Im Herbstsemester 2023 startet an der Hochschule Luzern der Bachelor in Sozialer Arbeit neue Konzepte und Innovation. Bei der Entwicklung des neuen Studiengangs ist Lea Estermann dabei. Die zweifache Mutter ist Soziokulturelle Animatorin für Siedlungsentwicklung bei ITOBA. Hier spricht sie über die Chancen des neuen Studiengangs und die Unterschiede zum bestehenden Bachelor, den sie selbst vor vier Jahren abgeschlossen hat.
Lea Estermann, Sie arbeiten als soziokulturelle Animatorin bei ITOBA. Was sind Ihre Aufgaben?
Wir haben uns auf Siedlungen mit sozialen Herausforderungen spezialisiert. Zurzeit begleite ich die Sanierung einer bewohnten Überbauung. Diese bietet viel Potenzial für Konflikte und Ängste. Hier kommen wir ins Spiel. Ich biete den Bewohnern und Bewohnerinnen zwei Mal pro Woche eine Anlaufstelle für Fragen. Gleichzeitig schaffe ich Räume, um die Gemeinschaft zu fördern. Wir haben ein Café mit Freiwilligen. Dort treffen sich die Leute und ich kann Sorgen und Ängste auffangen.
In der Anlaufstelle biete ich persönliche Gespräche an. Fällt der Lift aus und jemand ist schlecht zu Fuss, organisiere ich eine Nachbarschaftshilfe. Eine Person kam mit dem Wunsch, besser Deutsch zu sprechen, und ich fragte im Quartier nach einem Tandem. Ich arbeite auch viel mit den lokalen Organisationen wie der Quartierarbeit oder der mobilen Altersarbeit zusammen.
Was können Sie von Ihrem Studium im Job einsetzen?
Im Studium habe ich einen ganzen Koffer an Methoden kennengelernt: wie ich Konzepte schreibe, mit Freiwilligen arbeite, Menschen richtig berate. Das kann ich nun im Job direkt anwenden.
Wichtig für meine Arbeit ist auch die professionelle Haltung. Wofür stehen wir? Was machen wir? Was nicht? In meinem Job spüre ich viel Gegenwind. Da ist es wichtig, standhaft zu sein und seinen Wert zu kennen. Diese professionelle Haltung habe ich mir über das ganze Studium im Austausch mit Dozierenden, Studierenden und der Praxis erarbeitet.
Worauf waren Sie nicht vorbereitet?
Im Hinblick auf die Entwicklung des neuen Bachelors stellte ich diese Frage meinen Kolleginnen und Kollegen. Für viele gab es im ersten Job eine Art Realitätscheck. Wir sind mit grosser Motivation ins Berufsleben eingestiegen und haben dann bemerkt, dass die Zeit knapp ist, dass wenig Ressourcen zu Verfügung stehen und der Druck gross ist.
Und was hat im Studium gefehlt?
Zum Thema Führung haben wir während des Studiums wenig gelernt. Viele sind schnell in einer Führungsposition. Im Studium gibt es zwar ein Modul zu Teamentwicklung und -führung, dieses ist jedoch freiwillig.
Welche Kompetenzen fürs spätere Berufsleben fördert der neue Bachelor besonders?
Im neuen Bachelor ist die Selbstorganisation sehr wichtig. Es gibt eine Grundstruktur, aber dann bestimmst du selbst: Welches Thema bearbeite ich wann und wie? Der neue Studiengang bereitet also gründlich auf das eigenständige Arbeiten vor, das zum Beispiel in meinen Job als Soziokulturelle Animatorin sehr wichtig ist.
Sehr spannend am neuen Bachelor finde ich das «Forschende Lernen». Mir begegnet ein Problem im Job, ich nehme das Thema mit ins Studium und erforsche die Hintergründe. Der direkte Bezug von Praxis und Theorie hat mir persönlich am meisten gebracht im Studium.
Forschendes Lernen bedeutet, dass Studierende die Inhalte und den Forschungsprozess selbst gestalten, erfahren und reflektieren. Wissen wird nicht einfach vermittelt, sondern eigenverantwortlich mit wissenschaftlichen Methoden in einem dynamischen Prozess erarbeitet. Dabei wird projektbezogen und anhand von – idealerweise selbstgewählten – Fallbeispielen aus der Praxis gearbeitet. Die Studierenden werden durch die Dozierenden und Praktiker*innen unterstützt.
Im neuen Bachelor erhalten alle mehr Verantwortung. Studierende und Dozierende nehmen in den Aufgaben und Projekten verschiedene Rollen ein. So lernen die Studierenden interaktiv Kompetenzen der Zusammenarbeit und der Führung.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Studierenden, Dozierenden und Personen aus der Praxis bei der Entwicklung des neuen Bachelors?
Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Wir bringen unterschiedliche Dinge in den Prozess ein: die Dozierenden die theoretischen Grundlagen, die Studierenden die Erfahrungen im Studienalltag, die Praktiker*innen den Praxisbezug. Davon profitiert der neue Studiengang. Er verbindet Theorie und Praxis mit neuen Lernmethoden, um die Studierenden optimal auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten.
Was war für Sie als Studentin in der Ausbildung wichtig?
Ich finde Flexibilität sehr wichtig. In der heutigen Zeit sind die Lebenssituationen sehr fluid. Ich bin im Studium Mutter geworden – zu meinem Glück am Ende des Semesters. Ansonsten hätte ich das Semester abbrechen müssen. Darum finde ich es gut, dass der neue Bachelor in den selbstorganisierten Studienteilen mehr Flexibilität zulässt.
Was werden Absolventinnen und Absolventen des neuen Bachelors in die Berufswelt mitbringen?
Ich denke, Personen, die sich für den Bachelor neue Konzepte und Innovation anmelden, besitzen viel Eigeninitiative. Im Studium lernen sie noch stärker, sich selbst zu organisieren, neue Ideen zu entwickeln und kritisch zu denken. Alles Kompetenzen, die auf dem Arbeitsmarkt gesucht sind.
Wem empfehlen Sie den bestehenden Bachelor?
Studierenden, die Struktur und Sicherheit benötigen, empfehle ich den bestehenden Bachelor. Damals war dieser Bachelor auch für mich die richtige Option. Die Struktur hat mir Halt gegeben. Jetzt würde ich mich für den neuen Bachelor entscheiden.
Wer wird sich für den neuen Bachelor anmelden?
Personen, die bereits im Berufsleben stehen, selbstorganisiert sind und Interesse an neuen Lernmethoden haben. Da der neue Bachelor so viele Möglichkeiten bietet, wird er vermutlich eine diverse Gruppe an Studierenden anziehen. Ich bin gespannt, wen wir im Herbstsemester 2023 begrüssen dürfen.
Der Bachelor in Sozialer Arbeit mit Schwerpunkt neue Konzepte und Innovation startet im Herbstsemester 2023. Weitere Informationen zum neuen Studiengang und die Details zur Anmeldung gibt es HIER.
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Von: Roger Ettlin
Bild: Sophie Stieger
Veröffentlicht am: 8. September 2022
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