachvollziehbarer Schritt. Schliesslich mache er als Fachperson in Sozialer Arbeit und in der Politik das Gleiche: Veränderungen anstossen und Menschen befähigen, um ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen.

«Auf die Soziale Arbeit bin ich eigentlich eher zufällig gestossen – oder vielleicht müsste ich sogar sagen: Ich bin gestossen worden. Ich habe die Wirtschaftsmittelschule absolviert und danach erst als Sachbearbeiter, später als Immobilienverwalter gearbeitet. Nach einer dreimonatigen Reise durch Südamerika war für mich offen, wie es beruflich weitergehen sollte. Eine Freundin schlug mir ein Praktikum bei der Jugendarbeit Wil vor. Da ich lange Leiter bei einer Jugendorganisation gewesen war, konnte ich mir das vorstellen. Die Arbeit an der Front mit der Zielgruppe – das fand ich spannend! Es hat mir sofort den Ärmel reingenommen. Als mir nach dem Praktikum eine Festanstellung angeboten wurde, sagte ich begeistert zu. Eine Kollegin, die an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit studierte, motivierte mich dazu, berufsbegleitend Soziokultur zu studieren. Auch dort habe ich mich gleich zugehörig gefühlt. Ich habe sechs Jahre für die Jugendarbeit Wil gearbeitet, davon zwei Jahre als stellvertretender Leiter.

Mein Weg in die Politik war keine Abkehr von der Sozialen Arbeit. Es steckte auch nicht wirklich ein Plan dahinter, sondern hat sich einfach so ergeben. Das Parteisekretariat der SP St. Gallen wurde frei, und das war für mich eine Gelegenheit, die ich packen wollte. Überhaupt ist ja die Politik gar nicht so weit weg von der Soziokultur. Auch die Soziale Arbeit ist politisch. Sie will Menschen dazu motivieren und befähigen, selber aktiv zu werden, sich für ihre Anliegen einzusetzen. Sie will Veränderungen herbeiführen und Bedingungen schaffen, damit alle Menschen ein gutes Leben führen. Daran arbeite ich auch als Politiker. Deshalb war für mich der Weg vom Jugendarbeiter zum Politiker naheliegend. Ich finde sogar, die Soziokultur wäre eine gute Berufslehre für Politiker:innen.

Ab 2001 war ich Mitglied im Stadtparlament Wil, davon auch ein paar Jahre als Fraktions- und 2009 als Parlamentspräsident. Seit 2012 bin ich im St. Galler Kantonsrat, seit 2013 Stadtrat in Wil. In dieser Funktion stehe ich seit 2021 dem Departement Gesellschaft und Sicherheit vor. Dessen Themenbereich ist breit: Er spannt sich von der Frühen Förderung über die Jugendarbeit und Sozialhilfe, die Berufsbeistandschaften, die Feuerwehr und Polizei bin hin zu den Pflegeheimen. Ich nehme an vielen Sitzungen teil, etwa mit dem Departementsleiter, dem Stadtrat oder den Organisationen, bei denen ich als Vertreter der Stadt Wil im Verwaltungsrat sitze. Zudem gibt es unzählige Berichte und Konzepte zu lesen. Da wir in der Verwaltung eher schmal aufgestellt sind, helfe ich oft auch selber in Projektteams mit, was mir grosse Freude bereitet.

Dieses Jahr kandidiere ich für den Nationalrat. Aber noch lieber würde ich die SP in der St. Galler Regierung vertreten. Was wäre, wenn ich nicht den politischen Konsens suchen müsste, sondern zaubern könnte? Dann würde ich die wirtschaftliche Sozialhilfe für Familien durch Familien-Ergänzungsleistungen ersetzen. Das würde die Entwicklungsmöglichkeiten für von Armut betroffene Kinder deutlich verbessern. Das jetzige System empfinde ich als stigmatisierend.

Als Stadtrat habe ich ein 70-Prozent-Pensum. Freitags mache ich Familienarbeit. Seit Kurzem sind allerdings beide Kinder am Morgen ausser Haus, denn auch die Jüngere geht jetzt zur Schule. In der Freizeit engagiere ich mich ehrenamtlich, zum Beispiel im Vorstand des Trägervereins Hofberg, wo Wohn- und Beschäftigungsplätze für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung angeboten werden. Ausserdem koche ich gerne oder besuche Konzerte. Früher habe ich selber in einer Band E-Bass gespielt und gesungen. Meine Lieblingsmusik und meine Kochutensilien würde ich auch auf die berühmte einsame Insel mitnehmen, ausserdem ein Zeitungsabo, um auch in der Ferne auf dem Laufenden zu bleiben. Aber ich glaube, ich bin nicht der Typ, der es länger als ein paar Tage allein auf einer einsamen Insel aushält.

Obwohl ich nicht im klassischen Berufsfeld der Sozialen Arbeit tätig bin, habe ich mich für das Master-Studium in Sozialer Arbeit entschieden und es 2021 abgeschlossen. Ich wollte etwas für mich persönlich machen, mich fordern und weiterbringen. Warum ich nicht beispielsweise ein MBA gemacht habe? Weil ich mich in der Sozialen Arbeit nach wie vor daheim fühle.»

Von Eva Schümperli-Keller
Bild: Dario Sulzer
Veröffentlicht: 16. Oktober 2023

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