Kindes- und Erwachsenenschutz,

Weiterbildung

«Die Perspektive der Kinder steht konsequent im Fokus»

«Die Perspektive der Kinder steht konsequent im Fokus»

Sind Eltern nicht oder nur unzureichend in der Lage, Schutz und positive Entwicklung für ihre Kinder zu gewährleisten, braucht es Interventionen von aussen. Welche wesentlichen Faktoren dabei beachtet werden müssen, lernen die Teilnehmenden des CAS Kindesschutz.

1. Was ist unter dem Begriff «Kindesschutz» genau zu verstehen?

Kindesschutz setzt dort an, wo Kindeswohlgefährdungen nicht anders begegnet werden kann. Im Zentrum steht stets das Kind mit seinen Schutz- und Entwicklungsbedürfnissen. Sind Eltern nicht oder nur unzureichend in der Lage, förderliche Lebenswelten für ihre Kinder zu gewährleisten, braucht es Interventionen von aussen. Dabei gilt es sorgfältig abzuwägen, welche Chancen und Ressourcen in der Familie und im nahen Umfeld vorhanden sind, wie diese gezielt gefördert und wie den vorhandenen Risiken und Defiziten begegnet werden kann.

2. Die Arbeit im Kinderschutz ist hoch sensibel: Welches sind die grössten Herausforderungen für die Fachpersonen in dem Bereich?

In der Praxis hat man es häufig mit Familien zu tun, die massive Konflikte untereinander austragen. Umso schwieriger ist es, die Eltern für Veränderungen und Massnahmen zu gewinnen. Hinzu kommt, dass viele Fachleute von mangelnden zeitlichen Ressourcen berichten. Eine Herausforderung ist sicher auch, dass im Kindesschutz viele verschiedene Akteure involviert sind. Dies verlangt nach einer interdisziplinären Zusammenarbeit und einem klaren Rollenverständnis. Hinzu kommen natürlich die fachlichen Herausforderungen, die insbesondere im Kontakt zu den Kindern spürbar sind: Einerseits sollen die Kinder in die Entscheide miteinbezogen werden, andererseits darf man ihnen auch nicht zu viel zumuten. Nebst fachlichem Know-how braucht es auch viel Fingerspitzengefühl.

3. Sie haben in Ihrer Masterarbeit Kindesschutzverfahren in den USA und in der Schweiz miteinander verglichen. Wie steht die Schweiz hier im Vergleich zu anderen Ländern da?

Augenfällig für das Schweizer System ist, dass Fachleute hier im internationalen Vergleich relativ viel Ermessungsspielraum geniessen. Dies bringt den Vorteil, dass wir sehr spezifisch auf Einzelfälle eingehen können. Augenfällig ist zudem, dass es im Kindesschutz zum Teil grosse kantonale Unterschiede gibt. Dieser Föderalismus ist typisch für die Schweiz, führt in unserem Bereich aber zu grossen Herausforderungen. So macht es zum Beispiel einen grossen Unterschied, ob ein Kind in Basel-Stadt oder im Urner Schächtenal aufwächst. Das ist sicher nicht ideal.

4. Welches sind die wichtigsten Voraussetzungen, damit Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen erkannt und Unterstützungsmassnahmen eingeleitet werden können?

Das ist eine zentrale Frage. Zuallererst ist es entscheidend, dass vorhandene Fälle rechtzeitig erkannt werden. Dazu gehört auch, dass die Grenzen nicht zu hoch gelegt werden – schliesslich sollte der Kinderschutz nicht erst eingreifen, wenn sich das Kind bereits Gewalt ausgesetzt sieht. Damit dies gelingt, ist es wichtig, dass sich die Fachleute über die vorhandenen Risiko- und Schutzfaktoren im Klaren sind. In Fällen, in denen Massnahmen nötig werden, ist es wichtig, dass es sich dabei um adäquate Unterstützung handelt. Die Massnahmen müssen stets auf den betreffenden Einzelfall abgestimmt werden und sowohl für das Kind als auch für die Eltern wirkungsvoll sein.

5. Welche praktischen Instrumente bekommen die CAS-Teilnehmenden für Ihren Alltag?

Wir legen den Schwerpunkt auf die konsequente Kinderperspektive. Mit erprobten Modellen aus verschiedenen Disziplinen werden die Fachpersonen befähigt, den nächsten Schritt fundiert zu planen und Eingriffe fachlich zu begründen. Die Absolventinnen und Absolventen wissen, wer welche Aufgabe und Rolle hat und behalten das Kind stets im Fokus. Wir bemühen uns, das CAS so praxisnah wie möglich zu gestalten. Dazu gehört, dass unsere Teilnehmenden Fälle aus der Praxis einbringen. Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass die Teilnehmenden lernen, Prioritäten zu setzen. Dies gelingt nicht zuletzt durch ein erhöhtes Fallverständnis.

Ursula Leuthold HSLU

Ursula Leuthold

Ursula Leuthold ist Dozentin und Projektleiterin des CAS Kinderschutz. Sie ist seit 2015 an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit tätig, davor arbeitete sie während sechs Jahren als Sozialarbeiterin FH bei den Sozialen Diensten der Stadt Zürich. Nebst dem CAS Kindesschutz ist sie auch als Dozentin und Projektleiterin des CAS Kindesvertretung tätig.

CAS Kindesschutz – Herausforderungen im Kindesschutz kompetent begegnen

Das CAS Kindesschutz besteht aus zwölf Themenblöcken mit insgesamt 24 Studientagen. Das Programm vermittelt Handlungskompetenzen, um mit komplexen Kindesschutzfällen sicher(er) umzugehen. Das CAS nimmt die wesentlichen Themen auf und macht die Absolventinnen und Absolventen zu Spezialistinnen und Spezialisten im Kindesschutz. Die Teilnehmenden lernen, komplexe Wirkungszusammenhänge einzuschätzen sowie und Veränderungsprozesse zu initiieren und zu begleiten. Dabei steht das Kind mit seinen Schutz- und Entwicklungsbedürfnissen im Zentrum.

Bei der Zusammensetzung der Kursgruppe wird darauf geachtet, dass die Teilnehmenden aus möglichst unterschiedlichen Bereichen stammen (Schulsozialarbeit, Berufsbeistandschaft, KESB, Kinderheim, Familienbegleitung, etc.). Die verschiedenen Sichtweisen und Bezüge der Teilnehmenden dienen dem besseren Verständnis für die Zusammenarbeit und sind – neben der konsequenten Kinderperspektive – Teil des didaktischen Konzepts.

Programmstart: 28. September 2023

Anmeldeschluss: 18. August 2023

Anmeldung: Hier anmelden

Von Daniel Schriber
Veröffentlicht: 11. April 2023

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